.

Letzter "Günther Jauch"-Talk

Tschüss, Günther!

Die Gästeliste liest sich kurz für Sonntag, den 29.11.2015. Günther Jauch macht es sich nach dem "Tatort" mit einem CDU-Politiker gemütlich. Nach reichlich Kritik wegen Parteilichkeit und mangelnder Fähigkeit zur Gesprächsleitung die richtige Wahl?

NGOs, Sozialverbände und Verbraucherschützer muss man mit Lupe suchen, wenn man die Gästeliste der bereits versendeten 156 "Günther Jauch"-Talks seit September 2011 im Ersten durchgeht. Symptomatisch also, dass er seinen Polittalk-Abgang mit einem CDU-Politiker bestreitet.

Thema und Gast der 157ten Sendung:

Am Ende eines Krisenjahres - Wolfgang Schäuble bei GÜNTHER JAUCH
Rückblick mal anders:
Günther Jauch sagt zum Abschied leise: NICHT ALLE DURCHEINANDER!

Günther Jauch sagt zum Abschied leise: NICHT ALLE DURCHEINANDER! Quelle: Günther Jauch (ARD) 1.2.2015, 10.5.2015, 28.6.2015, 11.10.2015

Posted by Übermedien on Donnerstag, 26. November 2015
Die letzte Sendung
"Terror, Flüchtlingsfrage, Ukraine-Konflikt und Euro-Krise. Inmitten all dieser rasanten Veränderungen, großen Herausforderungen und neuen Unsicherheiten gestaltet und steuert unverändert und stetig ein Mann maßgeblich unsere Politik: Wolfgang Schäuble. Derzeit "nur" Finanzminister - aber Deutschlands dienstältester Abgeordneter, beliebtester und wortmächtiger Minister - und für manche gar heimlicher Kanzler."

So heißt es im Pressetext der ARD, der dem Finanzminister höchstselbst gefallen dürfte. Bei Jauchs auffällig schwarzer Parteiweste bleibt zu hoffen, dass Wolfgang Schäuble nicht nur geladen wurde, um den Ruf des rechten CDU-Flügels zu polieren. Interessant ist die Gästewahl insbesondere deshalb, weil Schäuble die Flüchtlingsmigration mit einer Schneelawine verglichen hat. Nicht nur, dass das Zitat hochgradig an der komplexen Thematik vorbei schlitterte, nein: Seine Formulierung "Lawinen kann man auslösen, wenn irgendein etwas unvorsichtiger Skifahrer an den Hang geht und ein bisschen Schnee bewegt" zielte ziemlich unmissverständlich auf Bundeskanzlerin Angela Merkel.

So verwundert es nicht, dass Merkel sich schon bei Jauchs Vorängerin und gleichzeit Nachfolgerin Anne Will angekündigt hat. Zu weit gehen die Meinungen innerhalb der CDU derzeit auseinander, als dass die Kanzlerin Deutschlands quotenstärkste Talksendung dem rechten Parteiflügel überlassen könnte. Und Frau Will erschien ihr als Moderatorin dafür wohl deutlich geeigneter als Herr Jauch.
Quote vs Qualität
Der Erfolg der Quote ist unzweifelhaft: "Mit durchschnittlich 4,62 Millionen Zuschauern und einem durchschnittlichen Marktanteil von 16,2 Prozent ist Günther Jauch der erfolgreichste Talk, den das Erste jemals am Sonntagabend ausgestrahlt hat. 47 der bislang gezeigten 156 Ausgaben - also fast jede dritte Sendung - wurden von mehr als fünf Millionen Zuschauern gesehen. Die erfolgreichste Sendung überhaupt mit 8,25 Millionen Zuschauern (30,2 Prozent Marktanteil) war der Talk nach dem TV-Duell zwischen Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück am 1. September 2013."

So die Quoten-Statistik, die Jauchs Produktionsfirma zum Abschied zur Verfügung stellt. Dem gegenüber steht das Urteil des ARD-Programmbeirats, der sich bereits im Jahr 2012 folgendermaßen zum Moderator äußerte: "Herr Jauch ist jedoch der einzige Moderator, dessen Gesprächsführung der Beirat deutlich kritisieren muss: er hakt selten nach, setzt sich sogar teilweise über die Antworten seiner Gäste hinweg, vertritt eine klar erkennbare eigene Meinung, folgt strikt seinem vorgefertigten Konzept, hakt eine Frage nach der anderen ab, polarisiert, schürt mit seinen Suggestivfragen teilweise Politikverdrossenheit und kommt damit der Verpflichtung zur journalistischen Sorgfalt nicht nach. Herr Jauch fällt als Moderator durch seine größtenteils einfach formulierten Fragen auf, so dass auch verschiedene Zielgruppen erreicht werden können. Allerdings nehmen diese Fragen zumeist auch die Antworten vorweg."

Die deutsche Fernsehlandschaft wurde 4 Jahre lang von einem sehr streitbaren Moderator auf dem dankbarsten Sendeplatz der Repubrik geprägt. Diese Ära nimmt Sonntag ein jähes Ende. Vielleicht sorgt Anne Will künftig für weniger Medienbuzz nach den Sendungen - mehr Ausgewogenheit und Fingerspitzengefühl während der Talks erhoffen wir uns trotzdem.