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"DIE PÄPSTIN"

Die Päpstin spaltet Kirche und Kino

Die Päpstin
Papst Johannes Anglicus (Johanna Wokalek) Constantin

Kann man einen Film fürs Kino drehen und aus demselben Material eine längere TV-Version basteln? Darum gab es bei "Die Päpstin" Streit

Für die einen ist es eine absurde Legende, für die anderen ein handfester Skandal, den die katholische Kirche seit 1200 Jahren mit allen Mitteln zu vertuschen versucht. Für die US-Amerikanerin Donna Woolfolk Cross war die Geschichte der Gelehrten Johanna von Ingelheim, die um 855 als Papst Johannes Anglicus auf dem Stuhle Petri gesessen haben soll, der perfekte Stoff für ihren Debütroman, der binnen Kurzem zum Bestseller avancierte - in Deutschland verkaufte sich "Die Päpstin" rund fünf Millionen Mal und gehört auch noch 15 Jahre nach Erscheinen zu den zehn beliebtesten Büchern.
Sönke Wortmann ("Das Wunder von Bern") hat die aus karolingischer Zeit bis in unsere Tage weitergeflüsterte Mär auf die Leinwand gebannt. Nun kommt sein Kinowerk in leicht gelängter Version ins Fernsehen. Dabei hat der Coup der Johanna nicht nur den Unwillen der Kirche erregt. Auch auf der Entstehungsgeschichte des Films lag kein Segen.

Die Münchner Constantin Film hatte sich schnell die Kinorechte gesichert und mit Oscar-Preisträger Volker Schlöndorff ("Die Blechtrommel") einen Regisseur verpflichtet, der mit opulenten literarischen Stoffen souverän umzugehen weiß. Doch dann kam es zum Streit.
Die Constantin wollte einen sogenannten Amphibienfilm drehen, der erst in einer kürzeren Fassung im Kino und später in einer zweiten, TV-tauglich umgeschnittenen Fassung im Fernsehen läuft. Auf diese Weise kann man einen Sender gleich als Co-Produzenten ins Boot holen. So geschehen bei "Baader Meinhof Komplex", "John Rabe" oder "Buddenbrooks", die allesamt von der ARD mitfinanziert wurden.

Schlöndorff schrieb zwei Fassungen: "Ich dachte immer, für einen Amphibienfilm müsse man zwei Drehbücher haben, das fürs TV mit entsprechenden dramaturgischen Momenten und Cliffhanger, aber es hieß nur lapidar: Ein Drehbuch genügt, für die kürzere Fassung nehmen wir einfach das Beste zusammen, die Struktur finden wir dann im Schneideraum." Empört kritisierte Schlöndorff das Vorhaben öffentlich - und wurde postwendend gefeuert.

Einmal drehen, zweimal verkaufen

Amphibienfilme sind oft ein Kompromiss zugunsten des Geldes: Das potente Fernsehen buttert kräftig dazu, und die Refinan-
zierung klappt besser, da deutsche TV-Produktionen in der Regel im Ausland mehr Abnehmer finden als deutsche Kinofilme. Missachtet wird dabei, dass sich Kino und TV künstlerisch - etwa bei Rhythmus und Lichtsetzung - nicht vertragen. So braucht ein TV-Zweiteiler am Ende des ersten Teils ein Spannungsmoment als Brückenschlag, der im Kinosaal deplatziert wäre.
Sönke Wortmann, der für den geschassten Schlöndorff kam, hatte dennoch keine Skrupel, einen Amphibienfilm zu drehen. "Die Länge eines Films ergibt sich aus der Geschichte. Die Vorlage ist ein sehr ausführlicher Roman, es war also klar, dass der Film an die zweieinhalb Stunden dauern würde." Genau 148 Minuten, die im Ersten auf 159 Minuten anwachsen - allerdings nicht von einer kurzen Pause um 21.40 Uhr unterbrochen, wie ursprünglich geplant, sondern als Einteiler im XXL-Format. Die 11 Minuten Extra stammen aus nicht benutztem Material wie etwa der beklemmend realistischen Hexenverbrennung, bei der Johannas Vater, ein verbohrter Dorfpriester, die treibende Kraft ist. "Eine meiner Lieblingsszenen", sagt Wortmann.

Statt Franka Potente, wie bei Schlöndorff vorgesehen, spielt bei ihm Johanna Wokalek die Rolle der klugen Johanna, die sich als Mann verkleidet, um im Kloster Fulda studieren und später als Heiler(in) arbeiten zu können. Mutig gab sie sich in seine Hand und ließ sich sogar eine Tonsur scheren. "Die war zwar nur ein kleiner Ausschnitt auf meinem Kopf, aber ein gewaltiger Einschnitt in mein Leben. Das Gefühl der Veränderung ist unvorstellbar. Es ist schrecklich und toll zugleich. Für die Rolle war es unverzichtbar. Aber privat war ich heilfroh, als die Haare wieder nachgewachsen waren."

Wokaleks Einsatz hat sich gelohnt. "Die Päpstin" hatte 2,5 Millionen Kinozuschauer, obwohl die Kritiken durchwachsen waren; zu elegisch ist das Tempo, in dem Wortmann erzählt, zu bieder die Inszenierung. Aber: Das für deutsche Verhältnisse hohe Budget von 20 Millionen Euro hat der Film schon an der Kinokasse eingespielt. Die Erlöse aus dem Verkauf der TV-Rechte sind also nur das Sahnehäubchen.

Susanne Sturm