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KRISENMODUS

Merkels Methode

1 Was macht Merkel
Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einer Sitzung im Bundestag in Berlin. WDR

Die Welt schaut auf Europas Mächtigste. In TV SPIELFILM wirft der Filmautor Stephan Lamby einen genauen Blick auf die Kanzlerin. Lambys Doku "Was macht Merkel?" (MO, 10.12.) läuft jetzt im Ersten

Knapp zwei Jahre haben die Filmemacher Stephan Lamby und Michael Wech die Protagonisten der Finanzkrise beobachtet. Ihr neuester Film Was macht Merkel? Die Kanzlerin in der Eurokrise stellt jetzt Bundeskanzlerin Angela Merkel in den Fokus und schaut hinter die Kulissen ihres Krisenmanagements.
Foto: WDR, Deutscher Fernsehpreis 2012: Besondere Leistung "Information" für Stephan Lamby
In TV SPIELFILM lässt Stephan Lamby einen Tag, der Schlagzeilen machen sollte, noch einmal Revue passieren:

Es ist ein ungewöhnlicher Tag für Angela Merkel. Die Frau, die ihre Auftritte stets wohltemperiert in Szene setzt, verliert an diesem Donnerstag, den 20. Oktober 2011, die Kontrolle. Merkel dreht an einem großen Rad. In drei Tagen will sie sich in Brüssel wieder mit den anderen Regierungschefs treffen, um über milliardenschwere Rettungsschirme und Reformen zu verhandeln.

Sie hofft, endlich den Machtkampf mit den Finanzinvestoren um die Zukunft des Euro gewinnen zu können. Vorher aber muss die Kanzlerin sich noch schnell mit den Franzosen über die neue Strategie einigen - und den Bundestag über ihre Absichten unterrichten.

Minister warten vergebens

Doch die Gebrauchsanleitung für den neuen Rettungsschirm liegt bislang nur auf Englisch vor, Tag und Nacht arbeiten die Übersetzer an einer deutschen Fassung, sie werden nicht rechtzeitig fertig. Die Abgeordneten werden ungeduldig. Macht unter diesen Umständen Merkels Regierungserklärung überhaupt Sinn? Und wenn sie den Bundestag nicht unterrichten kann, muss dann der anstehende EU-Gipfel nicht verschoben werden? Merkel steht mächtig unter Druck, mal wieder. Ganz Europa blickt auf sie. Und draußen, vor dem Kanzleramt, wartet der Fahrer.

Die Kanzlerin hat sich zum Besuch bei der Kultusministerkonferenz angesagt. Ein lästiger Pflichttermin. Obwohl sie Wichtigeres zu tun hat, fährt Merkel um 15.00 Uhr los. Und führt unterwegs hektische Telefonate, mit Sarkozy, mit van Rompuy. Soll der Gipfel verschoben werden oder nicht? Die Kolonne der Kanzlerin irrt durch die Berliner Innenstadt. Nach ein paar Minuten erreicht sie die Kultusministerkonferenz in der Taubenstraße. Dort stehen sich an diesem nasskalten Nachmittag schon zahllose Journalisten die Beine in den Bauch.
Foto: WDR, Bundeskanzlerin Angela Merkel kommt in ihrem Dienstwagen zum Bundestag.
Die Kanzlerin rauscht vorbei. Und lässt hundert Meter weiter anhalten. Sie braucht jetzt Ruhe für ihre Telefonate. Es dauert nicht lange, dann haben die Kameraleute Merkels Limousine ins Visier genommen. Nach quälend langen Minuten fährt sie grußlos weiter, als wäre sie auf der Flucht - vor wem eigentlich? Die Kultusminister warten vergebens.

Dauerhaft im Krisenmodus

Um 16.00 Uhr ist die Kanzlerin wieder im Büro. Sie ist eine Stunde lang praktisch im Kreis gefahren - aber sie hat Entscheidungen getroffen: Sie wird ihre Regierungserklärung verschieben, und nächste Woche soll in Brüssel ein weiterer Gipfel stattfinden. Gründlichkeit geht ihr vor Schnelligkeit. Aber hat das Angela Merkel wirklich geholfen in der Eurokrise?

Seit fast zwei Jahren rast Merkel zwischen EU-Gipfeln, Bundestag und Kanzleramt hin und her. Sie ist nahezu dauerhaft im Krisenmodus. Doch was immer sie versucht hat, die Krise hat sie noch immer nicht im Griff. Vor allem im Ausland wird die Kanzlerin angefeindet wegen ihrer Sparpolitik.

Aber vielleicht liegt die Kritik auch völlig daneben. Wird Europa Angela Merkel in einigen Jahren dankbar sein müssen, weil sie das Problem Staatsverschuldung stur an der Wurzel gepackt hat? Weil Europa deshalb gestärkt aus der Krise hervorgeht?

Was macht Merkel?
MO 10.12. Das Erste 22.45 Uhr

Zum Gastautor Stephan Lamby:
Der Erklärer Produzent und Autor Stephan Lamby (53) hat bereits drei Dokus ("Der Domino-Effekt") zum Thema erstellt. Für seine "historische Einordnung und Orientierung in der Eurokrise" wurde dem Hamburger im Oktober der Deutsche Fernsehpreis verliehen