"Wenn Blut und Darminhalt in den Estrich gesickert sind, dann haben wir ein richtiges Problem…" Vermieterin Petra Olschweski (grandios: Karin Neuhäuser) weiß gar nicht, wie sie die von Ungeziefer verseuchte Wohnung wieder schnell vermietbar bekommt: Acht Wochen lag der alte Herr Irrgang tot in seiner Wohnung. Vermisst hat ihn keiner. Seine mumifizierten Überreste sind auch nach Abtransport der Leiche eine olfaktorische Herausforderung im ganzen Haus.

Karow (Mark Waschke) war einer der Nachbarn Irrgangs. Und der Ermittler wittert zu Recht einen Fall: Denn bei der Obduktion wird ein Genickschuss entdeckt! Während Kollegin Rubin (die abwanderungswillige Meret Becker) die Vermieterin unter die Lupe nimmt, schaut Karow sich Clans an, die Jugendliche anstiften, alte Menschen zu überfallen. Ein Opfer solcher Überfälle ist der Richter a. D. Gerd Böhnke (Theater-Legende Otto Mellies). Der hat zu DDR-Zeiten auch Todesstrafen verhängt…

Regisseur Florian Baxmeyer (u. a. "Nachtsicht" und "Zurück ins Licht", 2017) beweist erneut sein Feingespür für fordernde Stoffe und Figuren mit verstörenden seelischen Beschädigungen. Das zen­trale Thema ist clever und engagiert ins Drehbuch integriert, kann aber dem Format geschuldet natürlich nicht vertieft verfolgt werden.

Hintergrund: Todesstrafe in der DDR

Erst am 17. Juli 1987 verkündete die "Aktuelle Kamera" die Abschaffung der Todesstrafe: Laut einer MDR-Doku wurden zuvor 221 Todesurteile seit den 1950er-Jahren ausge-sprochen, mindestens 166 davon bis 1981 per Guillotine oder "unerwartetem Nahschuss" mit Schalldämpfer vollstreckt. Dazu kursieren unterschiedliche Zahlen. Nazi- Kriegsverbrecher, Spione, Mörder und Sexualstraftäter kamen so ums Leben.

Anfangs befand sich die zentrale Hinrichtungsstätte in Dresden im Gebäude des ehemaligen königlich-sächsischen Landgerichts, Ende der 1950er-Jahre wurde sie dann in die Leipziger Strafvollzugsanstalt verlegt. Von 1969 bis 1981 war Hauptmann Hermann Lorenz Henker der DDR. Für jede Hinrichtung erhielt er 200 Mark, seine Helfer je 125 Mark.

Die"Tatort"-Drehbuchautorin Sarah Schnier erklärt: "Im Zuge eines anderen Projekts hatte ich mich mit der DDR und ihrem Justizsystem befasst und dabei erfahren, dass es bis 1987 die Todesstrafe gab. Aus diesem wenig bekannten Umstand habe ich eine Geschichte für das Mordopfer konstruiert, bei der das größere Rätsel am Ende womöglich nicht ist, wie er zu Tode gekommen ist, sondern, wie und warum er gelebt hat.