Oliver Geissen ist zwar das Gesicht der "Ultimativen Chart Show", sein Gehirn aber heißt Frank Ehrlacher. Seit acht Jahren und 100 Ausgaben stellt der 42-jährige Journalist aus dem Rheinland mithilfe einer 22 000 Titel umfas­senden Datenbank die Listen zusammen, die dann von Promis kommentiert werden. Wir wollten vom Master of Charts wissen, wie viele Rankings er noch in petto hat.

Wie viele Shows hätten Sie 2003 für möglich gehalten?

FRANK EHRLACHER: Es war ja eigentlich nur eine Sendung geplant. Weder meine Redaktionsleiterin Judith Langhans noch ich haben je mit 100 gerechnet. Wir dachten anfans es wären doch immer dieselben Charts. Aber mit der Zeit entwickelt man ein Gespür dafür, wie man durch Auswahl­krite­rien daraus immer neue und spannende Themen entwickelt.

Und heute? Sind 1000 drin?
FRANK EHRLACHER: 1000 klingt wieder so gewaltig. Da könnte es dann auch ein biologisches Problem geben. 100 weitere würde ich aber nicht ausschließen. Wir haben noch 20 bis 30 Themen in der Schublade, die könnten wir von heute auf morgen machen.

Wie lange dauert eine Liste? Ein Knopfdruck und fertig?

FRANK EHRLACHER: Schön wäre es. Für die erste Show haben wir 2500 Wochen­ Charts in den Computer eingegeben. Aber da wir nicht damit gerechnet haben, dass eine Reihe daraus wird, haben wir nur Basisdaten genommen. Wenn wir jetzt Themen machen wie die erfolgreichsten Komponisten bedeutet das teilweise großen Rechercheaufwand für mich und die Redakteure der Produktionsfirma I+U.

Muss man es mit den Listen denn so genau nehmen?

FRANK EHRLACHER: Ja, die gesamten Chartplatzierungen werden statistisch errechnet und unsere Zuschauer honorieren das. Wir wollen und dürfen da keinen übersehen, denn jeder Künstler hat einen Fanclub, der sich dann bei der Zuschauer­redaktion beschweren würde.

Haben Sie da ein Beispiel?

FRANK EHRLACHER: Ja, der Freddy-Quinn-Fanclub beklagt sich fast immer, wenn es um deutsche Künstler geht. Ich versteh die Jungs ja, aber Freddy hatte seine große Zeit von 1956 bis 1959 und die deutschen Charts existieren erst seit 1959.

Gibt der Sender die Kate­gorien für die Shows vor?

FRANK EHRLACHER: Nein. Die Themen entwickeln wir bei I + U. Vor jeder Staffel gehen wir mit einer Liste von 10 bis 15 Vorschlägen zu RTL. Der Sender wählt dann die Besten aus.

Müssen Sie Rücksicht auf gebuchte Liveacts nehmen?

FRANK EHRLACHER: Tatsächlich bucht RTL erst, nachdem das Ranking steht. Grundsätzlich werden alle Inter­preten angefragt. Bei verstorbenen Künstlern schreiben wir intern schon mal dran "Kann nicht, weil tot", und es gibt Stars wie Bruce Springsteen, bei denen man sich mit einer Anfrage eher blamieren würde, weil jeder in der Branche weiß, dass er auch in den USA keine Fernseh-Auftritte macht. Wenn wir dann zu viele Künstler haben, bekommt auch jemand schon mal eine Absage.

Wissen Sie, welcher Künstler am häufigsten platziert war?

FRANK EHRLACHER: Ja, das habe ich extra für die Jubiläumsshow recherchiert. In 99 bisherigen Chart Shows waren Queen und Xavier Naidoo jeweils 23 Mal vertreten.

Und was ist sonst Ihre Aufgabe in der 100. Show?

FRANK EHRLACHER: Das Ranking wird doch per Inter­netabstimmung erstellt?
Ich sitze da und genieße die Show (lacht). Ich habe bei dem Jubiläum so wenig Arbeit wie nie zuvor. 

Rüdiger Meyer