Franz Beckenbauer will den 4. Stern für Deutschland

Was er sagt, hat die Gültigkeit eines vom Bundestag verabschiedeten Gesetzes. Beckenbauerworte bleiben in der Regel unwidersprochen. "Wenn's der Kaiser sagt...", lassen Spieler und Funktionäre ergeben verlauten. Klar muss man das nicht wörtlich nehmen, aber es zeigt den Rang des 65-Jährigen und die Wertschätzung, die er genießt.

Das Fernsehen nutzt seine Popularität seit Langem. Beim Turnier in Südafrika ist der Fußballmonarch für den Pay-TV-Sender Sky am Ball. Am Rande einer Veranstaltung der Initiative "Der 4. Stern für Deutschland" von DFB und Mercedes traf TV SPIELFILM Franz Beckenbauer und sprach mit ihm über die Weltmeisterschaft, über Michael Ballack und Dieter Bohlen. Und wann er zuletzt ein öffentliches Verkehrsmittel benutzt hat, verriet er auch.

Sie werben für die Kampagne "Der 4. Stern für Deutschland". Wie wichtig ist es für eine Mannschaft, dass zu Hause Millionen mitfiebern?

FRANZ BECKENBAUER Es motiviert die Spieler enorm, wenn sie wissen, dass die Fans hinter ihnen stehen. Das haben wir vor vier Jahren gesehen, als die Weltmeisterschaft im eigenen Land zum Volksfest für Millionen wurde. Die Unterstützung der Fans ist aber genauso wichtig, wenn das Turnier in einem anderen Land stattfindet. Was zu Hause los ist, kriegen Spieler auch dort mit.

Nach dem grandiosen Auftaktspiel gegen Australien schien es so, als sei der verletzte Ballack sehr wohl zu ersetzen, nach dem Serbienspiel sah das schon wieder anders aus. Wie ist es denn nun?

FRANZ BECKENBAUER Michael Ballack wurde von allen akzeptiert, nicht nur von der eigenen Mannschaft, sondern auch vom Gegner. Die anderen Spieler müssen grundsätzlich in jedem Spiel zehn Prozent mehr geben, um ihn zu ersetzen.

Kleines Gedankenspiel. WM 1974, Sie sind als Kapitän nominiert, kurz vor dem WM-Auftakt grätscht Ihnen einer rein, und Sie können nicht mitfahren. Was geht Ihnen durch den Kopf?

FRANZ BECKENBAUER Ja, gut, ich würde sagen, mich hätten sie nicht erwischt, ich wäre zu schnell gewesen. (lacht) Aber ehrlich, es war ein gemeines Foul. Boateng kam von der Seite, den konnte Ballack nicht sehen. Für Michael ist es besonders bitter, denn das wäre eventuell seine letzte WM gewesen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er bei der Weltmeisterschaft 2014 noch dabei ist.
Vielleicht bei der EM 2012. Schau'n mer mal.

Ihnen wird welt - weit eine beinahe unerschütterliche Verehrung entgegengebracht. Fans und Presse haben Sie längst auf ein Podest gestellt.

FRANZ BECKENBAUER (lacht) Dabei habe ich wirklich schon einiges versucht, um da wieder runterzufallen.

Da haben Sie sich bisher vergeblich bemüht. Wie lebt sich's im Alltag als "Kaiser" und "Lichtgestalt"?

FRANZ BECKENBAUER Ich freue mich über die Anerkennung, besonders auch über die im Ausland. Aber das hat mit mir gar nicht so viel zu tun, das ist die Kraft des Sports. Ein Beispiel: Das Pokalspiel Bayern gegen Bremen wurde in 160 Länder übertragen. Daran sieht man, was der Fußball für eine Faszination ausübt. Und da bin ich mit dabei.

Einer Ihrer Fans ist Dieter Bohlen. Er findet Sie so sympathisch, dass er Sie "den ganzen Tag nur knutschen könnte", wie er sagt.

FRANZ BECKENBAUER (lacht) Wir haben zusammen einen Spot für O2 gedreht und hatten eine Mordsgaudi. Ich gebe das Kompliment gern zurück. Der Dieter ist ein sehr sympathischer Mensch, auch wenn das im Fernsehen manchmal nicht so rüberkommt - aber das ist halt seine Rolle.

Sie hätten also kein Problem damit, wenn Ihre beiden Jüngsten sich später mal bei DSDS bewerben?

FRANZ BECKENBAUER Da erwischen Sie mich jetzt eher auf dem falschen Fuß. Ich habe fast noch keine einzige dieser Sendungen gesehen. Joel ist neun, Francesca sechs, deshalb bin ich Spezialist für Kindersendungen, und DSDS ist ja wohl eher was für Größere.

Können Sie eigentlich noch mit öffentlichen Verkehrsmitteln fahren?

FRANZ BECKENBAUER Straßenbahn bin ich zuletzt vor rund 35 Jahren gefahren. Damals habe ich in Grünwald bei München gewohnt, war Spieler beim FC Bayern und habe mir in einem Wahn gedacht: Heute fährst du mit der Trambahn zum Training. An der Haltestelle Theodolindenplatz ist ein Gymnasium, die Schule war gerade aus, und Sie können sich sicher vorstellen, was da los war. Danach habe ich mir geschworen: Nie mehr Straßenbahn!

Aber vorher hat jeder ein Autogramm bekommen?

FRANZ BECKENBAUER Selbstverständlich. Kinder darf man nicht enttäuschen. Aber was die öffentlichen Verkehrsmittel angeht, muss ich seither sagen: Experiment misslungen.

Es sind ein paar Jahrzehnte vergangen. Sie könnten es ruhig mal wieder versuchen.

FRANZ BECKENBAUER Lieber nicht. Ich wüsste ja nicht mal, wie man ein Ticket löst.

Susanne Sturm