Es hat sich in den vergangenen Jahren rasant ausgebreitet und füllt mit immer neuen Formaten die Programmplätze. Aber was ist eigentlich Reality? Zur Klärung der Begriffe hier eine kleine Ideengeschichte des ausufernden Genres, das so sehr ins Englische verliebt ist. Wir übersetzen mal freihändig.
■ Reality-TV - Wirklichkeits-TV
Ein Oberbegriff, der zunächst nur sagt: dies ist verbotenes Terrain für alle großen und kleinen Spielbergs, Schweigers, Klöppels, Jauchs oder Pochers. Hier gibt es keine Schauspielerei, keinen Journalismus, keine Pointen, überhaupt nichts Eingeübtes und Professionelles. Aber was dann?
■ Real People - Echte Menschen
In den 50ern filmt das US-TV Menschen auf der Straße, denen Nonsens erzählt wird. Worauf es den Fernsehleuten ankam, waren spontane Reaktionen: Irritation, Entsetzen, Lachen. Reality-TV will Schnappschüsse aus dem Leben von Normalos, ohne Anspruch, easy watching. Gags auf der Straße ziehen heute natürlich nicht mehr. Aber was dann?
■ Realityshow - Wirklichkeitsrevue
Ende der 90er verlegt "Big Brother" die Straße ins Labor, wo das Fernsehen ungestörter den Real People dabei zuschauen kann, wie nichts passiert, aber das spontan. Doch Zlatko und seine Brüder im Container werden bald langweilig und Sender wie RTL generell schnell ungeduldig. Was nun?
■ Die Casting-Survivor-Bachelor-Frauentausch-Help-Show
Es folgt der künstliche Push, der Reality-Urknall. Die Real People springen lustig ins kalte Wasser der Extrem- und Konkurrenzsituationen. Reality geht ins Bett mit Song-Contest, Abenteuerdoku, Romanze, Liebeskomödie, Sozialreportage. Ein Gedanke ist Gold wert: Auch Promis sind echte Menschen! Bald gehören sie zum Inventar. Reality kennt nun zig Spielarten.
■ Dokusoap - Doku mit Schaum (vorm Mund)
Heute laufen unter diesem Label die Zank-und-Zoff-Nachmittage bei den Privaten. In ihrem 30-Minuten-Rhythmus ähneln sie Serien oder Seifenopern, daher "Soap". Real People imitieren sich darin selbst. Aber Autoren bestimmen, wie und wann: Für Montag ist Verzweiflung vorgesehen, Ausrasten jetzt Dienstag, Mittwoch die Tränen. Von seiner langen, nicht unkultigen Tradition ("Die Fussbroichs") hat sich die Dokusoap im Reality-Zeitalter leider abgekoppelt.
■ Scripted Reality - geschriebene Wirklichkeit
Real People im Endstadium: Die Normalos sind jetzt Laienschauspieler mit Straßengeruch und lernen "gescriptete" Texte auswendig. Formate wie "Verdachtsfälle" oder "Berlin - Tag & Nacht" sind eigentlich freimütige Bekenntnisse, dass es bei Reality auf eines wahrhaftig nicht ankommt: die Wirklichkeit.
Andreas Rolf
■ Reality-TV - Wirklichkeits-TV
Ein Oberbegriff, der zunächst nur sagt: dies ist verbotenes Terrain für alle großen und kleinen Spielbergs, Schweigers, Klöppels, Jauchs oder Pochers. Hier gibt es keine Schauspielerei, keinen Journalismus, keine Pointen, überhaupt nichts Eingeübtes und Professionelles. Aber was dann?
■ Real People - Echte Menschen
In den 50ern filmt das US-TV Menschen auf der Straße, denen Nonsens erzählt wird. Worauf es den Fernsehleuten ankam, waren spontane Reaktionen: Irritation, Entsetzen, Lachen. Reality-TV will Schnappschüsse aus dem Leben von Normalos, ohne Anspruch, easy watching. Gags auf der Straße ziehen heute natürlich nicht mehr. Aber was dann?
■ Realityshow - Wirklichkeitsrevue
Ende der 90er verlegt "Big Brother" die Straße ins Labor, wo das Fernsehen ungestörter den Real People dabei zuschauen kann, wie nichts passiert, aber das spontan. Doch Zlatko und seine Brüder im Container werden bald langweilig und Sender wie RTL generell schnell ungeduldig. Was nun?
■ Die Casting-Survivor-Bachelor-Frauentausch-Help-Show
Es folgt der künstliche Push, der Reality-Urknall. Die Real People springen lustig ins kalte Wasser der Extrem- und Konkurrenzsituationen. Reality geht ins Bett mit Song-Contest, Abenteuerdoku, Romanze, Liebeskomödie, Sozialreportage. Ein Gedanke ist Gold wert: Auch Promis sind echte Menschen! Bald gehören sie zum Inventar. Reality kennt nun zig Spielarten.
■ Dokusoap - Doku mit Schaum (vorm Mund)
Heute laufen unter diesem Label die Zank-und-Zoff-Nachmittage bei den Privaten. In ihrem 30-Minuten-Rhythmus ähneln sie Serien oder Seifenopern, daher "Soap". Real People imitieren sich darin selbst. Aber Autoren bestimmen, wie und wann: Für Montag ist Verzweiflung vorgesehen, Ausrasten jetzt Dienstag, Mittwoch die Tränen. Von seiner langen, nicht unkultigen Tradition ("Die Fussbroichs") hat sich die Dokusoap im Reality-Zeitalter leider abgekoppelt.
■ Scripted Reality - geschriebene Wirklichkeit
Real People im Endstadium: Die Normalos sind jetzt Laienschauspieler mit Straßengeruch und lernen "gescriptete" Texte auswendig. Formate wie "Verdachtsfälle" oder "Berlin - Tag & Nacht" sind eigentlich freimütige Bekenntnisse, dass es bei Reality auf eines wahrhaftig nicht ankommt: die Wirklichkeit.
Andreas Rolf