Zwickt's mi, i man i dram!" Momentan könnte sich Andreas Gabalier fühlen, als ob ihn jemand zwicken müsste, wie sein Landsmann Wolfgang Ambros vor vierzig Jahren sang. Zwicken, also kneifen, damit er weiß, ob das nicht vielleicht doch nur ein Traum ist.

Der Weg geht für Gabalier mit seiner Mischung aus Volksmusik und Rockerpose gerade vor allem in eine Richtung: steil nach oben. 2009 der erste Auftritt im "Musikantenstadl", im selben Jahr das erste Album mit dem programmatischen Titel "Da komm' ich her".

2011 nach Auftritt bei Carmen Nebel erster Charterfolg in Deutschland mit dem Titel "I sing a Liad für di". 2012 der Bambi als "Shooting Star", dann der Echo in der Kategorie "Volkstümliche Musik", zwei Jahre später sitzt der studierte Rechtswissenschaftler gleichberechtigt neben inter­national erfolgreichen Künstlern wie Sasha, Xavier Naidoo und Sarah Connor in der Vox-Sendung "Sing meinen Song - Das Tauschkonzert".

Scorpions und Peter Kraus

Und jetzt bereitet die ARD dem 29-Jährigen die ganz große Show­bühne: 20.15 Uhr am Samstagabend, Primetime nach der Tagesschau, unter eigenem Namen: "Gaba­lier - Die Volks-Rock'n'Roll-Show". Was am 30. August im Festspielhaus Füssen im Allgäu aufgezeichnet und am 6. September ausgestrahlt wird, soll eine Kombination werden aus Personalityshow und Live-Event, mit Auftritten von "Freunden und Stars" wie Zucchero, Scorpions oder Peter Kraus. In Einspielern trifft der Österreicher Kollegen von James Blunt bis Jerry Lee Lewis.

Gaba­lier erklärt das Showkonzept so: "Wir werden in gut zwei Stunden die Geschichte des Volks-Rock'n'Roll erzählen, von der steirischen Bergwelt bis hinaus nach Memphis, Tennessee. Nicht im herkömmlichen Musikshowformat, sondern ein bisserl anders."
Dies sei ein "Pilotprojekt mit Musik, die auf mich zugeschneidert ist". Zur Wahl seiner musikalischen Gäste sagt er: "Da geht es eben auch um viele Musiker, mit denen ich großgeworden bin. Mit einer Mischung aus den alten Vinylschallplatten meines Vaters - von Status Quo und Scorpions bis hin zu aktuell angesagten Rockern wie Rea Garvey."

Gabaliers Vater, so viel sollte man dazu wissen, beging 2006 Selbstmord, ebenso Gabaliers jüngere Schwester 2008. Beiden ist sein Lied "Amoi seg' ma uns wieder" gewidmet. Sein Bruder Willi ist Profitänzer, u. a. bei der RTL-Erfolgsshow "Let's Dance". Immer wieder betont Gabalier die Bedeutung seiner Herkunft: "Im Großen und Ganzen geht's darum: Was ist Volks-Rock'n'- Roll, was hat mich geprägt, was hat die Musik geprägt, wo komme ich her?"

Hakenkreuz und Hymnenzoff

Universal Music

Umstrittene Coverpose: Andreas Gabalier auf/als "Volks-Rock'n'Roller"

Heimat ist ein wichtiger Begriff für Andreas Gabalier. Auf jedem seiner Alben finden sich Titel dazu, sogar übersetzt: Die aktuelle CD heißt "Home Sweet Home". Mit seinen Texten rutscht er allerdings bisweilen in eine Ecke, in die Gaba­lier nach eigener Aussage nicht will: Unter der Überschrift "Hits mit Blut und Boden" veröffentlichte die links­alternative "taz" einen kritischen Artikel zu rechten Tendenzen in Gabaliers Lyrik und der Kontroverse um das "Volks-Rock'n'-Roller"-Cover, auf dem der Sänger in seltsamer Verrenkung zu sehen ist, die man mit etwas Fan­tasie als Hakenkreuz deuten kann. Selbst das eher hippen Szenethemen verpflichtete Onlinemagazin "Vice" fragte: "Wie rechts ist Andreas Gabalier?"

Wenig hilfreich, dass Gabalier im Juni beim Formel-1-Rennen in Spielberg die alte Textversion der österreichischen Nationalhymne sang. Bis 2012 hieß es da "Heimat bist du großer Söhne", seitdem ergänzt um das genderkorrekte "Töchter", das Gabalier ablehnt, obwohl sein Livepublikum doch quasi ausschließlich aus "feschen Madln" besteht.

Und ist es Gedankenlosigkeit oder bedenklich, dass in seinem Lied "Mein Bergkamerad" die Freundschaft "ein Männer­leben prägt wie ein eisernes Kreuz, das am höchsten Gipfel steht", oder in "Biker" gewissermaßen die fa­schistischen Achsenmächte des Zweiten Weltkriegs ("Italiener, Deutsche und Japaner, grüßen tun wir uns") beschworen werden?

Gabaliers viel größeres Problem jedenfalls ist Beifall aus der falschen Ecke, zum Beispiel von der eindeutig rechtspopulistischen FPÖ. Seine Fans kann man sich eben nicht aussuchen.

Gipfel-, Chart- und Schlüpferstürmer

Vier Studioalben hat der 1984 in Graz geborene Andreas Gaba­lier seit 2009 veröffentlicht, dazu Liveversionen von "Volks-Rock'n'Roller" und "Home Sweet Home". 2011 war er mit drei platinveredelten Alben gleichzeitig in den österreichischen Top Five vertreten. Dem Erfolg in Deutschland tun auch die Schlüpfrigkeiten seiner Texte ("Des kloane Mäderl war nix gschamig und setzt sich auf den Buam drauf") keinen Abbruch.