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Die beliebtesten Schauplätze im deutschen TV

Wo spielen deutsche Filme und Serien? TV SPIELFILM hat 350 Neuproduktionen aus zwölf Monaten durchforstet

Was haben "Die Jagd nach der Heiligen Lanze", "Des Kaisers neue Kleider" und "Callgirl Undercover" gemeinsam? Sie alle wurden in Berlin gedreht - der Medienhauptstadt Deutschlands.

TV SPIELFILM hat nachgezählt: Wie viele Filme spielten 2010 in Hamburg, Köln oder Leipzig, wer hat die meisten Krimis, und wo zum Teufel liegt das Holltal? Unsere TV-Landkarte gibt Aufschluss über alle Schauplätze des letzten Fernsehjahres. 2010 liefen rund 350 neue deutsche Filme und Serienstaffeln bei uns im Fernsehen, davon stammten 47 allein aus Berlin und 53 aus Bayern.
Am häufigsten flimmern das Brandenburger Tor, die Münchner Frauenkirche und der Hamburger Michel über die Mattscheibe - typisch deutsche Schauplätze. Das hat aber nicht nur mit dem Wiedererkennungswert zu tun: Berlin beispielsweise, politischer und kultureller Nabel der Bundesrepublik, ist auch die Heimat der meisten Schauspieler, Sitz von über 250 Film- und Fernsehproduktionsfirmen und zudem den berühmten Babelsberger Studios benachbart, in denen nationale und internationale Filme entstehen.
Auch München und Köln sind große Medienstädte, im Rheinland sitzen unter anderem die RTL Group sowie der WDR, in München die ProSiebenSat.1 Media AG und der Bayerische Rundfunk - und sie alle lassen Sendungen in ihrer Region produzieren.

Wo welcher Film gedreht wird, hängt außerdem vom Geld ab: NRW, Bayern und Berlin bieten die größten finanziellen Anreize und locken so Filmschaffende zum Dreh in ihr Bundesland. Nicht nur in die Metropolen, sondern auch aufs platte Land.
Von Hengasch bis Südtirol
Der Krimi ist bekanntlich das beliebteste Fernsehgenre der Deutschen; etwa 50 Mal in der Woche gibt es irgendwo Verbrechen und Ermittler im deutschen TV-Programm zu sehen.

Krimihochburgen, zumindest auf dem Bildschirm, sind Bayern und Nordrhein-Westfalen, die es 2010 auf je 17 und 15 Kriminalfilme und -serien brachten. Insgesamt waren im letzten Jahr über 100 neue Krimis zu sehen. Neben dem gefährlichen Großstadtpflaster sind vor allem abgelegene Dörfer im Schwarzwald, an der Nordseeküste oder in der bayerischen Provinz beliebt, gern nach dem Prinzip: Kühler Stadtkommissar trifft auf verdächtige Hinterwäldler. Da wundert es wenig, dass viele TV-Orte erfunden werden.
Foto: WDR, Drehort Nordrheinwestfalen: - Münster-Tatort
Etwa ein Dutzend Filme und mindestens sieben Serien spielten 2010 in Gemeinden, die es gar nicht gibt - von "Hengasch" in der Eifel ("Mord mit Aussicht") bis zum badischen "Holltal" ("Die Toten vom Schwarzwald"). Außerdem sind Drehort und Schauplatz oft keineswegs identisch: So wird die "Lindenstraße" etwa in Köln gedreht, spielt aber in München; die ARD-Soap "Marienhof" hingegen wurde in München gedreht und spielte in Köln (die letzte Folge lief am 15. Juni).

Neben der großen Anzahl von Krimis im deut­­schen Fernsehen fällt vor allem der Anteil an Auslandsproduktionen auf: 2010 zog es 96 neue Filme und 6 Serien in die Ferne, von Kanada bis Sri Lanka. Häufig dienten grüne Inseln und exotische Ziele als Kulisse sowie der "Süden" in jeder Form: Südtirol, Südengland, Südafrika, Südschweden.

Bloß auf Mallorca, immer noch der Deut­schen liebste Insel, trägt sich schon lange kein Drama oder Serientechtelmechtel mehr zu. Die Insel ist längst in der Hand der Rea­lityshows, ihre Stars heißen Daniela Katzenberger und Dieter Bohlen.
Noch zu entdecken: Saarland und Thüringen
Rar im TV machen sich auch Thüringen und das Saarland. In der Südwestecke wird ein "Tatort" pro Jahr gedreht, sonst stößt Deutschlands kleinstes Flächenbundesland (eine Million Einwohner) auf eher wenig Interesse der Filmindustrie. Zwar gibt es hier das renommierte Max-Ophüls-Festival für Nachwuchsfilmer, aber nur geringe Fördermittel.

"Das Saarland ist für die meisten Produktionsfirmen noch Niemandsland, die unverbrauchten Drehorte hier und in der Großregion noch weitgehend unbekannt", stellt Gerd Bauer fest, Geschäftsführer der Filmförderung Saarland. "Niemandsland", so heißt passenderweise auch ein Kinofilm mit Alexander Fehling ("Goethe!") und August Diehl ("Inglourious Basterds"), der im Dezember teilweise im Saarland gedreht wurde. Zwei Tage lang zumindest.
Foto: MDR, Drehort THÜRINGEN: Familie Dr. Kleist
Thüringen dagegen hat immerhin den Kika in Erfurt und erfolgreiche Serien wie "Familie Dr. Kleist" und "Schloss Einstein", allerdings als einziges Bundesland weder einen eigenen "Tatort"-Kommissar noch einen "Polizeiruf". Dabei kann die Polizei Thüringens mit 65,3 Prozent im letzten Jahr die höchste Auf­klärungsquote in Deutschland vorweisen.

Und genug abgelegene Bergdörfer, wo gruselige Untaten für Nervenkitzel sorgen, sind auch vorhanden. Der MDR, zuständig fürs Programm in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, setzt aber lieber auf die etablierten urbanen Schauplätze Leipzig und Halle, wo jährlich fünf Krimis angesiedelt sind.

Im Großen und Ganzen sieht die TV-Landkarte Deutschlands ordentlich bestückt aus. Weiße Flecken sind allenfalls Franken und das Emsland. Klar zu erkennen ist die Vor­liebe für Provinzkrimis, Inselromantik und Voralpenidylle. Dass dennoch in den Ballungsräumen geballt gefilmt wird, hat auch logistische Gründe; schließlich ist jeder Ausflug einer 40-köpfigen Filmcrew aufs Land teuer. Die Großstädter dagegen wissen, was los ist, wenn am Straßenrand mal wieder 100 Meter Parkfläche gesperrt sind: Vorsicht, Dreharbeiten!

Linn Grunwald