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Portrait: Aaron Sorkin

Der Seitenwechsler

Der preisgekrönte Autor Aaron Sorkin wechselt nach Serienhit, Film-Oscar und TV-Flops gerade mal wieder zum Kino. Sky Atlantic zeigt ab FR, 16.1.2015, 21.00 Uhr, die dritte Staffel seiner Serie "The Newsroom")

Es ist unwahrscheinlich, dass Aaron Sorkin jemals dreihundert Meter entfernt von viertausend Kubanern gefrühstückt hat, die darauf trainiert sind, ihn umzulegen. Sorkin hat diese Worte Jack Nicholson in den Mund gelegt. Nicholsons eisenharter US-Colonel im Militärgerichts­drama "Eine Frage der Ehre" (Regie: Rob Reiner) bringt dem Star Oscar-Nominierung Nr. 10 und gipfelt im legendären Ausruf: "Sie können die Wahrheit doch gar nicht vertragen!"
Als Sorkin das Theaterstück "A Few Good Men" schreibt, die Vorlage für den Kinofilm von 1992, ist er keine dreißig Jahre alt. "Eine Frage der Ehre" ist sein Einstieg ins Hollywood-Geschäft, aber erst das Drehbuch für Rob Reiners nächsten Kinofilm bringt ihn auf die Erfolgsspur.

"Hallo, Mr. President" ist die charmante Liebesgeschichte um einen fiktiven verwitweten US-Präsidenten. Fernsehproduzent John Wells ("ER"), der mit Sorkin über mögliche Projekte spricht, denkt an eine Politserie über die Drahtzieher im Hintergrund. Sorkin entwickelt die Hinter-den-Kulissen-des-Weißen-Hauses-Serie "The West Wing". Sie wird sein größter Erfolg.
Hier perfektioniert Sorkin auch seinen Stil: messerscharfe Dialoge in oft atemberaubenden Tempo, während die Protagonisten durch die Gänge des Weißen Hauses eilen. Schauspieler Rob Lowe (spielte PR-Mann Sam Sea­born) beschreibt in seiner Autobiografie "Stories I Only Tell My Friends", dass Mitarbeiter der Obama-Administration noch heute "We just, West Winged‘" sagen, wenn sie wieder einmal besonders schnell mit dem Mundwerk sind.

Sorkin wechselt die Seiten

Aaron Sorkin ist sehr penibel und gilt als schwierig. Bei Schauspielercastings sitzt er oft mit dabei - was für einen Autor sehr ungewöhnlich ist - und korrigiert auch mal ein "I'm" zu "I am". In der Politik interessieren ihn am meisten die Machtspielchen. Sorkin, Jahrgang 1961, ist Demokrat mit liberalen Ansichten und allzu liberalen Angewohnheiten: 2001 wird er mit einer Tasche voller Drogen am Flughafen Burbank festgenommen und zur Teilnahme an einem Anti­drogenprogramm verurteilt.
Nach "The West Wing" floppt seine nächste TV-Serie: "Studio 60 on the Sunset Strip" spielt hinter den Kulissen einer Fernsehcomedyshow und wird nach nur einer Staffel abgesetzt. Also schreibt Sorkin wieder für Hollywood - die Tom-Hanks-Polit­komödie "Der Krieg des Charlie Wilson" und schließlich "The Social Network". David Finchers Film porträtiert Facebook­erfinder Mark Zuckerberg als Arschloch und bringt Sorkin seinen ersten Drehbuch-Oscar.

Noch einmal versucht er es mit Fernsehen, diesmal hinter den Kulissen einer Nachrichtensendung, doch die HBO-Serie "The Newsroom", 2012 mit hohen Erwartungen gestartet, enttäuscht viele, auch Sorkin; zwischen Staffel 1 und 2 feuert er das halbe Autorenteam, eine Vergewaltigungsepisode sorgt für viel Zoff. Sorkin hat genug. Jetzt, wo alle TV wollen, wechselt er wieder zum Kino. Vier Serien habe er gemacht, lässt er den Branchendienst "The Hollywood Reporter" wissen, nur eine davon war eben "West Wing". Eine Wahrheit, die der Autor selbst nicht so gut verträgt.

V. Bleeck

"The Newsroom"
FR, 16.1., SKYAT, 21:00 Uhr