Sonntagabend um 22 Uhr: Auch der Fernsehzuschauer hatte gestern Abend die Wahl nach den drei gelaufenen Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und im Saarland, welcher Diskussionsrunde er seine Zeit zu schenken gedenkt. Die TV-Sender hatten mit "Anne Will" (ARD), "Maybrit Illner Spezial" (ZDF) und "Ihre Wahl! Die Sat.1 -Arena" (Sabine Christiansen/Stefan Aust/Sat.1) gleich drei politische Diskussionsrunden etwa zu gleicher Stunde gegeneinanderprogrammiert. Nacheinander weggucken ging also nicht.
Christiansen/Aust war mit "Ist Deutschland kinderfeindlich?" und dem einzigen Gast Ursula von der Leyen (Hallo erfahrene Polit-Talkmoderatoren: Fällt euch an diesem Super-Landtagswahl-Sonntag nichts Zwingenderes ein?) schon vorab keine erste Wahl. "Anne Will" versprach mit ihrer Dreier-Runde (Sigmar Gabriel (SPD), Günther Oettinger (CDU) und Guido Westerwelle (FDP) da schon deutlich munterer zu werden. Aber das Szenario und den Ablauf bei "Anne Will" kennt man als regelmäßiger "Tatort"-Seher inzwischen schon zur Genüge. Ganz neu war an diesem Abend die vom ZDF kurzfristig ins Programm genommene Illner: Nach "Illner Intensiv", ihrer erst kürzlich gestarteten Talksendung zur Bundestagswahl, nun also ein "Illner Spezial" zu den Landtagswahlen. Und dabei war es interessant zu sehen, wie das ZDF aus der Sendermarke "Illner" ein weiteres Spin-off generiert.
Wer bei "Illner" gestern Abend einschaltete, bekam die meisten Gäste für rund 45 Minuten Polittalk-Abend, gleich sechs: Wolfgang Schäuble (CDU), Thomas Oppermann (SPD), Jürgen Trittin (Grüne), Katja Kipping (Linke) und richtige politische Old School mit Hans-Dietrich Genscher
(FDP-Ehrenvorsitzender) sowie Friedrich Nowottny (der erfahrene ARD-Hauptstadtjournalist und spätere WDR-Intendant), letzterer immer gut für eine Pointe und eine originelle und nüchterne politische Beobachtung.
Der Ausgang der Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und im Saarland hatte dazu geführt, dass sich in der Illner-Runde alle Gäste irgendwo als Gewinner fühlen konnten, der wenigste Gewinner war wohl noch Bundesinnenminister Schäuble von der CDU. Der sich von Maybritt Illner gleich zum Auftakt des Polittalks den Satz anhören musste: "Angela Merkel wird nicht hoch auf dem gelben Wagen in das Kanzleramt einziehen können." Gemeint war, für eine politische Mehrheit und ein Regierungsbündnis von CDU und FDP nach der Bundestagswahl sieht es nach den Landtagswahlen schlecht aus. Eine Behauptung von Illner, die das Thema der Sendung "Ist die Bundestagswahl schon gelaufen?" anschieben sollte. Das zielte ausschließlich ab auf politische Planspiele der Parteien, wie man in den verbleibenen vier Wochen bis zur Bundestagswahl in Berlin eine CDU-FDP-Wunschregierung machbar oder aus entgegengesetzter politischer Sicht eben Schwarz-Gelb noch verhindern könne. Deshalb war es nur folgerichtig, dass der Politgrande FDP-Genscher gleich nach Eröffnung der Diskussionsrunde die Vertreterin der Linken, Frau Kipping, angriff mit dem Argument, dass die Linke eine Anti-Europa-Partei sei und damit schädlich für Deutschlands Zukunft, denn "Europa ist unsere Zukunft".
Nun ist Genscher der Außenminister mit der längsten Amtszeit, den die Bundesrepublik bislang hatte, und das Thema Europa liegt ihm daher nahe. Aber Europa ist nicht gerade etwas, das derzeit die Menschen in Deutschland an die Wahlurne lockt. Dennoch ließ das Thema die Runde nicht los, auch befeuert von einem sichtlich gut aufgelegten Jürgen Trittin, der süffisant darauf hinwies, dass Genschers FDP in Bayern mit denjenigen eine Koalition bilde, der CSU nämlich, die sich in Sachen Europa ständig querlegten.
Illner versuchte dann auch mit wenig Erfolg, zum Thema der Sendung zurückzukommen: "Lassen Sie uns das Thema Europa nicht weiter prolongieren." Und verkniff sich dabei nicht den Hinweis, dass dies nicht die Stunde sei, um in die Wahlprogramme einzusteigen. Sie wollte sichtlich an der Oberfläche bleiben, die Ebene der politischen Strategieüberlegungen für möglich Bündnisse in Berlin nicht verlassen, während den geladenen Politikern offensichtlich mehr danach war, zu konkreten Inhalten zu wechseln, wenn auch wahllos: siehe das Thema Europa. Moderatorin Illner sah dafür offenbar keine Notwendigkeit.
Dabei hätte sie mit der Vorgabe von ein, zwei, drei politischen Themen für die Diskussionrunde ein weitverbreitetes Bedürfnis der Öffentlichkeit danach bedienen können, dass im Bundestagswahlkampf bitte mehr über politische Argumente gestritten wird und über das, was die Parteien und politischen Bündnisse nach der Bundestagwahl gegen die Wirtschaftskrise unternehmen wollen und sonst noch vorhaben. Und auch die Politiker in der Runde hätten wohl gern - bis auf CDU-Schäuble - mitgemacht, aber da war Illner vor.
Maybrit Illner gelang es schließlich, vor dem letzten Drittel der Sendung die sich thematisch verselbstständigende Runde mit einem "HalliHallo" oder "Kuck, kuck" zu unterbrechen: "Ich wage noch mal darauf zurückzukommen: Welche Auswirkungen haben die Landtagswahlen auf die Bundestagswahl?"
Fazit des Abends für den Zuschauer: Gut war, dass angesichts der Kürze der Sendung und bei der Vielzahl der Diskutanten auf jegliche Zutaten wie Einspieler-Filmchen etc. verzichtet wurde. Aber: Obwohl Landtagswahlen waren, hat er bei Illner nun erfahren, wie die im Bundestag vertretenen Parteien zu Europa stehen, dass mit den Linken in Berlin weder CDU, FDP und wie lange noch? noch die SPD partout nicht regieren wollen. Richtig neue Erkenntnisse sind das gerade nicht.
Klaus Wirtz
Christiansen/Aust war mit "Ist Deutschland kinderfeindlich?" und dem einzigen Gast Ursula von der Leyen (Hallo erfahrene Polit-Talkmoderatoren: Fällt euch an diesem Super-Landtagswahl-Sonntag nichts Zwingenderes ein?) schon vorab keine erste Wahl. "Anne Will" versprach mit ihrer Dreier-Runde (Sigmar Gabriel (SPD), Günther Oettinger (CDU) und Guido Westerwelle (FDP) da schon deutlich munterer zu werden. Aber das Szenario und den Ablauf bei "Anne Will" kennt man als regelmäßiger "Tatort"-Seher inzwischen schon zur Genüge. Ganz neu war an diesem Abend die vom ZDF kurzfristig ins Programm genommene Illner: Nach "Illner Intensiv", ihrer erst kürzlich gestarteten Talksendung zur Bundestagswahl, nun also ein "Illner Spezial" zu den Landtagswahlen. Und dabei war es interessant zu sehen, wie das ZDF aus der Sendermarke "Illner" ein weiteres Spin-off generiert.
Wer bei "Illner" gestern Abend einschaltete, bekam die meisten Gäste für rund 45 Minuten Polittalk-Abend, gleich sechs: Wolfgang Schäuble (CDU), Thomas Oppermann (SPD), Jürgen Trittin (Grüne), Katja Kipping (Linke) und richtige politische Old School mit Hans-Dietrich Genscher
(FDP-Ehrenvorsitzender) sowie Friedrich Nowottny (der erfahrene ARD-Hauptstadtjournalist und spätere WDR-Intendant), letzterer immer gut für eine Pointe und eine originelle und nüchterne politische Beobachtung.
Der Ausgang der Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und im Saarland hatte dazu geführt, dass sich in der Illner-Runde alle Gäste irgendwo als Gewinner fühlen konnten, der wenigste Gewinner war wohl noch Bundesinnenminister Schäuble von der CDU. Der sich von Maybritt Illner gleich zum Auftakt des Polittalks den Satz anhören musste: "Angela Merkel wird nicht hoch auf dem gelben Wagen in das Kanzleramt einziehen können." Gemeint war, für eine politische Mehrheit und ein Regierungsbündnis von CDU und FDP nach der Bundestagswahl sieht es nach den Landtagswahlen schlecht aus. Eine Behauptung von Illner, die das Thema der Sendung "Ist die Bundestagswahl schon gelaufen?" anschieben sollte. Das zielte ausschließlich ab auf politische Planspiele der Parteien, wie man in den verbleibenen vier Wochen bis zur Bundestagswahl in Berlin eine CDU-FDP-Wunschregierung machbar oder aus entgegengesetzter politischer Sicht eben Schwarz-Gelb noch verhindern könne. Deshalb war es nur folgerichtig, dass der Politgrande FDP-Genscher gleich nach Eröffnung der Diskussionsrunde die Vertreterin der Linken, Frau Kipping, angriff mit dem Argument, dass die Linke eine Anti-Europa-Partei sei und damit schädlich für Deutschlands Zukunft, denn "Europa ist unsere Zukunft".
Nun ist Genscher der Außenminister mit der längsten Amtszeit, den die Bundesrepublik bislang hatte, und das Thema Europa liegt ihm daher nahe. Aber Europa ist nicht gerade etwas, das derzeit die Menschen in Deutschland an die Wahlurne lockt. Dennoch ließ das Thema die Runde nicht los, auch befeuert von einem sichtlich gut aufgelegten Jürgen Trittin, der süffisant darauf hinwies, dass Genschers FDP in Bayern mit denjenigen eine Koalition bilde, der CSU nämlich, die sich in Sachen Europa ständig querlegten.
Illner versuchte dann auch mit wenig Erfolg, zum Thema der Sendung zurückzukommen: "Lassen Sie uns das Thema Europa nicht weiter prolongieren." Und verkniff sich dabei nicht den Hinweis, dass dies nicht die Stunde sei, um in die Wahlprogramme einzusteigen. Sie wollte sichtlich an der Oberfläche bleiben, die Ebene der politischen Strategieüberlegungen für möglich Bündnisse in Berlin nicht verlassen, während den geladenen Politikern offensichtlich mehr danach war, zu konkreten Inhalten zu wechseln, wenn auch wahllos: siehe das Thema Europa. Moderatorin Illner sah dafür offenbar keine Notwendigkeit.
Dabei hätte sie mit der Vorgabe von ein, zwei, drei politischen Themen für die Diskussionrunde ein weitverbreitetes Bedürfnis der Öffentlichkeit danach bedienen können, dass im Bundestagswahlkampf bitte mehr über politische Argumente gestritten wird und über das, was die Parteien und politischen Bündnisse nach der Bundestagwahl gegen die Wirtschaftskrise unternehmen wollen und sonst noch vorhaben. Und auch die Politiker in der Runde hätten wohl gern - bis auf CDU-Schäuble - mitgemacht, aber da war Illner vor.
Maybrit Illner gelang es schließlich, vor dem letzten Drittel der Sendung die sich thematisch verselbstständigende Runde mit einem "HalliHallo" oder "Kuck, kuck" zu unterbrechen: "Ich wage noch mal darauf zurückzukommen: Welche Auswirkungen haben die Landtagswahlen auf die Bundestagswahl?"
Fazit des Abends für den Zuschauer: Gut war, dass angesichts der Kürze der Sendung und bei der Vielzahl der Diskutanten auf jegliche Zutaten wie Einspieler-Filmchen etc. verzichtet wurde. Aber: Obwohl Landtagswahlen waren, hat er bei Illner nun erfahren, wie die im Bundestag vertretenen Parteien zu Europa stehen, dass mit den Linken in Berlin weder CDU, FDP und wie lange noch? noch die SPD partout nicht regieren wollen. Richtig neue Erkenntnisse sind das gerade nicht.
Klaus Wirtz