Mit allen Mitteln
... nach oben kommen, war sein Ziel. Das Leben von Bushido ist der ideale Stoff für einen Kinofilm. Moritz Bleibtreu half dem Rapper beim Debüt in "Zeiten ändern dich". Kinostart: 4.2.2010
Sie wissen nicht, wer Bushido ist? Fragen Sie Ihre Kinder. Die werden Ihnen erklären, dass Bushido ein deutscher Rapper ist, der mit Preisen, Gold- und Platinplatten nur so zugeworfen wird. Dem manche vorwerfen, er verderbe die Jugend - einige Songtexte sind auf dem Index für jugendgefährdende Medien gelandet -, aber trotzdem irgendwie cool und in Talkshows gern gesehener Gast ist.
Höchste Zeit, ihn kennenzulernen, denn mit der Verfilmung seines Lebens "Zeiten ändern Dich" wird Bushido auch noch Kinostar. TV SPIELFILM traf ihn und Moritz Bleibtreu, der im Film seinen Kumpel "Arafat" spielt, in einem Berliner Luxushotel.
TV SPIELFILM: Wie fühlt es sich an, das eigene Leben nachzuspielen? Falsch?
BUSHIDO Falsch würde es sich anfühlen, wenn man etwas Falsches erzählen würde. Wir zeigen im Film die Vergangenheit aber so, wie sie passiert ist. Zu 98 Prozent: Ein gewisser Teil meines Lebens ist wegen Drogen vollkommen aus meinem Gedächtnis verschwunden.
TV SPIELFILM: Herr Bleibtreu, mussten Sie über das Rollenangebot eingedenk der kontroversen Inhalte des Bushido-Buchs lange nachdenken?
MORITZ BLEIBTREU Nein. Ich habe sie nicht gelesen. Ich lese generell nur das Drehbuch, nicht den Roman oder die Biografie. Für mich ist dies nicht die Geschichte von Anis Ferchichi (Bushidos bürgerlicher Name), sondern ein Film, der funktionieren muss.
TV SPIELFILM: Aber es geht ja um sein tatsächliches Leben...
BLEIBTREU Darüber reden wir dann privat bei einer Wasserpfeife. Oft ist es filmisch betrachtet überhaupt nicht hilfreich zu wissen, wie es wirklich war.
TV SPIELFILM: Bushido, konnten Sie Einfluss auf das Drehbuch nehmen?
BUSHIDO Absolut. Wenn ich gesagt habe, dass etwas aus meiner Sicht nicht so rund ist, wurde es entsprechend geändert. Ich hatte vollkommenes Mitspracherecht.
TV SPIELFILM: Herr Bleibtreu, Sie haben in Hamburg und Berlin in sozialen Brennpunkten gedreht. Wo ist die Straße härter?
BLEIBTREU Die Frage lässt sich so nicht beantworten. Es ist die Geisteshaltung und wie ein Mensch drauf ist, was ihn zu dem macht, was er ist. Nicht die Straße, aus der er kommt. Es gibt überall Scheißgegenden.
TV SPIELFILM: Bushidos Songtexte stehen teilweise wegen jugendgefährdender Inhalte auf dem Index. Verdirbt er unseren Nachwuchs?
BLEIBTREU Ich bin Hip-Hop-Kind der ersten Stunde. Ich höre diese Musik seit 25 Jahren. Diese Kontroverse um Bushido verstehe ich nicht. Schon die erste "Eazy-E"-Platte von 1991 war im Ansatz härter und kontroverser und fieser als alles, was jetzt in Deutschland gemacht wird. Hip-Hop will manchmal schockieren und provozieren und wachrütteln. Und das geht eben nur über eine bestimmte Sprache und einen bestimmten Ausdruck. Ich verstehe nicht, dass das nicht als künstlerisches Stilmittel anerkannt wird.
TV SPIELFILM: Aber ist es nicht problematisch, wenn ein vulgärer Jargon plötzlich auf Platz 1 der Charts ist und damit Mainstream?
BLEIBTREU Ich erinnere mich, als ich 15 war, war der Song "Geil" in den Charts. Du weißt schon: g-g-g-g-g-geil. Unsere Lehrer sind so abgegangen wegen dieses Wortes. Das war ein Riesenskandal. Und jetzt ist es völlig gebräuchlich.
BUSHIDO Wir haben unseren eigenen Stil, aber ich gebe natürlich zu, dass der manchmal erklärungsbedürftig ist. Wenn ich Moritz frage, wie findest du meine neue Frisur? Und er sagt: voll schwul. Dann meint er nicht homosexuell, sondern: gefällt mir nicht.
TV SPIELFILM: Was halten Sie von jugendlichen Gewaltexzessen wie in München? Verroht unsere Jugend?
BUSHIDO Natürlich. Auf jeden Fall. Ich verstehe die nicht mehr. Früher hatte man immer Respekt vor Ältern. Auch wenn man sie nicht mochte. Egal. Wenn man mit jemandem etwas zu klären hatte, machte man das nicht, wenn er mit seiner Freundin auf der Straße ist. Das ist heute alles anders.
BLEIBTREU Auch im deutschen Hip-Hop gibt es ja noch ganz andere Rapper, die verbal viel, viel schlimmer sind als Bushido.
BUSHIDO Ich bin froh, dass wir den Index haben.
Höchste Zeit, ihn kennenzulernen, denn mit der Verfilmung seines Lebens "Zeiten ändern Dich" wird Bushido auch noch Kinostar. TV SPIELFILM traf ihn und Moritz Bleibtreu, der im Film seinen Kumpel "Arafat" spielt, in einem Berliner Luxushotel.
TV SPIELFILM: Wie fühlt es sich an, das eigene Leben nachzuspielen? Falsch?
BUSHIDO Falsch würde es sich anfühlen, wenn man etwas Falsches erzählen würde. Wir zeigen im Film die Vergangenheit aber so, wie sie passiert ist. Zu 98 Prozent: Ein gewisser Teil meines Lebens ist wegen Drogen vollkommen aus meinem Gedächtnis verschwunden.
TV SPIELFILM: Herr Bleibtreu, mussten Sie über das Rollenangebot eingedenk der kontroversen Inhalte des Bushido-Buchs lange nachdenken?
MORITZ BLEIBTREU Nein. Ich habe sie nicht gelesen. Ich lese generell nur das Drehbuch, nicht den Roman oder die Biografie. Für mich ist dies nicht die Geschichte von Anis Ferchichi (Bushidos bürgerlicher Name), sondern ein Film, der funktionieren muss.
TV SPIELFILM: Aber es geht ja um sein tatsächliches Leben...
BLEIBTREU Darüber reden wir dann privat bei einer Wasserpfeife. Oft ist es filmisch betrachtet überhaupt nicht hilfreich zu wissen, wie es wirklich war.
TV SPIELFILM: Bushido, konnten Sie Einfluss auf das Drehbuch nehmen?
BUSHIDO Absolut. Wenn ich gesagt habe, dass etwas aus meiner Sicht nicht so rund ist, wurde es entsprechend geändert. Ich hatte vollkommenes Mitspracherecht.
TV SPIELFILM: Herr Bleibtreu, Sie haben in Hamburg und Berlin in sozialen Brennpunkten gedreht. Wo ist die Straße härter?
BLEIBTREU Die Frage lässt sich so nicht beantworten. Es ist die Geisteshaltung und wie ein Mensch drauf ist, was ihn zu dem macht, was er ist. Nicht die Straße, aus der er kommt. Es gibt überall Scheißgegenden.
TV SPIELFILM: Bushidos Songtexte stehen teilweise wegen jugendgefährdender Inhalte auf dem Index. Verdirbt er unseren Nachwuchs?
BLEIBTREU Ich bin Hip-Hop-Kind der ersten Stunde. Ich höre diese Musik seit 25 Jahren. Diese Kontroverse um Bushido verstehe ich nicht. Schon die erste "Eazy-E"-Platte von 1991 war im Ansatz härter und kontroverser und fieser als alles, was jetzt in Deutschland gemacht wird. Hip-Hop will manchmal schockieren und provozieren und wachrütteln. Und das geht eben nur über eine bestimmte Sprache und einen bestimmten Ausdruck. Ich verstehe nicht, dass das nicht als künstlerisches Stilmittel anerkannt wird.
TV SPIELFILM: Aber ist es nicht problematisch, wenn ein vulgärer Jargon plötzlich auf Platz 1 der Charts ist und damit Mainstream?
BLEIBTREU Ich erinnere mich, als ich 15 war, war der Song "Geil" in den Charts. Du weißt schon: g-g-g-g-g-geil. Unsere Lehrer sind so abgegangen wegen dieses Wortes. Das war ein Riesenskandal. Und jetzt ist es völlig gebräuchlich.
BUSHIDO Wir haben unseren eigenen Stil, aber ich gebe natürlich zu, dass der manchmal erklärungsbedürftig ist. Wenn ich Moritz frage, wie findest du meine neue Frisur? Und er sagt: voll schwul. Dann meint er nicht homosexuell, sondern: gefällt mir nicht.
TV SPIELFILM: Was halten Sie von jugendlichen Gewaltexzessen wie in München? Verroht unsere Jugend?
BUSHIDO Natürlich. Auf jeden Fall. Ich verstehe die nicht mehr. Früher hatte man immer Respekt vor Ältern. Auch wenn man sie nicht mochte. Egal. Wenn man mit jemandem etwas zu klären hatte, machte man das nicht, wenn er mit seiner Freundin auf der Straße ist. Das ist heute alles anders.
BLEIBTREU Auch im deutschen Hip-Hop gibt es ja noch ganz andere Rapper, die verbal viel, viel schlimmer sind als Bushido.
BUSHIDO Ich bin froh, dass wir den Index haben.
TV SPIELFILM: Bushido, welche Motivation hatten Sie eigentlich, die Autobiografie zu schreiben?
BUSHIDO Ich hatte gar keine Motivation. Das ist wie ein Tagebuch: Gestern im Puff gewesen, krass gevögelt. Im Studio gewesen. Mit drei Frauen, Gangbang gemacht...
TV SPIELFILM: Das Motiv ist also Angeberei?
BUSHIDO Was heißt Angeberei? Das sind Tatsachen. Für die, die im Leben nichts erreichen wollen, mag das wie Angeberei klingen. Ich wollte schon immer etwas erreichen. Wenn man mit sieben Leuten in einer Zwei-Zimmer-Wohnung lebt, fühlt man sich wie unter der Wasseroberfläche: Man will nach oben, weil man das Gefühl hat zu ersticken. Das ist die Energie, die einen antreibt, etwas zu erreichen. Das macht man mit allen Mitteln. Mit Drogen verkaufen, Banken überfallen, Abi machen...
TV SPIELFILM: Ist "Gangster" etwas Positives?
BUSHIDO Ein Gangster wie Al Pacinos "Scarface" ist ein großes Vorbild. Ich habe aber irgendwann beschlossen, alt zu werden. Ich habe ein bisschen Intelligenz und kann die "Scarface"-Entschlossenheit auch auf andere Bereiche übertragen.
TV SPIELFILM: Und das war früher anders?
BUSHIDO Na sicher. Ich hatte ja früher keine Verantwortung. Ich habe die auch mir selbst gegenüber nicht empfunden. Freunde von mir gehen jeden Tag auf Raubüberfalltour. Ich versuche sie davon abzubringen. Früher war ich aber genauso. Mich hat meine deutsche Seite davor bewahrt abzurutschen.
TV SPIELFILM: Was meinen Sie denn damit?
BUSHIDO Der Fakt, dass meine Mutter Deutsche ist, hat mich davor bewahrt, jemanden umzubringen. Wenn bei einer Schlägerei die Situation eskaliert und du plötzlich deinen Gegner abstechen oder ihm eins mit dem Totschläger überziehen kannst - wenn du richtiger Heißblüter bist, dann machst du das einfach. Und denkst erst hinterher darüber nach. Meine deutsche Seite hat mich gewarnt: Lass es, du kommst dafür in den Knast.
BLEIBTREU Es ist kein Rassismus, Südländern ein gewisses Temperament zuzuordnen. Viele meiner Freunde haben früher Fußball gespielt, alles Türken. Die haben alle mit 15 aufgehört. Mit denen war es halt immer ein bisschen lauter auf dem Platz. Solange bis der Schiedsrichter dann gesagt hat: Nee, Ayhan, geh du mal, wir nehmen lieber... Thorsten. Der ist einfach ruhiger.
TV SPIELFILM: Bushido, haben Sie teure Uhren und Autos, um zu zeigen, dass Sie es geschafft haben?
BUSHIDO Mein T-Shirt hat genau 2 Dollar gekostet. Ich mag es eben, meiner Freundin für 10.000 Euro einfach so Schmuck kaufen zu können, oder 5.000 Euro mit meinen Kumpels auszugeben ...
TV SPIELFILM: Es ist doch aber ein Unterschied, ob man sich teure Dinge kauft, oder Geld einfach rausschmeißt.
BLEIBTREU Das ist ja bei Bushido nicht so. Der ist die größte Spaßbremse der Welt. Der trinkt nicht, der raucht nicht, nimmt keine Drogen. Der ist nett und bescheiden.
BUSHIDO Ich mach Musik, mach 'nen Film, ich verkaufe mein Leben, und das Geld, das ich damit verdiene, gebe ich aus. Ich zahle Steuern, ich erfülle alles, was dieser Staat von mir erwartet. Ich bin für mich persönlich voll im grünen Bereich. Und deshalb bringt mich auch keiner von meinem Weg ab. Kein Moderator, kein Fernsehsender. Keiner kann mir sagen: Du machst gerade Scheiße. Außer meiner Mutter. Und das hat sie nie gemacht.
Verena Manhart/F. Aures
BUSHIDO Ich hatte gar keine Motivation. Das ist wie ein Tagebuch: Gestern im Puff gewesen, krass gevögelt. Im Studio gewesen. Mit drei Frauen, Gangbang gemacht...
TV SPIELFILM: Das Motiv ist also Angeberei?
BUSHIDO Was heißt Angeberei? Das sind Tatsachen. Für die, die im Leben nichts erreichen wollen, mag das wie Angeberei klingen. Ich wollte schon immer etwas erreichen. Wenn man mit sieben Leuten in einer Zwei-Zimmer-Wohnung lebt, fühlt man sich wie unter der Wasseroberfläche: Man will nach oben, weil man das Gefühl hat zu ersticken. Das ist die Energie, die einen antreibt, etwas zu erreichen. Das macht man mit allen Mitteln. Mit Drogen verkaufen, Banken überfallen, Abi machen...
TV SPIELFILM: Ist "Gangster" etwas Positives?
BUSHIDO Ein Gangster wie Al Pacinos "Scarface" ist ein großes Vorbild. Ich habe aber irgendwann beschlossen, alt zu werden. Ich habe ein bisschen Intelligenz und kann die "Scarface"-Entschlossenheit auch auf andere Bereiche übertragen.
TV SPIELFILM: Und das war früher anders?
BUSHIDO Na sicher. Ich hatte ja früher keine Verantwortung. Ich habe die auch mir selbst gegenüber nicht empfunden. Freunde von mir gehen jeden Tag auf Raubüberfalltour. Ich versuche sie davon abzubringen. Früher war ich aber genauso. Mich hat meine deutsche Seite davor bewahrt abzurutschen.
TV SPIELFILM: Was meinen Sie denn damit?
BUSHIDO Der Fakt, dass meine Mutter Deutsche ist, hat mich davor bewahrt, jemanden umzubringen. Wenn bei einer Schlägerei die Situation eskaliert und du plötzlich deinen Gegner abstechen oder ihm eins mit dem Totschläger überziehen kannst - wenn du richtiger Heißblüter bist, dann machst du das einfach. Und denkst erst hinterher darüber nach. Meine deutsche Seite hat mich gewarnt: Lass es, du kommst dafür in den Knast.
BLEIBTREU Es ist kein Rassismus, Südländern ein gewisses Temperament zuzuordnen. Viele meiner Freunde haben früher Fußball gespielt, alles Türken. Die haben alle mit 15 aufgehört. Mit denen war es halt immer ein bisschen lauter auf dem Platz. Solange bis der Schiedsrichter dann gesagt hat: Nee, Ayhan, geh du mal, wir nehmen lieber... Thorsten. Der ist einfach ruhiger.
TV SPIELFILM: Bushido, haben Sie teure Uhren und Autos, um zu zeigen, dass Sie es geschafft haben?
BUSHIDO Mein T-Shirt hat genau 2 Dollar gekostet. Ich mag es eben, meiner Freundin für 10.000 Euro einfach so Schmuck kaufen zu können, oder 5.000 Euro mit meinen Kumpels auszugeben ...
TV SPIELFILM: Es ist doch aber ein Unterschied, ob man sich teure Dinge kauft, oder Geld einfach rausschmeißt.
BLEIBTREU Das ist ja bei Bushido nicht so. Der ist die größte Spaßbremse der Welt. Der trinkt nicht, der raucht nicht, nimmt keine Drogen. Der ist nett und bescheiden.
BUSHIDO Ich mach Musik, mach 'nen Film, ich verkaufe mein Leben, und das Geld, das ich damit verdiene, gebe ich aus. Ich zahle Steuern, ich erfülle alles, was dieser Staat von mir erwartet. Ich bin für mich persönlich voll im grünen Bereich. Und deshalb bringt mich auch keiner von meinem Weg ab. Kein Moderator, kein Fernsehsender. Keiner kann mir sagen: Du machst gerade Scheiße. Außer meiner Mutter. Und das hat sie nie gemacht.
Verena Manhart/F. Aures