Willst Du gelten, mach Dich selten. Unter dieses Motto hat Disney seit jeher seine Film­klas­siker gestellt. Und so gehen die Väter von Micky Maus und Co. auch mit der Verga­be von TV-Rechten behutsam um.

Offiziell will man, dass die Filme nur im perfekten Umfeld zu sehen sind - so wie "Die Schöne und das Biest" an diesem Neujahr. In­offiziell spielen aber auch knall­harte finanzielle Gründe rein. Um zu verstehen, warum Disney Animations-Hits teilweise erst 60 Jahre nach Kinostart ins Fernsehen bringt und den Sendern diktiert, wann und wie oft sie laufen, muss man in die 80er zurückgehen, als die VHS-Kassette Einzug hielt.

Bis dahin wurden die Disney-Meisterwerke unter Verschluss gehalten wie "Cinderella" von ihrer Stiefmutter. Nur alle zehn Jahre durften sie raus, um neue Gene­ra­tionen ins Kino zu locken. Hätte jeder die Filme zu Hause stehen, gingen der Firma Millionen an Einnahmen verloren, so die Sorge.

Erst Ende 1985 startete Disney mit "Pinocchio" einen Testballon, der alle Erwartungen übertraf. Und spätestens als 1994 "Schnee­witt­chen und die sieben Zwerge" welt­weit 50 Millionen Videos absetzte, schlossen auch die letzten Disney-Manager das Heimkino ins Herz. Schließlich ließ sich die alte Praxis auch hier anwenden: Nach kurzer Zeit nimmt man die Filme aus dem Handel und veröffentlicht sie Jahre später neu. Den Er­folg dieser Praxis belegte jüngst die 3D-Version von "Der König der Löwen", die in den US-Kinos 90 Millionen Dollar einspielte und zeitgleich die Blu-ray-Verkaufscharts anführte.

Diese Verwertungskette wird durch TV-Ausstrahlungen und DVD-Rekorder gefährdet. Und so warten selbst heute noch zehn Klassiker, darunter "Bambi", "Susi und Strolch" oder "Arielle" auf ihr TV-Debüt - einige von ihnen schon fast 60 Jahre. In gewisser Weise ist es für Disney-Fans also gleichzeitig Fluch und Segen, dass die Filme zeitlos sind.

Rüdiger Meyer