Ich heiße Otto und komme aus Emden." Das waren seine unschuldigen ersten Worte im Fernsehen. Gesprochen in der "Otto-Show" am 27. August 1973. Acht Jahre danach verabschiedet er sich mit "Meine Name ist Otto Waalkes, und wenn nicht, Dieter Hallervorden." Mit der Pointe ging die Ära der Otto-Shows zu Ende. Besagter Didi war da, Diether Krebs kam, Sketch-Shows stillten die neue deutsche Lust am Lachen und Schenkelklopfen.
Auch wenn er seinen Humor erfolgreich ins Kino und andere Medien verlängerte (siehe rechts), hatte der Ostfriese Anfang der Achtziger künstlerisch sein Pulver im Prinzip verschossen. Wie kann es sein, dass er knapp vierzig Jahre später immer noch der bekannteste deutsche Komiker ist? 88 Prozent der Deutschen kennen ihn, sagt eine Umfrage.
Als No-Name, der gelegentlich in Hamburger und Bremer Clubs auftrat, holte ihn Rolf Spinrads - damals jüngster Redakteur im WDR - ins Fernsehen. Das Publikum, das Heinz Erhardt oder politisches Kabarett gewohnt war, staunte. Da stand ein 25 Jahre alter, hibbeliger blonder Bubi mit Gitarre und sang mit Fieps-Stimme seinen ersten Song: "Tip Toe Thru' the Tulips With Me". Das Pseudo-Kinderlied stammte von Tiny Tim, einem verrückten US-Folksänger mit Ukulele, der in der Comedyshow "Laugh-In" auftrat. Otto, der in diesem Jahr 1973 zum ersten Mal in Amerika war und natürlich auch fernsah, fand in der anarchischen US-Comedy die Bestätigung für jene Witz-Entgrenzung, die er selbst seit einiger Zeit vor kleinem Publikum und vor dem Spiegel ausprobierte: Gitarrenriffs, Gesichtszuckungen, Wortspiele, Anti-Pointen, Känguruhoppeln, Uhugeräusche, Hundegebell, Pferdewiehern, und das alles in einem Atemzug.
In seiner Autobiografie "Kleinhirn an alle" schreibt er über seine erste TV-Performance: "Die ganze Show wirkte nicht nur wie ein Schnellschuss, sie war auch einer. Mit der planmäßigen Entwicklung einer TV-Karriere hatte das nichts zu tun." Mit Ehrgeiz aber schon. Was Otto an anderer Stelle im Buch erwähnt, ist sein eisernes Training an der Gitarre und im Parodieren. Spontaneität will eben auch gelernt und geübt sein. Das sah man.
Die zweite Show am 6. Juli 1974 lief, wie es im Buch heißt, mit ähnlichen Quoten wie das WM-Endspiel am Tag darauf. "Damit war Deutschland Weltmeister und ich ein Fernsehstar." Dieser singt frei nach Jürgen Marcus: "Du machst dich an eine Dänin ran, da kommt ihr Freund und droht dir Prügel an. Schau im Krankenhaus, im Spiegel dein Gesicht, und du siehst ein, Dänen lügen nicht."
Was war Otto-Humor? Seine Autoren Robert Gernhardt, Bernd Eilert und Peter Knorr waren Bildungsbürger mit komischem Tick. Strebte Bildung eigentlich Sinngebung an, förderten sie mit ihrer Wortakrobatik den Sinnentzug. Bernd Eilert, der bis heute mit Otto arbeitet, sagt: "Wir dachten bis dahin immer, dass wir Komik für ein Minderheitenpublikum machen. Seine große Stärke war es, diesen Humor massenkompatibel zu machen."
Bis 1979 entstanden so sieben Sendungen (mit Nachklapps 1981 und 1983), die TV-Geschichte schrieben. In den späten wuchs der Aufwand an Inszenierung, Dekors, Parodie, aber nicht unbedingt an Klasse. Die Nummern für die Ewigkeit - Susi Sorglos, Harry Hirsch, Peter, Paul and Mary, Robin Hood, der Versprecher der Entnervten, und vieles mehr - finden sich in den ersten vier Shows. Sie sind der Stoff, der einer ganzen Generation wie ein Tinnitus im Ohr geblieben ist. Wer Otto sieht, hört "Harry Hirsch, bitte melden" (so auch das ZDF-Feature am 22.7.). Vermutlich kennen ihn deshalb alle Deutschen. Am 22. Juli wird Otto 70. Verändert hat er sich kaum.
Auch wenn er seinen Humor erfolgreich ins Kino und andere Medien verlängerte (siehe rechts), hatte der Ostfriese Anfang der Achtziger künstlerisch sein Pulver im Prinzip verschossen. Wie kann es sein, dass er knapp vierzig Jahre später immer noch der bekannteste deutsche Komiker ist? 88 Prozent der Deutschen kennen ihn, sagt eine Umfrage.
Als No-Name, der gelegentlich in Hamburger und Bremer Clubs auftrat, holte ihn Rolf Spinrads - damals jüngster Redakteur im WDR - ins Fernsehen. Das Publikum, das Heinz Erhardt oder politisches Kabarett gewohnt war, staunte. Da stand ein 25 Jahre alter, hibbeliger blonder Bubi mit Gitarre und sang mit Fieps-Stimme seinen ersten Song: "Tip Toe Thru' the Tulips With Me". Das Pseudo-Kinderlied stammte von Tiny Tim, einem verrückten US-Folksänger mit Ukulele, der in der Comedyshow "Laugh-In" auftrat. Otto, der in diesem Jahr 1973 zum ersten Mal in Amerika war und natürlich auch fernsah, fand in der anarchischen US-Comedy die Bestätigung für jene Witz-Entgrenzung, die er selbst seit einiger Zeit vor kleinem Publikum und vor dem Spiegel ausprobierte: Gitarrenriffs, Gesichtszuckungen, Wortspiele, Anti-Pointen, Känguruhoppeln, Uhugeräusche, Hundegebell, Pferdewiehern, und das alles in einem Atemzug.
In seiner Autobiografie "Kleinhirn an alle" schreibt er über seine erste TV-Performance: "Die ganze Show wirkte nicht nur wie ein Schnellschuss, sie war auch einer. Mit der planmäßigen Entwicklung einer TV-Karriere hatte das nichts zu tun." Mit Ehrgeiz aber schon. Was Otto an anderer Stelle im Buch erwähnt, ist sein eisernes Training an der Gitarre und im Parodieren. Spontaneität will eben auch gelernt und geübt sein. Das sah man.
Die zweite Show am 6. Juli 1974 lief, wie es im Buch heißt, mit ähnlichen Quoten wie das WM-Endspiel am Tag darauf. "Damit war Deutschland Weltmeister und ich ein Fernsehstar." Dieser singt frei nach Jürgen Marcus: "Du machst dich an eine Dänin ran, da kommt ihr Freund und droht dir Prügel an. Schau im Krankenhaus, im Spiegel dein Gesicht, und du siehst ein, Dänen lügen nicht."
Was war Otto-Humor? Seine Autoren Robert Gernhardt, Bernd Eilert und Peter Knorr waren Bildungsbürger mit komischem Tick. Strebte Bildung eigentlich Sinngebung an, förderten sie mit ihrer Wortakrobatik den Sinnentzug. Bernd Eilert, der bis heute mit Otto arbeitet, sagt: "Wir dachten bis dahin immer, dass wir Komik für ein Minderheitenpublikum machen. Seine große Stärke war es, diesen Humor massenkompatibel zu machen."
Bis 1979 entstanden so sieben Sendungen (mit Nachklapps 1981 und 1983), die TV-Geschichte schrieben. In den späten wuchs der Aufwand an Inszenierung, Dekors, Parodie, aber nicht unbedingt an Klasse. Die Nummern für die Ewigkeit - Susi Sorglos, Harry Hirsch, Peter, Paul and Mary, Robin Hood, der Versprecher der Entnervten, und vieles mehr - finden sich in den ersten vier Shows. Sie sind der Stoff, der einer ganzen Generation wie ein Tinnitus im Ohr geblieben ist. Wer Otto sieht, hört "Harry Hirsch, bitte melden" (so auch das ZDF-Feature am 22.7.). Vermutlich kennen ihn deshalb alle Deutschen. Am 22. Juli wird Otto 70. Verändert hat er sich kaum.
Die Anfänge
1948 wird Otto Gerhard Waalkes als Sohn einer strenggläubigen Baptistin und eines Malermeisters im ostfriesischen Emden geboren. Seinen Hang zum Blödeln entdeckt er früh, als er mit seinem Kasperletheater für einige Pfennig die Nachbarskinder unterhält. Er beginnt ein Studium (siehe "Der Maler") in Hamburg, wo er mit wechselnder Band in kleinen Clubs wie dem Danny Pan's für fünf Mark am Abend spielt. Dabei fällt ihm unter großem Gelächter so häufig das Mikro aus der Hand, dass er kurzerhand zum Stand-up-Komiker umfunktioniert wird. Unter der Adresse Rondeel 29 wohnt er mit unter anderen Udo Lindenberg (Foto) und Marius Müller-Westernhagen mehrere Jahre in der legendären "Villa Kunterbunt"-WG.
Die Erfolge
Nach der ersten "Otto-Show" im TV erschien im September 1973 das Album "Otto". Die Liveaufnahme aus dem Hamburger Audimax mit Klassikern wie "Wandrin Star" schnellte auf Platz eins der Verkaufscharts und wurde dort erst fünf Wochen später abgelöst von "Stars und Hits für das Rote Kreuz"! Der Nachfolger "Otto 2" hielt sich 1974 sogar vier Monate an der Chartspitze. Mit mehr als vierzehn Millionen Zuschauern in Ost- und Westdeutschland ist "Otto - Der Film" (1985) laut Guinnessbuch der Rekorde der erfolgreichste deutschsprachige Film seit Einführung der Zuschauererfassung 1968!
Der Maler
Schon als Kind kritzelte Klein Otto mit Freude die Wände seines tapezierenden Vaters voll und erschuf nach eigener Aussage ganz beiläufig den beliebten Ottifanten. Was später folgte, war ein gescheitertes Kunstpädagogikstudium. Der Malerei ist der Emder trotzdem treu geblieben. Hunderte Selbstporträts mit kultigen Elefanten und Flügelmütze pinselte der Künstler über die Jahre auf die Leinwand. Meist im Pop-Art-Stil, gern skurril und selbstreferenziell und laut einer Legende immer auf eine mit Ostfriesentee grundierte Oberfläche.
Die Frauen
Zweimal war Otto verheiratet. Zunächst mit Manou, der Mutter seines einzigen Sohns Benjamin (31). Doch weil Otto ständig auf Achse war, reichte Manou 1992 nach fünfzehn gemeinsamen Jahren die Scheidung ein. Dann kam Schauspielerin Eva Hassmann, 25 Jahre jünger als der Friesenjung. "Nach dem ersten Kuss sagte ich zu ihr: Ich will mit dir alt werden. Eva antwortete: Aber Otto, du bist doch schon alt." Auf die Hochzeit im Jahr 2000 folgte eine Ehe auf zwei Kontinenten (die ehrgeizige Eva verbrachte viel Zeit in Hollywood, wo sie an ihrer Karriere bastelte) und zwölf Jahre später die Scheidung. Was Otto nicht davon abhält, weiter an die große Liebe zu glauben. Vorbild sind ihm seine Eltern: "Die sind noch mit achtzig Jahren jeden Abend Hand in Hand eingeschlafen." Ob er ein drittes Mal heiraten würde? "Heirat ist was Wunderbares, aber ich würde es Singles nicht empfehlen. Heirat ist der Hauptgrund für eine Scheidung."
Der Schauspieler
Eine Momentaufnahme am Kölner Studioset von "Sieben Zwerge - Männer allein im Wald": Es riecht nach frischer Erde, Moos und Tannennadeln, durch die meterhohen Bäume fällt künstliches Sonnenlicht. Plötzlich ein geschmettertes "Hollerahiti!" Otto Waalkes ist angekommen. Sekunden später steht er vor einem und macht Faxen. Otto im Blödelmodus. Vor der Kamera agiert er präzise wie ein Uhrwerk, selbst in der zigsten Wiederholung einer Szene ist er preußisch diszipliniert. In den Drehpausen dagegen zappelt er rum und blödelt sich nonstop durch den Tag. Hat der Mann niemals Sendepause? "Ich verstehe die Frage nicht", sagt er für einen kurzen Moment mit ernster Miene, "ich habe schon im Kindergarten den anderen Geschichten vom Kasperl vorgespielt. Ich brauche Zuschauer, egal wie viele." Dann lacht er sein keckerndes Otto-Lachen und hüpft (sic!) durch den Wald davon.
Die Geschäfte
Ob Kunstwerke, Filmrequisiten oder lebensgroße Ottifanten, im Otto Huus in Emden gibt es für Fans die volle Waalkes-Dröhnung. Ab und an schaut der Hausherr vorbei und verteilt Autogramme. Das Backsteingebäude ist jedoch nicht nur Reliktstätte, sondern auch das Tor zu Ottos Merchandising-Universum: T-Shirts, Kappen, Tassen, Teller, Bücher, CDs...
Die Pläne
Auch 2018 darf Otto nach Lust und Laune durch Deutschland blödeln. Neben seiner im Mai veröffentlichten Biografie wird der Faxenmacher Anfang August wieder musikalisch aktiv. Nach seinem Auftritt beim diesjährigen Nova Rock Festival in Österreich stattet der dann 70-Jährige dem Wacken Open Air zusammen mit Steel Panther und Judas Priest einen rockigen Besuch ab. Und danach? Eine Teilnahme beim nächsten Dschungelcamp stellte Otto bereits selbst in Aussicht, und ein sechster Auftritt als Faultier Sid in "Ice Age" ist ebenfalls noch nicht vom Tisch.