Das Thema Klimawandel wird zumeist als ein grünes, ein Ökothema wahrgenommen. Wie sehr der Wandel aber auch an wirtschaftlicher und machtpolitischer Bedeutung gewonnen hat, habe ich in den anderthalb Jahren gelernt, die wir unsere Dokumentation "Machtfaktor Erde" gedreht haben. Wichtigste Erkenntnis: Während mancherorts noch darüber diskutiert wird, ob Menschen für die Veränderung verantwortlich sind oder nicht, haben Militärs und Industrie auf der ganzen Welt längst damit begonnen, sich auf die Folgen vorzubereiten. Auch auf militärische Konflikte, die daraus erwachsen können.

Kampf um die Schätze der Arktis

So hat Russland durch das Abschmelzen der arktischen Eismassen plötzlich eine Nordküste, die geschützt werden muss. Das führt zu einer massiven Aufrüstung. Die Russen haben bereits ein Arktis-Kommando eingerichtet - auch in Erwartung von Verteilungskämpfen, die um die Bodenschätze ausbrechen könnten, die nun am Nordpol erschlossen werden können.

Schließlich wird unter dem ewigen Eis ein Viertel der Weltreserven an Öl und Gas vermutet. Auch das Eis der Himalajagletscher schwindet - und damit steht die Wasserversorgung von Millionen Menschen infrage. Bisher schmolzen diese Eispanzer im Sommer langsam ab, so dass kontinuierlich Wasser vorhanden war. Nun müssen die Menschen dieser Region im Frühjahr größere Überschwemmungen erleiden.

Das Wasser versickert, und die restliche Zeit des Jahres reicht der Süßwassernachfluss zur Versorgung nicht aus. Das hat auch zur Folge, dass das Salzwasser die Flüsse hochsteigt, weil der Gegendruck fehlt. Aus Angst vor Klimaflüchtlingen aus Bangladesch hat Indien schon jetzt einen 3000 Kilometer langen, bewachten Grenzzaun errichtet.

Mit ähnlichen Problemen setzt man sich in Südamerika auseinander. Lima, Hauptstadt Perus, wird auf Dauer seine 8 Millionen Menschen nicht mehr mit Wasser versorgen können. Experten gehen davon aus, dass Lima die erste Stadt sein wird, die wegen des Klimawandels aufgegeben wird. Mir hat dort ein Polizeigeneral gesagt, dass sich die Ordnungsmächte auf bürgerkriegsähnliche Zustände vorbereiten. Die werden nämlich eintreten, wenn das Wasser ausgeht.

Afrikanischer Reis für die Scheichs

Andere Schauplätze sind Afrika und der Pazifik. Ein saudischer Multimilliardär hat sich in Äthiopien riesige Landflächen gesichert, um dort 20 Millionen Tonnen Reis anzubauen. Allerdings nicht für die Äthiopier, sondern ausschließlich für den Export. Bei der nächsten Hungersnot begegnen also vielleicht Lkws der Welthungerhilfe, die ins Land hineinfahren, den "Saudi Star"-Trucks, die Reis außer Landes schaffen.

ZDF

Dr. Claus Kleber

Keine Nation stellt sich so konsequent auf den Klimawechsel ein wie China. Das merkt man etwa in Inselstaaten wie Tonga. Hier fürchtet man Überschwemmungen und den Verlust von Brunnen und Landmasse. China lockt mit Ausweichflächen auf chinesischen Inseln, schafft mit großzügigen Krediten Abhängigkeiten. Grund: Die Vorherrschaft der US-Amerikaner in dieser Region soll unbedingt gebrochen werden. China will die Kontrolle über den Pazifik und damit über seine Nachschubwege.
Ressourcensicherheit, die auch im Konfliktfall gewährleistet ist, hat für die Chinesen oberste Priorität.

Deutschland: Reich, darum sicher

Auch Deutschland drohen mehr Extremwetterereignisse bei höherem Wasserstand in der Nordsee. Historische Katastrophen wie die Hamburger Flut von 1962 werden wir häufiger erleben. Gleichzeitig haben wir als extrem reiches Land aber die Möglichkeiten, uns dagegen zu wappnen. Wir sind also vergleichsweise sicher.

Erinnern Sie sich? Im Sommer hatten die Deutschen für einen Monat die Präsidentschaft des Weltsicherheitsrates inne. Deutsche Kerninitiative war, den Klimawandel auf die Agenda zu bringen. Zum ersten Mal wurden die Veränderungen als Risiko für den Weltfrieden thematisiert. Auch wenn es dagegen große Widerstände gab - das ist ein Anfang.

Claus Kleber

Machtfaktor Erde
MO/DI, 14./15.11., ZDF, 21.45/23 Uhr

Verschollen am Kap
MO, 14.11., ZDF, 20.15 Uhr

Das Blut der Welt
MI, 16.11., ZDF, 23.30 Uhr