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Boxen: Wladimir Klitschko vs. Alexander Powetkin

Russisches Roulette

Zwei Kampftermine mit Wladimir Klitschko ließ der Russe Alexander Powetkin platzen. Jetzt stellt er sich - am 5. Oktober in Moskau (RTL, ab 20.15 Uhr)

Wirklich große Boxkämpfe lassen sich nur alle paar Jahre stemmen. Oder sie kommen gar nicht erst zustande, weil der finanzielle Anreiz zu gering ausfällt und/oder Promoter und beteiligte TV-Sender andere Pläne mit ihren oft über eine lange Zeit aufgebauten Stars haben.

Auch das vielversprechende Schwergewichtsduell der beiden Olympiasieger Alexander Powet­kin (Russland) und Wladimir Klitschko (Ukraine) hatten viele Fans bereits abgehakt, nachdem der einstige Amateurweltmeister Powetkin den potenziellen Mega-Fight in der Vergangenheit bereits zweimal hatte platzen lassen: 2008 offiziell wegen einer Verletzung, 2010 dann wegen eines Trauerfalls in der Familie.
Fast hätte das Management des 34-Jährigen auch den dritten Anlauf mit teilweise obskuren Forderungen erfolgreich boykottiert. Medienberichten zufolge ging es um eine neuerliche Terminverschiebung und ein "Kabinenverbot" für Wladimirs Bruder Vitali. Außerdem wollte das Team Powetkins die Dopingtests der Boxer nach dem Kampf am 5. Oktober in Moskau von der örtlichen RUSADA durchführen lassen - und nicht, wie vom Klitschko-Lager vehement gefordert, von der deutschen NADA. Diesmal soll Klitschkos Manager Bernd Bönte russisches Roulette gespielt und mit einer Absage gedroht haben.

Es ist wohl vor allem der üppigen Kampfbörse zu verdanken, dass sich die Verhandlungspartner dennoch einigten: Satte 23,3 Millionen Dollar (17,5 Mio. Euro) hatte der russische Promoter Wlad Chrunow für das Veranstaltungsrecht hingeblättert. Klitschko kassiert davon 75 Prozent (13,1 Mio. Euro), Powetkin 25 (4,4 Mio. Euro). Für beide Kontrahenten eine Rekordgage.

Auch sportlich dürfte sich der Vergleich in einer anderen Dimension abspielen als die Klitschko-Kämpfe der jüngsten Vergangenheit. Weder Mariusz Wach noch Francesco Pianeta konnten den Titelträger der Verbände WBA, IBF und WBO ernsthaft in Gefahr bringen. Powetkin dagegen ist ein unbequemer Linksausleger, der sehr va­riabel boxen kann und noch dazu über eine Menge Erfahrung verfügt (26 Siege, 18 davon durch K. o.). Entsprechend selbstsicher präsentierte sich der Herausforderer im August auf einer Pressekonferenz: "Ich werde nicht herumtänzeln, um das Geld zu kassieren - ich will gewinnen!" Klingt, als wolle er doch noch seinen Beitrag zu einem wirklich großen Boxkampf leisten. Fünf Jahre nach dem ersten Versuch...

Frank Steinberg