Zwei, die sich gefunden haben: der deutsche Filmemacher Tom Tykwer und Hollywood­-Star Tom Hanks. Nach "Cloud Atlas" 2012 traf man sich jetzt wieder in Marokko, Berlin­-Adlershof und Düsseldorf zur Verfilmung des Romans "Ein Hologramm für den König" (Kinostart: 28.04.) von Dave Eggers. Hanks spielt Alan Clay, einen Amerikaner, verloren in der arabischen Wüste, auf der Suche nach dem Platz im Leben. Und der Regisseur Tykwer ist dabei der Deutsche, der ihm den Weg weist.
Mr. Hanks, wie kam es zu Ihrer zweiten Zusammenarbeit mit diesem anderen Tom?

TOM HANKS
Dieser Film existiert überhaupt nur wegen diesem Tom! Er hatte mir "Ein Hologramm für den König" zu lesen gegeben. Ich kannte natürlich Dave Eggers, der ist so etwas wie eine Institution in den USA. Dann dachte ich nur, so etwas habe ich noch nicht gelesen, ich fand es sehr originell und wusste, dass man daraus auch einen Film machen könnte, wie man ihn noch nie gesehen hat. Auf der Promotour für "Cloud Atlas" haben wir weiter darüber ge­sprochen und uns dann auch mit Dave Eggers getroffen.

TOM TYKWER
...der ein bisschen angestrengt davon war, schon eine Woche nach Erscheinen des Romans über dessen Verfilmung nachdenken zu müssen. (lacht) Er war aber sehr offen für die Idee - und besonders fasziniert von der Vorstellung, dass ausgerechnet Tom Hanks das spielen könnte. Denn wenn man das Buch liest, dann denkt man im Nachhinein: Das ist doch für ihn geschrieben worden! Weil Tom so sehr verkörpert, was die Figur ursprünglich darstellt, und durch ihn aber eine so schlüssige tragi­komische Dimension bekommt.

Warum ist er so perfekt als Alan?

TOM TYKWER
Weil man mit ihm so sehr diesen stringenten, aufrechten Amerikaner verbindet, dieses James­Stewart­-Ideal eines irgendwie liebenswerten, aber systemtreuen Mannes - der dann völlig aus der Bahn geworfen wird und sich neu erfinden muss.

Die Figur erinnert auch an den Verlierer Willy Loman in Arthur Millers Theaterstück "Tod eines Handlungsreisenden".

TOM TYKWER
Ja, aber mir schwebte eine Version vor, die so aussieht, als hätten Frank Capra und Preston Sturges es gemeinsam ver­filmt! (lacht) Das war meine ei­gentliche Idee: eine Gesellschaftskomödie zu machen, die eine Menge Fragen berührt, die uns alle in der Gegenwart sehr beschäftigen - der ökonomische Wandel, diese Unsicherheit, in der wir alle stecken.

TOM HANKS
Für mich ist Alan Clay ein typisches Beispiel für eine Fish­-out­-of­-water­-Figur, ein Fisch, der an Land nach Luft japst. Er wird in die Wüste geworfen, und das ist eine große Sache für ihn. Das war es für uns übrigens auch, wir sind die ganze Grenze der Westsahara hinabgereist, um die richtigen Bilder zu bekommen.

Was war das für eine Erfahrung?

TOM HANKS
Marokko war ein ziemliches Abenteuer und Toms En­thusiasmus für diesen Ort ziemlich ansteckend. Außerdem gibt es keinen Ersatz dafür, wirklich mitten in der Wüste zu sein. Na­türlich kann man versuchen, das im Studio mit Bühne und Bluescreen nachzustellen, aber das ist nicht dasselbe.

TOM TYKWER
Ich war dort, ich habe Dave Eggers' ganzen Trip nach­vollzogen, nach Saudi­-Arabien zu reisen, jemanden anzuheuern, der mich durch diese Welt da führt. Und ich habe durch Ver­mittlung von Dave auch genau den Mann bekommen, auf dem die Figur des Yousef basiert.

Was macht die Arbeit mit Tom Tykwer so besonders?

TOM HANKS
Zum einen hat er eine echte Bereitschaft, die Regeln zu brechen. Der erste Film, den ich von ihm gesehen habe, war "Lola rennt", und das war in jedem Bereich - ob Drehbuch, Ausführung oder Schnitt - etwas, was ich so noch nie gesehen hatte. Hier ist also jemand, der den Werken der Filmgeschichte eine ungeheure Wertschätzung entgegenbringt, er kennt sicher viel mehr Filme als ich, weil er als Deutscher erheblich mehr ausländisches Kino kennt.

Und warum sollte ausgerechnet ein Deutscher die Geschichte dieses Amerikaners in Saudi-Arabien verfilmen?

TOM TYKWER
Ja, warum? (lacht) Ich hab sofort ein starkes Gefühl zu der Geschichte entwickelt. Das kann man oft nicht erklären, aber ich hab's atmosphärisch verstanden und von vornherein einen Blickwinkel auf das Buch einnehmen können, der einen filmischen Raum öffnete. Und ich habe das Genre ein bisschen verlagert; das Buch ist tragischer, der Film deutlich komischer - und zärtlicher.

Mr. Hanks, Sie haben erneut in Deutschland gedreht, zuletzt 2014 "Bridge of Spies". Was schätzen Sie an der Arbeit dort?

TOM HANKS
Die Studios sind so gut wie in Hollywood. Die Crews sind erste Klasse. Fritz Lang hat in Babelsberg gedreht! Am Ende des Tages ist eine große Studio­halle auch nur eine Hülle, die man ausstaffiert, mit was immer man will. Man kann eine Raum­station oder eine Farm in Ohio bauen. Und in Deutschland findet man so ziemlich jeden Look: Hier haben wir Düsseldorf wie San Francisco aussehen lassen, ebenso wie Berlin. Das ist das­ selbe Level wie die Paramount­ Studios in Hollywood.

Eine Entdeckung des Films ist Alexander Black, der Alans Fahrer spielt. Wo kommt er her?

TOM TYKWER
Das war schwierig, wir wollten natürlich jemanden haben, der sich mit der arabischen Kultur auskennt. Aber dann haben wir gemerkt, die Energie findet man am ehesten auf Stand­-up-Comedy­-Bühnen. Alexander ist ein ägyptischer Stand­-up­-Co­median, wir haben ihn in L. A. entdeckt, als er Witze über Araber und arabisches Spießertum machte. (lacht) Er ist wirklich eine Entdeckung. Ein Jahrzehnt­fund, finde ich.

Rüdiger Meyer & Volker Bleeck