Im Interview mit uns erzählt die 38-Jährige von den persönlichen Verbindungen zu der Rolle und den Problemen, eine Schauspielerfamilie wie die Smiths zu koordinieren.

TV SPIELFILM: Ihre letzte Rolle in einer Serie liegt eine Weile zurück.

Jada Pinkett Smith:
Ja, zwanzig Jahre. Erzählen Sie das bloß niemandem. (lacht)

Warum sind Sie zurückgekehrt?

JADA PINKETT SMITH:
Ich hatte mir geschworen, nie wieder Fernsehen zu machen. Aber heutzutage ist Fernsehen wie Kino, wenn nicht sogar besser. Außerdem ist es mit meiner Familie mittlerweile schwierig, drei Monate lang irgendwo in der Welt zu drehen. Jetzt drehe ich in Los Angeles, kann mit meinen Kindern aufstehen und nachts im eigenen Bett schlafen.

Sie, Ihr Mann Will und sogar Ihre Kinder Willow und Jaden sind als Schauspieler tätig. Sehen Sie sich überhaupt?

JADA PINKETT SMITH:
Aber natürlich. Will und ich sitzen oft zusammen und stimmen unsere Pläne ab. Das läuft dann ungefähr so: "Okay, du drehst von Januar bis März ‚Hawthorne‘. Danach müssen wir uns um Jaden und seine Werbetour für ‚Karate Kid‘ kümmern!" - "Okay, aber im Sommer drehe ich den Pilotfilm für diese andere Serie." - "Dann mach das Ende Juli. Aber von September bis Dezember machst du gefälligst gar nichts. Du wirst mit mir in New York sein, wenn ich 'Men in Black 3' drehe."

Ihre Mutter ist keine Schauspielerin, hatte aber auf "Hawthorne" sicherlich den größten Einfluss?

JADA PINKETT SMITH:
Ganz genau. Meine Mutter war eben­falls für lange Zeit die leitende Krankenschwester einer innerstädtischen Klinik. Und sie war auch eine alleinerziehende Mutter.

Das heißt, Ihre Serientochter ist nach Ihrem Vorbild modelliert?

JADA PINKETT SMITH:
Zumindest habe auch ich ihr damals das Leben zur Hölle gemacht. (lacht)

Hätten Sie die Rolle ohne diesen Hintergrund angenommen?

JADA PINKETT SMITH:
Interessante Frage. Darüber habe ich noch gar nicht nachgedacht. Vielleicht wegen der Erfahrungen bei der Geburt meiner Kinder. Ich meine, Ärzte sind toll, aber letztlich waren es die Schwestern, die sich tagein, tagaus um mich kümmerten.

Momentan gibt es in den USA drei Serien über Krankenschwestern. Woher kommt diese plötzliche Faszination?

JADA PINKETT SMITH:
Ich denke es liegt daran, dass die Leute Mediziner-Serien lieben und langsam realisieren, dass zur medizinischen Versorgung mehr als Ärzte gehören. Also wird versucht weiter Mediziner-Serien zu drehen, nur aus einem anderen Blickwinkel.

Das erste was ein junger Arzt lernt ist, sich nicht an den Patienten zu binden. Ist das anders für Schwestern?

JADA PINKETT SMITH:
Krankenschwestern versuchen das auch, aber es ist nicht leicht, weil man viel öfter Auge in Auge mit dem Patienten ist und dadurch eine persönliche Beziehung aufbaut. Eine Schwester ist eng mit dem Patienten und seiner Familie involviert, das gehört zum Heilungsprozess dazu. Daher ist es eine schwierige Sache.

Halten Sie Christina Hawthorne für eine realistische oder eher eine idealistische Schwester?

JADA PINKETT SMITH:
Definitiv idealistisch (lacht). Sie ist die Schwester von der wir hoffen, dass sie an unserer Seite ist wenn wir auf medizinische Betreuung angewiesen sind. Die meisten Oberschwestern sind nicht so zupackend wie sie. Obwohl es in kleineren Gemeinden und in Krankenhäusern mit geringen Budgets auch Oberschwestern gibt, die die Ärmel hochkrempeln und sich die Hände schmutzig machen.

Haben Sie Feedback von echten Krankenschwestern erhalten?

JADA PINKETT SMITH:
Ständig. Viele sagen mir, wie sehr ihnen meine Leidenschaft gefällt. So verstünden die Menschen drau­ßen, welche Opfer sie bringen. Aber es gibt natürlich auch welche, die sagen, dass die Serie überzogen ist und keine echte Schwes­ter die Dinge so machen würde, wie
Chris­tina Hawthorne sie erledigt.

Schmerzt so etwas mehr als der Verriss eines Kritikers?

JADA PINKETT SMITH:
Wissen Sie, Unterhaltung muss meiner Meinung nach nicht unbedingt das Leben genau nachbilden. Aber eines kann ich versichern. Wenn mir eine Schwester sagt: "Hey Jada, das, was du da machst, ist so nicht richtig", höre ich zumindest besser zu als bei einem Kritiker. (lacht)
Frauen wurden jahrelang vom Fernsehen ignoriert. Jetzt gibt es immer mehr Serien, die direkt auf sie zugeschnitten sind. Was hat diese Entwicklung bewirkt?

JADA PINKETT SMITH:
Wissen Sie, ich habe da eine Theorie. Beim Fernsehen lädt uns der Zuschauer Woche für Woche in sein Wohnzimmer ein. Das ist etwas völlig anderes, als wenn man das Haus verlässt, um ins Kino zu gehen. Und ich glaube, dass viele weibliche Figuren daheim für eine wohligere Atmosphäre sorgen. Hinzu kommt, dass wir ein großes Potential an weiblichen Talenten haben und Hollywood immer weniger Filme dreht. Man kann nicht ewig rumsitzen und waren, also suchen sich die Schauspielerinnen ein anderes Ventil.

Bedeutet es Ihnen etwas, dass sie eine von nur zwei afroamerikanischen Hauptdarstellerinnen in einem Seriendrama sind?

JADA PINKETT SMITH:
Es ist erstaunlich. Bei all dem Programm, das wir in den USA haben, sollte es eigentlich mehr geben. Und dennoch: Lange Zeit gab es nur eine von uns. Wir kommen also voran. Langsam aber sicher.

Sie sind in "Hawthorne" auch ausführende Produzentin. Was sind ihre Aufgaben dabei?

JADA PINKETT SMITH:
Ich kümmere mich um die Besetzung, die Drehbücher, die Musik und die Farben der Sets - ich bin sehr wählerisch. Während ich die aktuelle Folge drehe, schneide ich die Episode der Vorwoche - und arbeite am Skript für die Folgewoche. Gott sei Dank drehen wir nur zehn Folgen pro Jahr. Denn für diese drei Monate arbeite ich sieben Tage die Woche und 24 Stunden am Tag, weil in meinem Kopf nur noch Platz für "Hawthorne" ist.

Sie haben für Michael Mann und Spike Lee gearbeitet. Konnten Sie sich da etwas abschauen?

JADA PINKETT SMITH:
Absolut. Besonders bei Michael Mann. Ich habe zwei Mal mit ihm gearbeitet und er ist vielleicht mein Lieblings-Regisseur. Ich schaue ständig etwas bei ihm ab, selbst wenn ich nicht mit ihm arbeite und nur seine Filme schaue. Ich bin natürlich nicht einmal annähernd auf seinem Niveau, aber hier und da kann ich schon etwas aufschnappen.

Sie haben letztes Jahr ihr Regiedebüt gegeben, haben sie weitere Regieprojekte?

JADA PINKETT SMITH:
Interessantes Timing für die Frage, denn Will versucht mich gerade wieder auf den Regiestuhl zu drängen. Wir sind an einem Projekt dran, das ich mit Edward James Olmos als Produzent machen will. Es heißt "Cholo" und dreht sich um die lateinamerikanische Gesellschaft in den 80ern. Ich freue mich auf jeden Fall schon sehr darauf wieder hinter die Kamera zu kommen. Regie führen ist meine Leidenschaft.

Dann könnten Sie doch auch mal bei einer Folge von "Hawthorne" Regie führen?

JADA PINKETT SMITH:
Auf gar keinen Fall. Das ist zuviel Arbeit, ich könnte das nicht. Wenn ich mir jemanden wie Mel Gibson anschaue frage ich mich immer wie er "Braveheart" drehen konnte. In meinem ersten Film "The Human Contract" hatte ich gerade mal zwei Dialogzeilen und es war unglaublich schwierig für mich zwischen Schauspieler und Regisseur hin- und herzuspringen. Also werde ich ganz bestimmt nicht bei einer "Hawthorne"-Folge Regie führen - außer wenn Christina Hawthorne nicht in der Folge auftaucht. (lacht)

Sie haben eine Band, machen Mode, haben ein Buch geschrieben und Britney Spears auf ihrer Tour begleitet, produzieren ein Broadway-Musical und haben sogar Flash-Animation für die Internet-Seite von "I Am Legend" gemacht. Sind Sie schnell gelangweilt?"

JADA SMITH PINKETT:
(lacht) Das ist so witzig. Das bin ich in der Tat. Ich bin eine sehr kreative Person. Ich bin von so vielen verschiedenen Gebieten fasziniert und habe viele Interessen und Gelegenheiten sie umzusetzen.

Was davon haben Sie am liebsten gemacht?

JADA PINKETT SMITH:
Ich würde sagen bei meiner Musik. Auf der Bühne zu stehen und Musik zu machen hat mir ein besonderes Gefühl der Freiheit gegeben.

Rüdiger Meyer