Er wird sich immer stärker bemerkbar machen", sagte Ulrich Tukur, als er die Besonderheit des von ihm erdachten Kommissars Murot erklärte: den Tumor in dessen Kopf. Folglich strotzt sein zweiter Fall "Das Dorf" vor Halluzinationen und irren Situationen. Regie geführt hat Justus von Dohnányi.

Der ist den meisten als Schauspieler ("Männerherzen") bekannt, nach der Inszenierung seiner Komödie "Bis zum Ellenbogen" sahen ihn die "Tatort"-Macher vom Hessischen Rundfunk aber als Experten für absurden Humor. Gute Wahl. TV SPIELFILM hat von Dohnányi getroffen.

TV SPIELFILM: Musical-Tanzszenen, doppelte Darsteller - die Dreharbeiten für "Das Dorf" waren anscheinend ein einziger Drogenrausch.
JUSTUS VON DOHNÁNYI (lacht) Wir hatten ein wirklich wildes Drehbuch. Die Geschichte bewegt sich zwischen Traum und Realität. Das hat mich zu einer Retro-Bilderwelt inspiriert. Eine Mischung aus Orson Welles, Edgar Wallace und "Rocky Horror Picture Show".

TV SPIELFILM: Wird Ihnen das Publikum dahin folgen?

VON DOHNÁNYI
: Das ist so schwer abzuschätzen. Es wird wohl zu Kontroversen führen. Der HR traut sich was. Ich hatte relativ freie Hand.

TV SPIELFILM: Sie hatten vorher erst einmal inszeniert: Ihr Drehbuch "Bis zum Ellenbogen".

VON DOHNÁNYI:
Ich hatte das Glück, dass der Hessische Rundfunk diesen Film sehr mochte. Tukur hat eine DVD nach Venedig bekommen. Er rief mich an und wollte diesen Wahnsinn gern mit mir machen.

TV SPIELFILM: Würden Sie jedem Schauspieler empfehlen, einmal die Regie zu übernehmen?

VON DOHNÁNYI:
Ja, als Mittel gegen Ignoranz.

TV SPIELFILM: Wie meinen Sie das?

VON DOHNÁNYI
: Schauspieler sind oft ziemlich egoman. Die reisen an - frisch gebuttert -, spielen und reisen wieder ab. Wenn man einen Film in Gänze mitbekommt, entwickelt man vielleicht ein bisschen Demut gegenüber all den anderen Gewerken.

TV SPIELFILM: Wachen Sie als Dirigentensohn persönlich über die Filmmusik?

VON DOHNÁNYI
: Mein Wunschkomponist Stefan Will war glückicherweise auch die erste Wahl des Senders.

TV SPIELFILM: Musik hat also einen hohen Stellenwert?

VON DOHNÁNYI
: Ich bin kein großer Konsument. Ich bin durch einen Hip-Hop-Sohn und eine Metal-Tochter beeinflusst. Ich höre manchmal im Auto Musik, sonst aber eigentlich nicht.

TV SPIELFILM: Dabei sind Sie als Musiker ziemlich erfolgreich. Ihr "Alle Kinder dieser Erde", das Sie als Schlagerstar Bruce Berger in "Männerherzen" singen, wurde bei YouTube 1,5 Millionen Mal gespielt. Respekt.

VON DOHNÁNYI
: (lacht) Wahrscheinlich sehen die Leute doch lieber Komödien als ernste Stoffe wie "Das Experiment". Darauf gab es auch viel Resonanz. Aber nicht so wie auf "Männerherzen".

TV SPIELFILM: Nervt es nicht auch, für diese alberne Figur so viel mehr Zuspruch zu bekommen als für als die vielschichtigen Bösewichte?

VON DOHNÁNYI
: Nein. Auch auf Bruce Berger habe ich in der Vorbereitung viel Zeit und Energie verwandt, sogar Gesangsunterricht genommen. Ich wollte nicht nur eine Karikatur abliefern, sondern einen glaubwürdigen Schlagersänger.

TV SPIELFILM: Liegen Ihnen die komischen Rollen mehr? Weil Sie eigentlich ein alberner Typ sind?

VON DOHNÁNYI
: Ich suche dieses Element jedenfalls in den Figuren. Ich arbeite auch an sehr ernsten Drehbüchern. Beim Schreiben rutscht es mir immer wieder in Richtung Comedy aus. Ich sehe, was ich da getippt habe, amüsiere mich königlich und lösche es dann.

TV SPIELFILM: Und wie geht es weiter mit von Dohnányi und dem "Tatort"?

VON DOHNÁNYI
: Ich schreibe gerade das Drehbuch für den nächsten Fall von Kommissar Murot. Es wird in den Zirkus gehen. Diesmal wird aber eher der Fall im Vordergrund stehen, nicht die Halluzinationen.

Frank Aures
Tatort: Das Dorf
SO 4.12. ARD 20.15 Uhr