Wer über sechs Millionen Zuschauer mit einer konventionell gestrickten (Frauenheld erobert Mauerblümchen), aber köstlich leichtfüßig inszenierten Liebesgeschichte ins Kino lockt, ist ganz schön mutig, wenn er sich an eine Fortsetzung wagt. Doch Til Schweiger, der einst für die Finan-zierung des Kinodramas "One Way" Haus und Hof riskierte, ist alles andere als ein Feigling.

Nach dem Motto "Never Change a Winning Team" hat er sich wieder mit Drehbuchautorin Anika Decker und Filmpartnerin Nora Tschirner zusammengetan und erzählt in "Zweiohrküken" die turbulente Lovestory von Klatschreporter Ludo (Schweiger) und Kindergärtnerin Anna (Tschirner) weiter.

Seit zwei Jahren sind die beiden jetzt ein Paar, und längst hat der Alltag die Liebe eingeholt. Anna ist genervt, dass Ludo seine Sportklamotten in der Wohnung verstreut und das Leergut im Schrank versteckt, statt es zu entsorgen. Ludo hätte gern seine Freiheiten wieder - so wie früher. Dann taucht Annas Exfreund (Ken Duken) wieder auf, und auch eine von Ludos vielen Verflossenen wirft sich mächtig ins üppige Dekolleté...

"Zweiohrküken" ist gekonnt zugeschnitten auf alle, die den Vorgänger mochten, konzentriert sich aber auf Ludo und Anna. Die (sehenswerten) Gastauftritte sind deutlich reduziert. Zwar hätte der Story eine Kürzung im letzten Drittel gutgetan, und nicht jede originelle Idee ist ein Original. Doch eins muss man Schweiger lassen: Wenn er klaut, dann bei den Besten wie Loriot oder Billy Wilder.

TV SPIELFILM hat mit Til Schwei­ger und Nora Tschirner über "Zweiohrküken" gesprochen.

Ganz schön gewagt, nach dem Erfolg von "Keinohrhasen" eine Fortsetzung zu drehen.

TIL SCHWEIGER Normalerweise gibt es keine Fortsetzung von Romantic Comedys. Die Hauptdarsteller kriegen sich und aus die Maus.

NORA TSCHIRNER Aber wir hatten schon beim Drehen von "Keinohrhasen" das Gefühl, wir könnten eigentlich noch viel, viel mehr über die Figuren erzählen.

TIL SCHWEIGER Definitiv entschieden haben wir uns allerdings erst, als das Drehbuch fertig war. Wenn es uns nicht gelungen wäre, einen ebenbürtigen Nachfolger zu schreiben, hätte ich's nicht gemacht.

In "Keinohrhasen" gibt es den legendären Monolog über Cunnilingus, eine Art Oralsex. In "Zweiohrküken" ist ein Streitgespräch über Treue das Meisterstück an Timing und Wortwitz. Wie entstehen solche Dialoge?

TIL SCHWEIGER Der Anspruch, den ich als Schauspieler habe, ist, wahrhaftig zu sein. Wenn ich ins Kino gehe, will ich keinen Schauspieler sehen, der einen Taxifahrer spielt, sondern einen Taxi­fah­rer. Um das glaubwürdig zu spielen, brauchst du gute Texte. Kein pa­piernes, hanebüchenes Zeug, sonst kannst du Robert De Niro sein, und es wird trotzdem scheiße. Und dann brauchst du natürlich gute Schauspieler, aber das kann ich jetzt nicht sagen, ohne uns selbst zu loben.

NORA TSCHIRNER Och, das geht schon in Ordnung für mich.

Es heißt, Komödien zu drehen be­deute harte Arbeit. Richtig?

NORA TSCHIRNER Nicht mit diesem Team. Es war Highlife in Tüten. Das kann man wirklich nur selten über einen Dreh sagen. Anna Gotzlowski ist eine meiner absoluten Lieblingsfiguren, die könnte ich den ganzen Tag spielen. Deshalb war die komplette Drehzeit für mich auch wie Ferien auf dem Bauernhof.

TIL SCHWEIGER Kam immer mit einem fetten Grinsen ans Set, die Nora.

Ihr schaut euch nach jedem einzelnen Take die Szene an. Es gibt Schauspieler, die das extrem verun­sichern würde.

NORA TSCHIRNER Man hört gar nicht so selten, dass Schauspieler nicht ertragen können, sich auf der Leinwand zu sehen. Ehrlich gesagt finde ich das immer ein bisschen merkwürdig und kaum nachvollziehbar. Für mich ist die Möglichkeit, eine Szene gleich anzuschauen, ein echter Segen, weil man sofort weiß, ob etwas gelungen ist oder ob man etwas verbessern kann.

TIL SCHWEIGER Das ist das beste Training für einen Schauspieler, da lernst du mehr als auf jeder Schauspielschule. Früher war es undenkbar, dass Schauspieler die Muster sehen dürfen. Schon bei "Manta, Manta" habe ich mich gefragt, warum darf sogar der Assistent vom Maskenbildner Muster sehen, aber ich nicht? Hallo? Das ist meine Arbeit. Seither habe ich das im Vertrag stehen.

Til, seit "Keinohrhasen" giltst du als Frauenversteher. Nur ein großes Missverständnis?

TIL SCHWEIGER (todernst) Ich sehe mich nicht als Frauenversteher.

NORA TSCHIRNER (grinst) Til versteht eh nichts, weder Männer noch Frauen, das ist sein Hauptproblem.

Til, es gibt eine ungeschriebene Regel: Niemals mit Kindern drehen, nicht mit Tieren ...


TIL SCHWEIGER ... und nicht mit Nora Tschirner.(lacht) Ich habe sie alle drei missachtet. Und du siehst, zu welchen Erfolgen das führt.

Ist ein dritter Film denkbar?

NORA TSCHIRNER Das läuft schon.

TIL SCHWEIGER Wir werden es versuchen, wenn es uns nicht gelingt, bleibt es bei zwei Teilen ...

"Keinohrhasen" hat jede Menge Preise bekommen, nur den Deutschen Filmpreis nicht.
Spekulierst du diesmal auf eine Auszeichnung?


TIL SCHWEIGER Nicht eine Sekunde.

Weil die Jury einem Produzenten, der mit seinen Filmen gutes Geld verdient, nicht auch noch einen Deutschen Filmpreis in Gold verleihen will, der ja mit 500 000 Euro dotiert ist?

TIL SCHWEIGER Das hast du gesagt. "Keinohr­hasen" hat alle Preise gewonnen, die man gewinnen kann, wirklich alle!

Nur den einen nicht.

TIL SCHWEIGER Guck mal, in Amerika ist es doch ähnlich. Sag mir eine Komödie in den letzten 30 Jahren, die den Oscar als Bester Film gewonnen hat.

Fällt mir spontan keine ein.

TIL SCHWEIGER Siehste. Daran kann man nichts ändern, man würde nur gegen Windmühlen anrennen. Aber dazu ist das Leben zu kurz und die Sache auch nicht wirklich wichtig genug.

Susanne Sturm

Kinostart: 3.12.2009