"Großes Kino" steht auf der Tür zum größten Saal des Lichtspielhauses, in das RTL die Presse geladen hatte. Das war ganz nach dem Geschmack von Stefan Raiser. "Der Film, den Sie gleich sehen werden, braucht eigentlich die große Leinwand", sagte der Filmproduzent in seiner kurzen Ansprache. Kaum fünf Minuten später sah man den Berliner Reichstag explodieren.

"Helden - Wenn dein Land dich braucht" heißt der Film, den RTL am Tag der Deutschen Einheit ausstrahlt. Und versprochen: Genauso großspurig wie der Titel kommt der gesamte Streifen daher. Es ist bereits der fünfte Eventkracher, den Raiser mit seiner Firma Dreamtool für den Kölner Sender verwirklicht hat. Und der bislang teuerste. Knapp acht Millionen hat er gekostet. Aussehen sollte er aber nach zwölf Millionen, umreißt der Produzent seinen Anspruch.
Popcorn-TV vom Bruckheimerle

Der Satz "viel hilft viel" beschreibt am besten das Credo des bekennenden Roland-Emmerich-Fans: Berühmte Darsteller, die spektakulärsten Special Effects, die für ein TV-Budget zu kriegen sind, und die volle Orchesterdröhnung sind Markenzeichen der Dreamtool-Produktionen. Popcorn-TV nennt Raiser das. Ihn selbst bezeichnet die Branche in einer Mischung aus Spott und Respekt als "Bruckheimerle".

Denn genau wie der US-Produzent Jerry Bruckheimer liebt Raiser krachige Action. Davon serviert "Helden" so viel wie selten ein TV-Film zuvor. Eine Million haben die Spezialeffekte gekostet. Für einige Szenen wurden große, um 90 Grad kippbare Sets gebaut, um die veränderte Schwerkraft durch ein künstlich geschaffenes schwarzes Loch zu simulieren.

Dass gigantomanische Hollywood-Ambition im TV-Format stets an der Grenze zur unfreiwilligen Komik wandelt, weiß Raiser. Zu umschiffen versucht er diese Gefahr auf seine ganz eigene Art: Wenn schon die Effekte nicht so toll aussehen wie bei Emmerich, dann muss dafür eben die Handlung ihre Hollywood-Vorbilder um mindestens eine Nummer überbieten.

Zwischen Irrwitz und Pathos

Zu unwahrscheinlich? Zu irrwitzig? Gibt es für einen Stefan Raiser nicht. Mal versinkt ein Kreuzfahrtschiff auf der Nordsee um ein Haar in einem Megastrudel ("Bermuda-Dreieck Nordsee"), mal überfällt der Physiker Albert Einstein in Wild-West-Manier einen Zug in Nazideutschland ("Die Jagd nach dem Bernsteinzimmer"). Es hat fast schon Ed-Wood'sche Züge, mit wie viel Unbekümmertheit und ehrlichem Enthusiasmus er sich und den Zuschauer in filmische Abs-trusitäten stürzt.

An denen mangelt es auch bei "Helden" nicht. Neu sind jedoch die patriotischen Töne, die der Produzent in "Helden" anschlägt. "In Deutschland hatte Patriotismus aus gutem Grund lange ein Geschmäckle. Filme wie Emmerich sie in Amerika gemacht hat, allen voran ,Independence Day' wären bei uns schon vom Vaterland-Pathos-Tonfall her nicht möglich gewesen. Das hat sich seit der tollen WM 2006 zum Glück geändert, findet er. Schön und gut. Aber ob ein als Bundeskanzler verkleideter Heiner Lauterbach das Publikum ähnlich aufwühlen kann wie Miro Klose im gegnerischen Strafraum, ist trotzdem fraglich. Keine Frage dagegen, wo mehr unfreiwillige Komik lauert.

Raiser ist es ernst mit seiner patriotischen Botschaft. Sein nächster Film soll von Arminius und der Varusschlacht handeln. Der Sieg der Germanen über die Römer wurde im 19. Jahrhundert zum nationalen Mythos verklärt. Was genau Stefan Raiser und Dreamtool aus dem Stoff machen, ist noch geheim. Vielleicht mal was mit Aliens?

Christian Holst

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