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Fenster in die Welt: "auslandsjournal"

Die große kleine Welt

Das "auslandsjournal" feiert 40. Geburtstag. Im Interview erklärt Moderator Theo Koll, warum Auslandsberichterstattung heute wichtiger ist denn je

DDR und BRD waren frisch in die UN aufgenommen worden, in Chile hatte sich General Pinochet an die Macht geputscht, und im Nahen Osten brach der Jom-Kippur-Krieg aus. Es waren bewegte Zeiten, als im Oktober 1973 das erste "auslandsjournal" auf Sendung ging.

auslandsjournal
MI, 30.10., ZDF, 22:15 Uhr
40 Jahre später zählt das Magazin zu den Prunkstücken des öffentlich-rechtlichen Info-Fernsehens - gerade weil die Welt kleiner geworden ist, wie Moderator Theo Koll unserem Interview erklärt.

Herr Koll, was fällt Ihnen als Erstes auf, wenn Sie alte Beiträge des "auslandsjournals" sehen?

THEO KOLL
: Die große weite Welt war damals wirklich noch groß und vor allem weit. Es war die Zeit großer Welterklärer, die das Erlebte für ein staunendes Publikum nach Hause transportierten.

Ist das heute nicht mehr so?

Heute ist die Welt noch groß, aber nicht mehr weit. Viele Zuschauer kennen die Welt aus
eigenem Erleben. Und wir alle wissen: "Außen" ist immer häufiger auch "innen"; was auf fernen Kontinenten passiert, kann uns unmittelbar betreffen.

Die Ferne ist näher an uns herangerückt?

Ja. Ereignisse im fernen Fukushima beeinflussen die Landtagswahl in Baden-Württemberg. Die Handhabung der Eurokrise, in welchem Land auch immer, hat Auswirkungen auf uns. Wir haben deshalb im ZDF auch die Abteilungen für Innen- und Außenpolitik zusammengelegt.
Wie zeigt sich das in den Beiträgen des "auslandsjournals"?

Wir versuchen in vielen Berichten, einen Bezug zum Leben bei uns herzustellen. Was können wir wo lernen? Und was auf keinen Fall? Was passiert gerade wo und hat welche Bedeutung für uns?

Haben Alltagsthemen gegenüber der großen Politik an Gewicht gewonnen?

Große Politik zeigt sich im Kleinen oft am deutlichsten. Wir versuchen deshalb, sooft es geht, große Politik über den Alltag der Menschen zu vermitteln.

Sind Sie mit dem Stellenwert der Auslandsberichterstattung im Fernsehen zufrieden?

Sehr zufrieden! Im ZDF haben wir nicht nur das "auslandsjournal", sondern auch die "auslandsjournal Dokumentation" und das "auslandsjournal Spezial". Und wir haben als einziger Sender europaweit eine tägliche Sendung mit Europanachrichten.

Welcher Bericht hat Sie zuletzt besonders beeindruckt?

Unser "auslandsjournal XXL" über Brasilien. Wir haben die dortigen Proteste begleitet und wurden Zeugen, wie durch soziale Netzwerke eine Bewegung so stark wurde, dass die Regierung nach einer Woche weitgehende Reformen ankündigen musste - wohlgemerkt in einem Land mit funktionierender Demokratie. Ich glaube, dass solche Prozesse künftig auch in anderen modernen Demokratien eine Rolle spielen werden.

Interview: C. Holst

auslandsjournal
MI, 30.10., ZDF, 22:15 Uhr