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Giro d'Italia

Schussfahrt in den Tod

Nach tragischen Unfällen ist im Vorfeld des Giro d'Italia die Frage nach der Sicherheit im Radsport neu entfacht.

Schwarzes Osterwochenende. Binnen 24 Stunden kamen mit Daan Myngheer und Antoine Demoitié, der nach einem Sturz von einem Begleitmotorrad überrollt wurde, zwei belgische Radprofis ums Leben. Die Branche reagierte geschockt. Fahrer von Marcel Kittel bis Alberto Contador forderten umgehend ein Umdenken in Fragen der Sicherheit.
Tatsächlich häufen sich die Beschwerden der Teams über Crashs oder Beinaheunfälle mit Autos oder Motorrädern. Ein hausgemachtes Problem. Die Zahl der Fahrzeuge, die Sponsoren durchs Peloton kutschieren oder das Rennen begleiten, hat enorm zugenommen. Topevents wie der Giro oder die Tour de France kosten viel Geld, das von Sponsoren und Werbetreibenden kommt, die dafür wiederum mit ihren Marken attraktiv ins Bild gesetzt werden wollen. Der Druck, spektakuläre TV-Bilder mit riskanten Kameraeinstellungen zu liefern, wächst. Aber auch wenn man die Masse an Begleitfahrzeugen einschränkt und die Menschen am Lenkrad besser schult, gefährliche Kurven sichert und sogenannte Road Furniture (Hinweis- oder Verkehrsschilder) sichtbarer macht, bleibt Radrennen ein gefährlicher Sport.

Wenn ein Fahrer auf einem kaum sieben Kilo schweren Rad mit 23 Millimeter breiten Reifen bei 100 km/h einen Berg runterbrettert, können Kleinigkeiten fatale Folgen haben. 2011 streifte Wouter Weylandt bei der Italien-Rundfahrt auf der zuvor als zu gefährlich kritisierten Abfahrt vom Bocca-Pass mit dem Pedal eine Mauer. Er starb noch an der Unfallstelle. Der vierte Tote in der Giro-Historie. An der Ausrüstung ist kaum etwas zu verbessern. Mit Integralhelm oder einem Protektorenschutz wie im Motorsport kann niemand stundenlang durch die Landschaft radeln. Auch Ingo Rees, bei der Tour 2014 Chefaufseher des Weltverbands, sieht nicht viel Spielraum zur Optimierung. "Das Problem ist der rollende Sport - man kann leider nichts ausschließen."

Dies kann John Degenkolb nur bestätigen. Im Januar befand sich der Klassikerspezialist aus Gera mit fünf Kollegen in Spanien auf einer lockeren Trainingsfahrt, als die Gruppe von einer älteren britischen Touristin, die auf der falschen Straßenseite fuhr, frontal erwischt wurde. Nur mit Glück blieben die Fahrer von lebensgefährlichen Verletzungen verschont.
Arndt Bidla