PorNEOgrafie - allein diese Wortschöpfung garantiert Aufmerksamkeit. Die gab es dann auch, als Schauspieler Sergej Moya vor zwei Jahren für sein Regieprojekt zu trommeln begann: "Hotel Desire" sollte ein Film werden, der Mainstream und Porno miteinander vereint.
Der die Grenzen dessen, was in serösen Kino- und TV-Produktionen an Sex gezeigt wird, überschreitet und nicht schamhaft ausblendet, wenn's zur Sache geht. Der sich aber ästhetisch und erzählerisch klar abhebt von der trostlosen Effi­zienz des Rein-Raus-Genres - PorNEO eben.

Das eigentlich Aufregende an dem Projekt war jedoch nicht die Aussicht auf expliziten Sex mit Kultursiegel - Arthouse-Regisseure wie Cathe­rine Breillat ("Romance XXX") und Michael Winterbottom ("9 Songs") setzen sich über die Schamgrenzen des Kommerzkinos seit Langem hinweg. Spannender war der Plan der Macher, ihren Film via Crowdfunding zu finanzieren. Die 170 000 Euro Produktionskosten sollten allein durch Spenden der Web-Community zusammenkommen.

Am Ende war es dann aber doch ein Großinvestor, dem "Hotel Desire" seine Verwirklichung verdankt. Videoload, die Onlinevideothek der Telekom, stieg ein und sicherte sich damit für sechs Monate Exklusivrechte am fertigen Film. Den Verwertungsinteressen dieses Geldgebers dürfte es auch geschuldet sein, dass "Hotel Desire" die für viele überraschende FSK-16-Freigabe erhielt.

Wer auf einen saftigen Hochglanzporno gehofft hatte, wurde enttäuscht. Die knapp viertelstündige Sexszene, auf die der 38 Minuten kurze Film zuläuft, enthält vielleicht 25 Sekunden verschärftes Material, befolgt aber davon abgesehen anerkannte Keuschheitsgebote.

"Macht mal, wie ihr wollt!"

Dabei haben die Darsteller Clemens Schick und Saralisa Volm alles, und zwar wirklich alles gegeben. Die Regieanweisung an die beiden lautete: "Macht mal, wie ihr wollt!". Gedreht hat Moya das finale Matratzendrama ohne weitere Unterbrechungen in vier 40-minütigen Einstellungen, die als Rohmaterial für den Cut dienten.

Für Clemens Schick wurde das Vergnügen, sofern es eines war, dadurch getrübt, dass er die ganze Zeit lichtundurchlässige Kontaktlinsen trug und tatsächlich blind war wie die Figur, die er spielte.

Keine Frage: Beide Darsteller sind an ihre Grenzen und darüber hinaus gegangen. Fragt sich bloß, wofür? Denn anders als Filme wie der diesjährige Cannes-Gewinner "La vie d'Adele", der ebenfalls expliziten Sex zeigt, ist "Hotel Desire" ein filmisches Leichtgewicht, irgendwo zwischen Sat.1-Komödie und Kuschelporno. Dass Arte das Filmchen ins Nachtprogramm steckt, hat wohl weniger damit zu tun, dass es zu sexy wäre. Es ist für einen Kulturkanal schlicht eine Nummer zu seicht.

Christian Holst