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"Downton Abbey"-Talk

Der Herzog und die Zofe

Die Serie "Downton Abbey" spricht den Briten - und nicht nur ihnen - aus der Seele. Hier erklären Hugh Bonneville und Joanne Froggatt den Erfolg

"Downton Abbey" ist die erfolgreichste britische Serie seit Jahrzehnten. Millionen Zuschauer reisen mit den adeligen Granthams und ihren Dienern durch die Jahrzehnte. Zum DVD-Start der dritten Staffel sprachen wir mit zwei Stars über den Erfolg des preisgekrönten Dramas: Lord Grantham alias Hugh Bonneville und Joanne Froggatt, die als Zofe Anna zum Publikumsliebling avanciert ist.

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Haben Sie eine Erklärung, warum eine so britische Geschichte den Rest der Welt so fasziniert?

Hugh Bonneville: Leider nicht. Sonst würde ich es in Flaschen abfüllen und Millionär werden.

Joanne Froggatt Ich denke, es liegt daran, dass man sich die Serie geschlossen als Familie ansehen kann. Es ist einfach für
jede Generation etwas dabei.

Hugh Bonneville: Und das ist allein das Verdienst unseres Autors Julian Fellowes. Nimmt man an einer Figur keinen Anteil, kommt kurz darauf eine andere um die Ecke, die man ins Herz schließt.

Warum kommen aus England so viele gute Kostümdramen?

Joanne Froggatt Wir verarbeiten nur die Geschichte unseres Landes. So wie Sie Deutschen es auch tun. Wir sind doch alle irgendwie daran interessiert zu erfahren, woher wir kommen.
Bonneville Hinzu kommt, dass wir oft klassische Literaten wie Jane Austen oder Charles Dickens als Ausgangsmaterial nehmen. Sie gehören zum Herzblut unseres Landes.

Glauben Sie, dass jetzt viele, vor allem Amerikaner, mit falschen Erwartungen nach
England reisen?


Hugh Bonneville: Ich denke, sie werden fuchsteufelswild sein und in den ersten Flieger zurück nach Hause steigen. (lacht) Natürlich wird es Menschen geben, die glauben, in England sitzt man auch heute noch in Herrenhäusern und lässt sich Tee von seinen Dienern servieren. Aber die Mehrheit weiß schon, dass es nur die liebevolle Auferstehung einer weit entfernten Welt ist.

Wann ist Ihnen der weltweite Erfolg von "Downton Abbey" erstmals bewusst geworden?

Hugh Bonneville: Bizarrerweise als ich durch die Straßen von Bangkok spaziert bin. Ein Herr sprang aus seinem Laden und erzählte mir, wie sehr er die Serie liebt.

Sind Sie auch mal an einem so exotischen Ort erkannt worden?

Joanne Froggatt Das nicht. Aber ich ging einmal als mörderische Krankenschwester auf eine Halloween-Party. Ich hatte wildes Haar und überall Blut an mir und dachte, heute erkennt mich keiner. Und dann sagten gleich die Ersten, die ich traf: "Oh mein Gott. Sie sind Anna aus ‚Downton Abbey‘."
Maggie Smith sagt, sie habe noch nie eine Folge "Downton Abbey" gesehen. Schauen Sie die Serie?

Hugh Bonneville: Oh ja. Ich bin ja nur in 20 Prozent der Produktion dabei und will wissen, was meine Kollegen gemacht haben. Jeden Sonntag treffe ich mich mit Freunden und schaue es wie der Rest des Landes.
Froggatt Bei uns ist es genau so. "Downton Abbey" ist fast zur Religion geworden. Das jährliche Christmas Special gehört mittlerweile zur Weihnachtstradition in unserer Familie. Nach dem Essen treffen sich alle am Fernseher.

Mussten Sie für Ihre Rollen in ein Trainingslager gehen?

Hugh Bonneville: Nein, wir haben einen exzellenten historischen Berater am Set, Alastair Bruce.

Joanne Froggatt Wir nennen ihn das Orakel, weil er allwissend ist bezüglich der sozialen Etikette.

Hugh Bonneville: Er illustriert für uns die Sensibilitäten der Zeit: Mit wem man auf einer Party wie redet, oder welches Besteck man benutzt.

Joanne Froggatt Es ist erstaunlich, wie viel man dabei lernt. Mittlerweile weise ich schon neue Regis­seure auf historische Fehler hin.

In der dritten Staffel hat Shirley MacLaine eine Gastrolle. Wie war es denn, mit ihr zu arbeiten?

Joanne Froggatt Leider hatte ich keine gemeinsame Szene mit ihr, aber ich hörte, wie sie ihren Gesang übte. Es war surreal.

Hugh Bonneville: Shirley und Maggie Smith hatten sich 40 Jahre vorher beim Oscar getroffen. In den Pausen redeten sie über Jack Lemmon, Laurence Olivier und all die großen Stars, die ich als Teenager bewundert habe.
Froggatt Ich glaube, ich bin gerade zum ersten Mal neidisch, dass ich nur einen Dienstboten und keine Adlige spiele.

Wie ist das bei Ihnen am Set? Darf sich das Fußvolk unter die hohen Herrschaften mischen?

Hugh Bonneville: Absolut. Ich werde ständig von Sophie McShera, die unsere Küchenhilfe Daisy spielt, zurechtgestutzt. Wir alle sind eine enge Familie geworden, leider verbringen wir nicht so viel Zeit zusammen, weil ihre und unsere Szenen separat gedreht werden.

Joanne Froggatt Darum freuen wir uns diebisch auf Massenszenen wie Hochzeiten, wo wir alle zusammen sind.

Hugh Bonneville: Alle bis auf die Jungs und Mädels von der Kostüm- und Make-up-Abteilung. Für die ist es ein Albtraum. (lacht)

Rüdiger Meyer