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Themenabend: Tatort Krankenhaus

Deutschland ist MRSA-Risikoland

Tod durch den Klinik-Keim MRSA: Ein Themenabend, der unter die Haut geht (DI, 20.4., Arte, 20.15 Uhr)

Kniespiegelung. Ein kleiner endoskopischer Eingriff. Was soll schon passieren? Alles wird gut. Ins Krankenhaus geht der Mensch schließlich, um gesund zu werden. Dass es anders kommen kann, zeigt der prominente Fall des Guillaume Depardieu.

1995 ließ sich der damals 24-jährige Sohn des großen Gérard nach einem Motorradunfall am Knie operieren. Während des Eingriffs drang der Krankenhauskeim MRSA in die Wunde. Das Bein heilte nicht, 17 Operationen blieben erfolglos, Antibiotika schlugen nicht an.

MRSA ist gegen alle Wundheilungsmittel resistent

Der Schauspieler fand heraus, dass zum Zeitpunkt seiner Erkrankung in Frankreich so viele Menschen durch MRSA starben, wie es Verkehrstote gab. Er kämpfte für eine Meldepflicht und strengere Hygienevorschriften.

Ihm selbst half es nicht. 2003 ließ er sein chronisch schmerzendes Bein amputieren. Wie weit die Keime seinen Körper durchseucht hatten, konnte keiner sagen. Im Oktober 2008 mussten Dreharbeiten wegen einer akuten Lungenentzündung abgebrochen werden. Zwei Tage später war er tot ("Guillaume Depardieu: Es ist die Hölle" läuft um 21.15 Uhr).
"Es gibt keinen Arzt, der sich gegen strenge Hygienemaßnahmen ausspricht", sagt Autorin Monika Hielscher (ihr Film beginnt den Themenabend um 20.15 Uhr). Aber es wäre naiv, das System Krankenhaus auf eine engagierte Ärzteschaft zu reduzieren, vor allem in Deutschland.

Während Infektionen in Frankreich zurückgehen und in Holland dank Patientenscreenings gen null tendieren, sind die Zahlen bei uns alarmierend. Deutschland ist MRSA-Risikoland. 160 000 Menschen erkranken jährlich. Experten schätzen die Zahl weit höher. Vor einem Jahr lehnte das Gesundheitsministerium Meldepflicht und Maßnahmen auf Bundesebene ab und verwies auf die Länder. Ähnlich verfahren Kliniken. Infektionen werden verschwiegen, Infizierte verschoben, um für Kosten nicht aufkommen zu müssen. Klagende MRSA-Patienten müssen beweisen, wann sie sich wo infiziert haben.

Monika Hielscher und Matthias Heeder haben Betroffene und Mediziner, Mikrobiologen und Hygieneexperten befragt. Hier und in den USA, wo eine MRSA-Variante wütet und heute mehr Menschen an "USA 300" sterben als an Aids. "Alle 20 Minuten eine neue Mutation. Das ist Evolution im Zeitraffer" warnt ein Infektiologe. Fast wie im Horrorfilm.

Martina Kalweit