Im Interview erzählt Heide Keller, wie sie an die Rolle ihres Lebens kam, wie nervig Fans sein können und welche Reiseziele die schönsten der Welt sind.

TV SPIELFILM: Nach Ihrer Ausbildung in Düsseldorf spielten Sie seit 1962 Theater. Wollten Sie von der Bühne schon immer zum Fernsehen wechseln?

HEIDE KELLER: Das war nie meine Absicht. Der eine oder andere Kollege arbeitete schon fürs Fernsehen, weil man da mehr Geld verdienen konnte und auf die Titelseiten kam. Ich hatte ein paar gute Fernsehangebote, musste die aber immer ablehnen, weil ich schon lange im Voraus Verträge mit Theatern geschlossen hatte. Bis dann irgendwann Wolfgang Rademann
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...der Produzent vom "Traumschiff"...

HEIDE KELLER: ...kam und sagte: "Keine Sau kennt Sie! Sind Sie eine dieser Künstlerinnen, die unbekannt im Dunkeln leben will?" Ich sagte ihm: "Ich will ja bekannt werden, aber wenn Sie mich jetzt nicht nehmen, kennt mich hinterher wieder keiner." Da lachte er nur und meinte: "Ich nehme Sie ja."

Wie hat Wolfgang Rademann Sie für das "Traumschiff" entdeckt?

HEIDE KELLER:Er war mit Harald Juhnke in einer Vorstellung des Stückes "Sextett", das ich in Berlin gespielt habe. Später kam Harald hinter die Bühne und sagte mir, dass ich seinem Produzenten gut gefalle. Ich kannte den gar nicht, wohl aber seine Shows wie "Ein verrücktes Paar". Einige Tage später rief mich meine damalige Agentin aufgeregt an und sagte mir, Rademann wolle mich am Flughafen in München-Riem treffen.

Wie hat er Ihnen das "Traumschiff"-Konzept beschrieben?

HEIDE KELLER: Als leichte Unterhaltung auf einem Schiff, mit drei relativ unbekannten Schauspielern als Stammbesetzung und prominenten Gaststars. Meine Rolle beschrieb er ungefähr so: "Die rennt da rum und begrüßt die Leute. Kunst ist das nicht, aber mit etwas Glück kommen Sie auf die Titelblätter."

War das der größte Anreiz?

HEIDE KELLER: Mir ging es in erster Linie darum, Fernsehen zu machen. Dass wir dann auf die Bahamas flogen und auf einem Kreuzfahrtschiff drehten, wurde mir erst später gewahr. Absolute Gewissheit hatte ich erst, als die Kostümbildnerin mit mir Kleider kaufen ging. Ein Abendkleid kostete damals 4000 Mark. Da wusste ich: Wenn die so viel Geld für mich ausgeben, dann nehmen die mich auch.

Stand der Name Beatrice von vornherein fest?

HEIDE KELLER: Ja, weil der Regisseur Fritz Umgelter eine andere Kollegin ins Auge gefasst hatte, die wirklich Beatrice hieß. Wolfgang Rademann wollte aber mich für diese Rolle.

Nur echte "Traumschiff"-Experten kennen den Nachnamen von Beatrice.

HEIDE KELLER: Sie heißt von Ledebur. Das weiß kaum einer. Fast 20 Jahre fehlte der Familienname. Als sie dann in der Las-Vegas-Folge den Jackpot knackte, musste der volle Namen auf dem großen Scheck stehen. Da fiel mir ein, dass Gisela Trowe mal in einer früheren Folge meine Mutter gespielt hatte. Das Drehbuch stammte damals von mir und ich hatte ihr den Nachnamen einer guten Freundin gegeben. Die heißt von Ledebur, was sehr vornehm klingt. Und weil Beatrice nie verheiratet war, trägt sie automatisch den Nachnamen ihrer Mutter.

Welche Erinnerung haben Sie an den ersten Drehtag?

HEIDE KELLER: Ich stand morgens um acht Uhr auf Stöckelschuhen im glühend heißen Sand der Bahamas und sagte zu Maria Sebaldt: "Wo wollte Ihr Mann denn hin?" Der Satz galt Günther Lamprecht, der in seiner Rolle zum Skatspielen mit den Freunden ausgebüxt war. Maria Sebaldt hatte vorher ganz fest meine Hand gedrückt, damit ich nicht so aufgeregt war.

Sie hatten 30 Jahre lang Zeit, das Lampenfieber zu bekämpfen. Welche der vielen "Traumschiff"-Ziele habenIhnen besonders gut gefallen?

HEIDE KELLER: Als ich zum ersten Mal in der Südsee war, wollte ich nie wieder weg. Beeindruckt haben mich aber auch die Weite Australiens oder in diesem Jahr die märchenhaften Tempelanlagen von Kambodscha. Beim Publikum kommen erfahrungsgemäß Palmen, Sonne, Strände und wilde Tiere am besten an.

Welche wilden Tiere haben Sie in den 30 Jahren erlebt und vor allem überlebt?

HEIDE KELLER: Da habe ich eine wunderschöne Erinnerung an unsere Namibia-Folge, in der Heinz Weiss zum letzten Mal den Kapitän gespielt hat. Die Produktion hatte ihm eine Flugreise in den entlegensten Winkel des Etosha Nationalparks geschenkt. Weil ich drehfrei hatte, durfte ich mitreisen. Wir saßen abends am Feuer, hörten überall um uns herum die Elefanten und andere wilde Tiere, während Heinz Geschichten aus seinem Leben erzählte. Die schöne Erinnerung ist jetzt natürlich getrübt, weil mein guter Freund von uns gegangen ist.

Ist das "Traumschiff" rückblickend ein Segen oder ein Fluch?

HEIDE KELLER: Ein Segen. Obwohl ich natürlich auch Momente hatte, in denen mir der eine oder andere Regisseur nicht passte oder in denen ich meine Rolle zu mickrig fand. Es sind ja pro Folge immer drei Geschichten, die von verschieden Autoren geschrieben werden. Manchmal ist da nichts für Beatrice dabei. Ich sage dann "Guten Tag", der Kapitän sagt "Alles klar", und der Arzt sagt "Wie geht es uns denn heute?" Dann schäme ich mich. Das ist ja nicht mein Beruf, immer nur "Willkommen an Bord" zu sagen.

Michael Scholten