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#IBES 2017

Dschungelcamp war gestern...Trump und Tränen

dschungelcamp rackwitz
Her mit dem Desinfektionsspray: Hanka Rackwitz mag es gern sauber.

"Härter, böser, giftiger" sollte es werden und siehe da: Es gibt einen Trumpwähler im Dschungelcamp 2017. Dennoch bleibt das Gefühl, dass diese Krawallkonstellation schon einmal in Australien abhing. Kopiert RTL hier Staffel zehn?

Sonja Zietlow und Daniel Hartwich machen keinen Hehl daraus, dass das Dschungelcamp 2016 ein absoluter Glücksfall war. Ob die "Kaderschmiede 2017" (Höhö, Wortwitz) ähnliche Entertainmentqualitäten verspricht, können sie jedenfalls nicht versprechen. Aber versprechen kann sich eh am besten Kader Loth: "Ich hab bisschen Höhenflug!"

Bevor wir den ersten Dschungeltag bewerten, überliefern wir die Regelkunde für die 11. Ausgabe von "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!". RTL lässt die Bewohner dieses Jahr selbst wählen, wer in welches Camp kommt und die Teamleader sind Hanka Rackwitz und Alexander Honey Keen. Ein gelungenes, wenn auch nicht spektakuläres Zwist-Opening, bei dem sich folgende Teams bilden:

"Base-Camp": Alexander Honey Keen, Marc Terenzi, Gina-Lisa Lohfink, Markus Majowski, Nicole Mieth und Sarah Joelle

Camp "Snake Rock": Hanka Rackwitz, Fräulein Menke, Kader Loth, Icke Hässler, Florian Wess, Malle Jens

Und dann geht es auch schon los: Gina-Lisa lächelt auffällig oft verkrampft in die Leere, Markus Majowski spielt die Rolle des spirituellen Therapeuten mit Verve, Marc Terenzi sorgt direkt für Schlagzeilen (dazu später mehr), Hanka spielt sich mühelos und mackenvoll in den Mittelpunkt, Florian Wess geht geradlinig (ganz entgegen seiner Augenbrauen) auf Konfro, Malle Jens ist übermotiviert bis in die zweite Geheimratsecke und Alexander Honey Keen versuchts mit kessen Seitenhieben. Die anderen Pappenheimer sind bislang zu schnarchig, als dass sich ein Halbsatz lohnen würde.

Die paar Ausfälle wären halb so wild, wenn doch nur die Gags von Hartwich und Zietlow endlich zünden würden. Da hilft es auch nicht, dass den RTL-Zuschauern bei den "AUSLÄNDER REIN, AUSLÄNDER REIN, AUSLÄNDER REIN!"-Rufen ("Gag"-Erklärung: Marc Terenzi ist US-Amerikaner) panisch die biligen Paprika-Chips aus der Hand gerutscht sein werden.

Aber wir wollen mal nicht so sein. Wer braucht schon Gags, wenn die Show von ihren Protagonisten förmlich auf Händen getragen wird? Allein mit der Kombination aus Alexander Honey Keen und Florian Wess ist den Kölnern dieses Jahr ein Konflikt-Coup giftigster Güte gelungen. Die Zuschauer honorieren es und schickten die Beiden am Ende der Auftaktshow direkt in die kommende Dschungelprüfung.
Auftaktthema Nr.1: Hankas Phobien
Aber sind wir mal ehrlich: Toptopic ist die "mieten, kaufen, wohnen"-Pseudomaklerin Hanka. Sie hat Waschzwang. Sie hat Klaustrophobie. Sie hat Kontrollzwang und sie hat Angst vor Menschen. Jedenfalls behauptet sie das mit festem Helena-Fürst-Gedächtnis-Blick. Dass sie ihren Kaufinteressenten bei der VOX-Show stets die Hände gab, im Dschungel aber nicht einzuschlagen vermag - geschenkt! Sie erarbeitet sich in Rekordtempo Spitznamen wie Sagrotante, Tränen-Trulla oder Aha-nka. Allen RTL-Redakteuren wird schon förmlich ein Feuer zwischen den Fingern lodern - bei so viel Händereiben.

Unsere Prognose: Hanka gibt das verrückte Huhn in der Runde. Ganz in der Tradition von Daniel Küblböck oder Lorielle London kultiviert sie ihre Macken als Marke, bewegt sich abseits des Mainstreams, ist latent mobbinggefährdet und jammert Dschungel-Telefon-füllend. Ein Volltreffer für die Gagautoren Micky Beisenherz und Jens Oliver Haas.

Aber arm um Steilvorlagen ist diese Staffel eh nicht, ähnlich wie im Vorjahr. Allein das erste Dummie-Duell: Trash-TV at its Best. Kader Loth und Sarah Joelle sollen Schätzfragen beantworten, doch Miss-Dschungel-Naturbusen-2017-Joelle liefert eine faustdicke Überraschung: "Och nö, ich bin echt keine Denkerin."

Die Konkurrenz schläft jedoch nicht. Gina Lisa macht auf der Dschungelbrücke den Joey Heindle und ruft perplex: "Ey wir sind wirklich im Dschungel." Nicht, dass sie mit "an ihrem Ruf arbeiten" meint, bald das berüchtigte "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!" in den australischen Himmel zu brüllen.
Der dramaturgische Höhepunkt
Während die ersten Sonnenstrahlen am nächsten Morgen das Botox auf einem Dutzend Camp-Pritschen kitzeln, propagiert Möchtegern-Mönch Markus wachtrunken und in bester Yoga-Position Ruhe und Gelassenheit. Komisch nur, dass er kurz darauf fast an seinem Wutanfall kollabiert: "Ich bin definitiv dehydriert!"

Dies führt zum ersten großen, gut inszenierten Schnittgewitter von RTL: Markus beim Yoga - Markus in Zornesfalten - Markus mitten in der Dehnübung - Markus feurig beim Wut-Monolog - Markus tiefes Durchatmen - Markus hohes Durchdrehen und so weiter und so schnittig. Während die Cutter ins freie Fäustchen flachsen, überlegt der gemeine Zuschauer, ob Markus Befindlichkeiten bei einem trockenen Alkoholiker (das unbefangenste Dschungelgeständnis aller Zeiten) tief im Dschungel vielleicht ganz normal sind - immerhin entwickelte Winfried Glatzeder 2014 ähnliche Manierismen.

Und sonst so? RTL hat aus der 10. Erfolgsstaffel gelernt und den Cast ähnlich konfliktbeladen zusammengestellt wie 2016. Der Verzicht auf große Namen könnte sich auszahlen, denn der eklatant hohe Reality-TV-Anteil spricht für niedrige Hemmschwellen. Ach ja, Marc Terenzi gesteht übrigens im Camp, Donald Trump gewählt zu haben. Damit wird er wohl für immer der Einzige bleiben, der sich bereits VOR der Zusage zum Dschungelcamp für eine durch und durch schlechte Sache entschieden hat.

Autor: Steven Sowa