Vergesslichkeit bedeutet nicht immer Alzheimer, aber Alzheimer fast immer Vergessen. In Til Schweigers Roadmoviekomödie "Honig im Kopf" spielt Dieter Hallervorden einen über Siebzigjährigen, den allmählich die Demenz ­ereilt. Und Hallervorden macht das grandios, auf den Punkt, keine Spur von "Palim, palim" und Blödel-Didi.

Wie es scheint, beweist der gebürtige Dessauer auf seine alten Tage - Hallervorden wird nächsten September 80 Jahre alt - nie geahnte Darstellerqualitäten, ausgelöst durch den Kinofilm "Sein ­letztes Rennen", für den er 2014 völlig zu Recht den Deutschen Filmpreis bekam.

Im Jahr 2008 haben Sie in Til Schweigers Kinoklamotte "1 1/2 Ritter" mitgespielt.

DIETER HALLERVORDEN
Ja, ­eigentlich als König, der dann Thomas Gottschalk war. Ich habe damals zu Til gesagt: Mit dem König kann ich nichts anfangen, aber diese kleine Rolle als Pferdehändler, die würd ich dir spielen. Ein halber Drehtag.
Bei "Honig im Kopf" war es weit mehr. Wie kam es dazu?

DIETER HALLERVORDEN
Das hätte Til mir wahrscheinlich nie an­geboten, wenn er nicht "Sein letztes Rennen" gesehen hätte. Auch er hatte mich natürlich eher als Komiker im Sinn und hätte nie gedacht, dass ich Charakterrollen mit echter Gefühls­tiefe spielen kann. "Honig im Kopf" gäbe es ohne "Sein letztes Rennen" für mich nicht.

Woran liegt das?

DIETER HALLERVORDEN
Im "Letzten Rennen" spiele ich von der Lebenseinstellung her mich selbst. Dort heißt es: "Wer stehen bleibt, hat schon verloren", meine persönliche Philosophie lautet: mindestens einmal mehr aufstehen als hin­fallen. "Sein letztes Rennen" ist der Film meines Lebens.

So was hört man nicht oft.

DIETER HALLERVORDEN
Nein, das war wie ein Geschenk. Alles andere hat sich da­raus ergeben - ich habe auch ein neues TV-Angebot. Etwas, das mir Fernsehredakteure, die ja im Allgemeinen ohnehin nicht über ein Maximum an Fantasie verfügen, nie angeboten hätten.
Warum funktioniert "Honig im Kopf" trotz der eigentlich sehr ernsten Thematik Alzheimer?

DIETER HALLERVORDEN
Es ist kein Film über Demenz, sondern darüber, wie man mit Demenz umgeht. Er balanciert auf dem schmalen Grad zwischen schmunzeln und zutiefst berührt sein. Es ist ja eine Tragi­komödie. Die Aussage könnte lauten: Wie schön, wenn Leute, die in den Gedächtnisverlust abdriften, von Familienmitgliedern einer anderen Generation aufgefangen werden.

Wie haben Sie sich vorbereitet?

DIETER HALLERVORDEN
Ich habe zwei Demenz-WGs besucht, eine fünf Tage lang, die andere nur kurz. Abends haben sie mich rausgelassen, aber tagsüber habe ich da gewohnt, mit den Leuten geredet, gesehen, wie sie betreut werden, beobachtet. Interessant sind gerade auch diese lichteren Momente, wenn das Gedächtnisloch mal plötzlich wieder mit Erinnerungen aufgefüllt ist.
Die Alzheimer-Gesellschaft war voll des Lobes über Ihr Spiel.

DIETER HALLERVORDEN
Ja, es hieß, sie hätten noch nie eine so glaubwürdige Darstellung eines Alzheimerpatienten gesehen, was mich natürlich sehr gefreut hat. Ich habe Depardieu gesehen, wie er einen Alzheimerpatienten spielt (im Film "Small World", 2010) - da muss ich in aller Bescheidenheit sagen: Das hab ich besser gemacht. (grinst)

Über wen oder was im Fernsehen können Sie noch lachen?

DIETER HALLERVORDEN
Anke Engelke, die ist gut. Und Olli Dittrich. Bei der "heute-show" wär ich gern mal zu Gast. Ansonsten lache ich eher über Momente wie zuletzt das Eigentor von Christoph Kramer.

Sie haben in diesem Jahr auch den Ehren-Jupiter von TV SPIELFILM und CINEMA ­bekommen. Wo steht der?

DIETER HALLERVORDEN
Unter dem Bambi, im Regal. In Sichthöhe.

Interview: Volker Bleeck