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"Der blinde Fleck - Das Oktoberfestattentat"

Investigative Glanzleistung

Was kann ein Film erreichen? Das Dokudrama "Der blinde Fleck - Das Oktoberfestattentat" (MI, 4.2.) zeigt: ziemlich viel.

Münchner gehen nicht über den Haupteingang auf die Wies'n", sagt Regisseur Daniel Harrich, "weil da mal was war." Was genau am Abend des 26. September 1980 passierte, als beim bis heute schwersten Anschlag in der Bundesrepublik Deutschland 13 Menschen starben und 200 zum Teil schwer verletzt wurden, weiß allerdings niemand. Auch Harrich nicht, der mit seinem Film "Der blinde Fleck" zunächst nur an ein Ereignis erinnern wollte, das offensichtlich in Vergessenheit geraten war.

Was nach der Ausstrahlung passierte (der Film wurde im Bayerischen Landtag gezeigt, lief im Kino und am 10. Oktober auf Arte), hätten sich Harrich und der Reporter Ulrich Chaussy, der die Hintergründe des Attentats seinerzeit recherchierte und dessen Geschichte der Film erzählt, nicht träumen lassen. "Es ist das erste Mal, dass die Bundesanwaltschaft ein abgeschlossenes Verfahren wieder aufnimmt", so Harrich sichtlich bewegt.
Tatsächlich könnte der dokudramatische Politthriller 34 Jahre nach dem Attentat ein politisches Erdbeben auslösen: Die Macher nahmen Einsicht in angeblich vernichtete Spurenakten, stießen bei ihrer Recherche auf eklatante Ermittlungspannen bis in höchste Geheimdienstkreise.

Im Kern geht es darum, dass damals Indizien, die darauf hindeuteten, dass der rechtsextreme Atten­täter kein Einzeltäter war, nicht nachgegangen wurde. Zum Warum gibt sich Harrich bedeckt: "Es gibt verschiedene Theorien. Fest steht, analog zur Mordserie des NSU wurde der Rechtsterrorismus damals verharmlost. Es bleibt spannend zu beobachten, was die nächsten Wochen und Monate passiert."

Wie starb Jenny Böken?

Auch im Fall Jenny Böken könnte ein Spielfilm demnächst neue Ermittlungen in Gang setzen. Das jedenfalls hoffen die Eltern der jungen Kadettin, die in der Nacht des 3. September 2008 aus nach wie vor ungeklärten Umständen über Bord des Marinesegelschulschiffs "Gorch Fock" ging und dabei ums Leben kam. UFA-Fiction-Produzent Nico Hofmann ("Der Fall Jakob von Metzler") hat sich jedenfalls die Persönlichkeitsrechte gesichert.

"Vielleicht hilft eine Verfilmung dabei, die Umstände ihres Todes zu klären", sagen die Eltern Marlis und Uwe Böken, die seit Längerem versuchen, den Fall neu aufzurollen, um Klarheit darüber zu gewinnen, was damals wirklich an Deck geschah. Als Jenny Böken gefunden wurde, trug sie keine Stiefel, laut Obduktionsbericht hatte sie kein Wasser in der Lunge.

Um den aktuellen Entwicklungen genüge zu tun, wird "Der blinde Fleck - Das Oktoberfestattentat" am 4. Februar im Rahmen eines ganzen Themenabends im Ersten ausgestrahlt. Im Anschluss läuft die TV-Doku "Attentäter - Einzeltäter? Neues zum Oktoberfestattentat". Im Internet ist zudem eine Webdokumentation abrufbar, die Einblick in die Rechercheergebnisse bietet: www.oktoberfest-attentat.de

Heiko Schulze

Der blinde Fleck - Das Oktoberfestattentat
MI 4.2. ARD 20.15 Uhr