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Abschied von Rio de Janeiro

Olympische Spiele 2016 - ein Blick zurück

Falscher Jubel, richtiges Doping, tolle Leistungen, dolle Fehltritte - am Morgen nach der Abschlussfeier in Rio de Janeiro ein kompakter Blick zurück auf die XXXI. Olympischen Sommerspiele

Die Olympischen Spielen in Rio de Janeiro 2016 sind Geschichte. Im brasilianischen Regen verabschiedete sich der Gastgeber, zündete wie schon zu Beginn der Wettkämpfe ein opulentes Feuerwerk im Maracanà und übergab die Flamme symbolisch an den nächsten Gastgeber, die japanische Metropole Tokio. Deren Ministerpräsident Shinzo Abe kam zur Übergabe als Super-Mario verkleidet und stellte schon einmal in Aussicht, wie es 2020 laufen könnte: Knallig, laut, popkulturell. Und: perfekt.

Perfektion, mag man nun sagen, ist Sache der Götter. Die Sache der Stadt an der Copacabana war es, wie nicht anders zu erwarten war, eher nicht. Polizei und Armee machten aus dem olympischen Geist einen paramilitären, die Bewohner der Favelas, so sie denn in ihren Revieren bleiben durften, schauten aus der Ferne zu und mit dem Schlusspfiff der XXXI. Olympischen Sommerspiele dürfte sich ein Instant-Hangover der Güteklasse XXXL einstellen.

Wer in den letzten Wochen die Fotoserien der abandoned Olympic Places angeschaut hat, mit ihren verfallenen Schwimmstätten, den zerschossenen Quartieren, den verrotteten Bauten, der kann unschwer ahnen, wie das Wolkenkratzer-Ghetto, in dem eben noch die Aussies und die Amis, die Deutschen und die Briten Sieg und Niederlage zerfeierten, in ein paar Jahren aussehen dürfte.

Bye-bye, Olympia. Welcome, Zerfall und Ruinen.

Die Bilder der Spiele dürften noch ein wenig nachklingen - die Bilder und ihre Bedeutung, die kleinen Gesten, die groß nachhallten. Die großen Gesten für das kleine Stück Edelmetall:

Die Debatte um die Hahner-Zwillinge und Christoph Harting.

Das Happy-End für Fabian Hambüchen.

Der Last-Minute-Sieg der deutschen Hockey-Herren.

Das zerfurchte Gesicht des wunderbaren Horst Hrubesch.

Die Beachvolleyball-Gigantinnen Laura Ludwig und Kira Walkenhorst, die wackeren Handballer, Synchronschwimmer, Dressurreiter, Bogenschützen...

...aber auch die tiefe Trauer um Kanuten-Trainer Stefan Henze, der nach einem schweren Unfall seinen Kopfverletzungen erlag.

Von einer mixed Bag sprechen die Briten, wenn ein klares Urteil schwer fällt. Die gemischte Tüte - auch Rio de Janeiro mit dem überirdischen Usain Bolt, dem ebenfalls nicht minder gigantischen Michael Phelps, dem quintessentiellen Moment, als die Läuferinnen Nikki Hamblin und Abbey D'Agostino einander im Vorlauf über 5.000 Meter nach einem Sturz halfen und olympischen Geist über Gewinn stellten.

Von "ikonischen Spielen" fantasierte IOC-Präsdent Thomas Bach, von den "schlechtesten Spielen, die wir je hatten" dagegen erzählte Athletensprecherin Martina Strutz - die Brasilianer, denen mit dem letzten verknallten Feuerwerkskörper vor der Kulisse des unterbesetzten Maracanà-Stadions wenig bis nichts bleibt, dürften es ähnlich sehen.

Das IOC zieht weiter. Rio de Janeiro ist so gut wie pleite. Und dann sind da ja auch noch die Paralympics, die an Ort und Stelle am 7. September starten. Knapp 12 Prozent von über zwei Millionen Eintrittskarten sind bislang verkauft. Da droht ein Disaster.

Nun denn...

Man sieht sich in Tokio 2020.

Ingo Scheel