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Simon Pegg über "Mission: Impossible - Phantom Protokoll"

"Es geht um den Zerfall einer Familie"

Simon Pegg im Interview über seine Rolle im vierten Film der Agentenreihe, "Mission: Impossible - Phantom Protokoll" (ab 15.12. im Kino), und die waghalsige Kletterpartie seines Stars Tom Cruise am höchsten Gebäude der Welt

Braucht die Welt eine vierte Folge von "Mission Impossible"?

SIMON PEGG
Dieser Teil heißt absichtlich nicht "Mission Impossible IV", sondern "Phantom Protokoll". Es ist ein neues Kapitel, eine ganz neue Story beginnt. Tom Cruise spielt nicht mehr den jungen Superhelden, sondern ist jetzt eine Art Vaterfigur für eine Gruppe von drei jungen Agenten, die sich plötzlich ganz alleine und ohne jede Rückendeckung auf weiter Flur wiederfinden. Bisher konnte sich laut MI-Mythologie der ranghöchste Agent sein Team selbst aussuchen, doch diesmal ist alles anders. Die vier kennen sich kaum und müssen sich nicht nur gegen eine globale Bedrohung zur Wehr setzen, sondern bekämpfen sich auch gegenseitig. Es geht um den Zerfall einer Familie.

Gibt es also keine Verbindung zu den ersten drei MI-Filmen?

SIMON PEGG
Ganz im Gegenteil. Wir greifen Themen und Problematiken aus dem ersten Film auf und wir kämpfen zum Beispiel nicht mehr gegen Terroristen aus dem Nahen Osten, sondern eine Gefahr aus den eigenen Reihen. Doch jeder der MI-Filme hat dabei einen ganz eigenen Charakter, schon alleine deshalb, weil der Regisseur immer wechselte: Brian de Palma, John Woo, J. J. Abrams und jetzt Brad Bird. Solange sich die Serie weiterentwickelt und spannend bleibt, würde ich auch gerne in einem fünften und sechsten Teil mitspielen.
Schon im dritten Film spielten Sie Benji...

SIMON PEGG
... da war er aber nur Techniker des IMF. Benji ist seither zum echten Agenten aufgestiegen! Wir überlegten uns, dass Benji die Arbeit mit Ethan Hunt in Schanghai so viel Spaß machte, dass er sich entschloss, selbst Agent zu werden. In den vergangenen vier Jahren hat er rund um die Uhr für die Prüfung gebüffelt.

Sind Sie als Agent genauso muskelbepackt wie Tom Cruise?

SIMON PEGG
Als Agent musst du fit sein - und das war ich kurz vor den Dreharbeiten nicht. Ich war etwas übergewichtig und ging mehrmals die Woche ins Fitnessstudio, lernte mehrere Kampfsportarten und wurde von den Stuntleuten trainiert. Bei der ganzen Rumrennerei verlor ich fast 15 Kilo. Die meisten meiner Stunts konnte ich dann tatsächlich auch selbst machen. Aber das war nichts im Vergleich zu Tom, der 99% seiner Stunts selbst macht. "Phantom Protokoll" kommt ganz ohne CGI aus, trotz der vielen Action-Szenen. Ich will nichts Schlechtes über CGI sagen, es bietet Filmemachern viele neue Möglichkeiten. Aber ich finde, vielen Movies geht dabei etwas verloren.
Turnte Tom Cruise tatsächlich auf dem Wolkenkratzer herum?

SIMON PEGG
Unglaublich, nicht wahr? Er ist tatsächlich da hochgeklettert, ich hab's mit meinen eigenen Augen gesehen. Tom saß total entspannt auf der Kante dieses mehrere hundert Meter hohen Wolkenkratzers. Er ist echt verrückt - auf eine gute Art. Man liest dauernd, dass er die ganze Welt zu Scientology bekehren will und einen an der Waffel hat. Aber das stimmt überhaupt nicht. Wir waren sieben Monate lang fast jeden Tag zusammen und das Thema Scientology kam nicht einmal zur Sprache. Er ist ein total netter, unkomplizierter Mensch. Wir haben Szenen oft mehrfach wiederholen müssen, weil wir so viel lachten. Seine Tochter Suri ist ein wirklich süßes Mädchen. Eines Abends brachte sie mir Lasagne vorbei, die sie mit Katie Holmes gekocht hatte.

Können wir davon ausgehen, dass Simon Pegg auch als Geheimagent eine gewisse Portion Humor an den Tag legt?

SIMON PEGG
Na klar, das sieht auch das Drehbuch vor. Wenn Benji nervös ist, redet er wie ein Wasserfall und bemüht sich immer, die lustige Seite in allen Situationen zu sehen. Er ist ein Komiker, ganz klar.
Würde es Sie nicht reizen, mal eine ganz ernsthafte Rolle zu spielen? Werden Ihnen solche Filme überhaupt angeboten?

SIMON PEGG
Es würde mich sogar sehr reizen, aber ich weiß nicht, ob das Publikum das akzeptieren würde. Comedy-Schauspieler haben es nicht einfach, denn man erwartet immer, dass sie gleich was lustiges sagen oder tun. Wenn du zum Beispiel in der ersten Szene sagst, dass du gerade deine ganze Familie umgenietet hast, werden sich einige Zuschauern bestimmt das Kichern nicht verkneifen können. Allerdings haben wir bei "Shaun of the Dead" und "Hot Fuzz" alle sehr naturalistisch geschauspielt, also ein allzu großer Schritt wäre es nicht.

Warum schreiben Sie weiterhin ihre eigenen Drehbücher? Sie müssen sich mittlerweile doch bestimmt keine Sorgen mehr um Ihre Karriere machen?

SIMON PEGG
Aber gute, interessantes Angebote gibt es leider sehr selten. Ich will nicht nur ein Werkzeug sein, das vom Produzenten angemietet und von einem Projekt zum nächsten gereicht wird. Ich will die kreative Kontrolle behalten und nicht auf die Meinungen anderer angewiesen sein. Die Rolle des Benji zum Beispiel habe ich gemeinsam mit den Drehbuchautoren Andre Nemec und Josh Appelbaum entwickelt. Das macht die Filmerei für mich spannend. Ich bin kein Schaf, das einfach nur "Ja" sagen kann.

Was wollen Sie in den nächsten 20 Jahren erreichen?

SIMON PEGG
Ich möchte mit reinem Gewissen auf meine Karriere zurückzublicken können. Hoffentlich habe ich keine Projekte nur des Geldes wegen gemacht. Ich würde sehr gerne auch Regie führen, aber dazu bin ich noch zu ungeduldig. Als Regisseur verbringst du zwei oder drei Jahre mit einem einzigen Projekt, aber als Schauspieler kann man alle paar Monate etwas Neues ausprobieren.

Interview: Tina Werkmann