Als ich Sie im Herbst des vergangenen Jahres im Rahmen eines Gesprächs nach dem Begreifen von Schönheit befragte, antworteten Sie mir: "Man muss mehr als sehen können. Man muss erfassen und fühlen können, was man sieht." Mit welchen Mitteln sorgen Sie als Schauspielerin dafür, dass die Zuschauer zu Hause Ihre Rollen nicht nur sehen, sondern auch fühlen, spüren können?
ULRIKE FOLKERTS Damit die Zuschauer über das Sehen hinaus auch über das Fühlen und persönliche Erleben etwas verstehen können, bedarf es einer einfachen, ganz klaren, eindeutigen Darstellung, die glaubwürdig ist, authentisch und sicher auch einer gewissen Ausstrahlung bedarf.
Zu ihrem 25 jährigen Dienstjubiläum bekannte Kommissarin Odenthal: "Ich bin einsam, oft. Ich wünsch mir auch ein anderes Leben manchmal." Letztes Jahr jährte sich ihr Eintritt in die Schauspielwelt durch Besuch der Hannoveraner Hochschule für Musik, Theater und Medien zum 30. Mal - wie lautet Ihr Fazit zum Dienstjubiläum?
ULRIKE FOLKERTS Im Rückblick gefällt mir der Weg, den ich hinter mir habe, sehr gut. Ich bin sehr glücklich mit meinem Beruf, weil ich schöne Aufgaben habe. Neben dem Tatort, der mich sehr bekannt gemacht hat, spiele ich in unterschiedlichsten Filmen verschiedenste Rollen, jetzt gerade Theater in Hamburg (Hamburger Kammerspiele: "Chuzpe"). Ich lerne dazu und freue mich auf alles, was als Herausforderungen auf mich wartet.
ULRIKE FOLKERTS Damit die Zuschauer über das Sehen hinaus auch über das Fühlen und persönliche Erleben etwas verstehen können, bedarf es einer einfachen, ganz klaren, eindeutigen Darstellung, die glaubwürdig ist, authentisch und sicher auch einer gewissen Ausstrahlung bedarf.
Zu ihrem 25 jährigen Dienstjubiläum bekannte Kommissarin Odenthal: "Ich bin einsam, oft. Ich wünsch mir auch ein anderes Leben manchmal." Letztes Jahr jährte sich ihr Eintritt in die Schauspielwelt durch Besuch der Hannoveraner Hochschule für Musik, Theater und Medien zum 30. Mal - wie lautet Ihr Fazit zum Dienstjubiläum?
ULRIKE FOLKERTS Im Rückblick gefällt mir der Weg, den ich hinter mir habe, sehr gut. Ich bin sehr glücklich mit meinem Beruf, weil ich schöne Aufgaben habe. Neben dem Tatort, der mich sehr bekannt gemacht hat, spiele ich in unterschiedlichsten Filmen verschiedenste Rollen, jetzt gerade Theater in Hamburg (Hamburger Kammerspiele: "Chuzpe"). Ich lerne dazu und freue mich auf alles, was als Herausforderungen auf mich wartet.
Im vergangenen Jahr haben Sie in Prag den Film "Das goldene Ufer" gedreht, der am 5. April im ZDF ausgestrahlt werden wird. Was hat Sie an der Rolle der garstigen Gräfin von Rennitz so gereizt, dass Sie Ihre Teilnahme an dem Dreh zugesagt haben?
ULRIKE FOLKERTS Nach einem Gespräch mit dem Regisseur Christoph Schrewe hatte ich ein ganz klares Gefühl zu diesem Projekt. Christoph hat mir sehr genau beschrieben, worum es ihm in dem Film gehen wird, wie sehr er bemüht sein wird genau diese Zeit ein zu fangen, die unterschiedliche Sprache der unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten, das Aufbegehren der jungen Gisela, das Drama der Familie Rennitz um ihren Sohn, um den Erhalt ihres Gutes, ihres Status, ihrer Macht.
Die Rolle der Elfreda von Rennitz, der Gräfin, gefiel mir sofort, weil sie nicht einfach garstig ist, sondern eine unendlich große Angst hat, alles zu verlieren, und deshalb mit ihren Mittel der Macht versucht, den Aufruhr zu stoppen. Dafür schlägt sie auch schon mal zu, es ist die pure Ohnmacht.
Hatten Sie die gleichnamige Romanvorlage des Autoren-Duos Iny Lorentz zu diesem Zeitpunkt schon gelesen oder haben Sie das nach Annahme der Rolle nachgeholt?
ULRIKE FOLKERTS Den Roman habe ich sogar erst nach den Dreharbeiten gelesen.
"Das goldene Ufer" ist der erste Teil von Lorentz'' so genannter "Auswanderer-Reihe". Haben Sie selbst schon einmal darüber nachgedacht, Deutschland den Rücken zuzukehren und auszuwandern? Wenn nicht: Was müsste geschehen, dass Sie zu einem solchen Schritt greifen würden?
ULRIKE FOLKERTS Klar habe ich darüber nachgedacht und tue es zwischen durch immer wieder mal. Das scheitert natürlich in erster Linie daran, dass ich im Ausland nicht arbeiten könnte wie hier. Echte Fluchtgedanken plagen mich nicht, eher der Wunsch nach Wärme und Licht nach einem langen Winter in Deutschland.
Gemeinsam mit Ihrer Partnerin gründeten Sie 2005 den Verein kulturvoll e.V., der es sich zur Aufgabe gemacht hat, sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche kulturell zu fördern. In einer Videobotschaft gaben Sie ein nicht ganz unambitioniertes Ziel zu Protokoll: "Wir wollen mithelfen, die Welt zu verändern." Wie sieht die Welt aus, die Sie mit Ihrem Engagement schaffen möchten?
ULRIKE FOLKERTS Es geht uns darum zu vermitteln, dass jede/r etwas wert ist in dieser Gesellschaft, jede/r eine Verantwortung trägt mitzuwirken, miteinander statt gegeneinander. Außerdem scheint mir wichtig zu sein, zu lernen, dass Fehler im Leben dazugehören, dass es oft mehrere Lösungen für ein Problem gibt, dass Kreativität dazu geeignet ist, unterschiedlichste Lösungswege zu finden - und dass Scheitern zum Leben dazugehört und man daran wächst!
Fernsehen, YouTube und soziale Medien spielen bei der Bildung von Kindern inzwischen die größere Rolle als von Eltern ausgewählte Bücher oder die Schule. Spielt die Schulung der Medienkompetenz von Kindern auch eine Rolle in Ihrem Verein?
ULRIKE FOLKERTS In unseren Kreativferien, die wir als Stipendien vergeben, geht es vor allem um eine Förderung der Selbstwahrnehmung und der sozialen Kompetenz der Kinder. Es geht z.B. um gemeinsam Essen, um gegenseitiges Zuhören, untereinander Probleme ansprechen, und natürlich darum seine Talente, seine Fähigkeiten kennen zu lernen.
Sie haben sich schon früh für die Rechte Homosexueller eingesetzt und offen über ihre sexuelle Orientierung und ihr Privatleben gesprochen. Seither ist gesellschaftlich wie juristisch unglaublich viel erreicht worden. Wo sehen Sie derzeit die größten Baustellen in Punkto Gleichberechtigung bzw. Abbau von Diskriminierung?
ULRIKE FOLKERTS Ganz sicher geht es nach wie vor um die Frauenquote im Allgemeinen. Auch in der Film- und TV-Landschaft herrscht da ein ungeheures Ungleichgewicht. Im Bereich Autoren/innen, Regie/Kamera, aber auch vor der Kamera bzgl. Rollenvielfalt sind die Zahlen erschreckend. Im besten Fall ein Drittel Frauen, zwei Drittel Männer. Diese Unverhältnismäßigkeit empfinde ich auch als Diskriminierung, genauso wie die immer noch schlechtere Bezahlung von Frauen für gleiche Arbeit.
Glauben Sie daran, dass Künstler eine naturgemäße Aufgabe haben, die Zustände in ihren Gesellschaften zu hinterfragen und zu ihrer Veränderung beizutragen?
ULRIKE FOLKERTS Bildende Kunst, darstellende Kunst, Musik, Tanz, etc. - all diese Bereiche setzen sich mit gesellschaftlichen Themen auseinander und können hinterfragen, dürfen in Frage stellen, haben sich zur Aufgabe gemacht zu provozieren oder nutzen die Chance Visionen aufzumachen!
Ob das zu Veränderungen führt, ist schwer nachweisbar. Es ist aber im besten Fall eine Bereicherung, eine neue Dimension, über etwas nachzudenken, eine andere Betrachtung der Realität, ein neuer Blickwinkel. Und dann ist es jedem selbst überlassen, davon etwas mitzunehmen, darüber neu zu denken, Anregungen zuzulassen oder nicht.
Haben Sie das Gefühl, eine Aufgabe im Leben zu haben, einen ganz bestimmten Sinn zu erfüllen?
ULRIKE FOLKERTS Für mich war es wichtig zu verstehen, dass ich dieses eine Leben habe. Dieses eine Leben steht mir zur Verfügung, um eine gute Zeit zu verbringen, und es ist meine Entscheidung, wie ich das tue, mit wem, wo und auf welchem Weg. Das Ganze bekommt einen Sinn für mich, wenn ich Erlebtes teilen kann, dass ich lieben kann und etwas zu geben habe. Das fühlt sich toll an.
Welche Abenteuer können Sie so richtig genießen - und wo endet Ihr ganz persönlicher Flirt mit der Unberechenbarkeit?
ULRIKE FOLKERTS Jede neue Rolle ist eine herrliche Herausforderung, vor allem Theaterspielen, live auf der Bühne, ist ein echter Kitzel. Auch mit über Fünfzig Klettern lernen trotz Höhenangst war eine echte Höchstleistung, dazu die Welt bereisen, neue Länder kennenlernen, eines meiner liebsten Abenteuer...
Extremsportarten wie Freeclimbing in schwindelnder Höhe oder Tiefseetauchen, 120km rennen oder durch den Ärmelkanal schwimmen - nein, das will ich nicht können, reizt mich nicht und so ganz verstehe ich es auch nicht, warum Menschen solche Extreme suchen.
Die Fragen stellte Nicolas Flessa.
Das goldene Ufer
SO, 5.4., ZDF, 20:15 Uhr
ULRIKE FOLKERTS Nach einem Gespräch mit dem Regisseur Christoph Schrewe hatte ich ein ganz klares Gefühl zu diesem Projekt. Christoph hat mir sehr genau beschrieben, worum es ihm in dem Film gehen wird, wie sehr er bemüht sein wird genau diese Zeit ein zu fangen, die unterschiedliche Sprache der unterschiedlichen gesellschaftlichen Schichten, das Aufbegehren der jungen Gisela, das Drama der Familie Rennitz um ihren Sohn, um den Erhalt ihres Gutes, ihres Status, ihrer Macht.
Die Rolle der Elfreda von Rennitz, der Gräfin, gefiel mir sofort, weil sie nicht einfach garstig ist, sondern eine unendlich große Angst hat, alles zu verlieren, und deshalb mit ihren Mittel der Macht versucht, den Aufruhr zu stoppen. Dafür schlägt sie auch schon mal zu, es ist die pure Ohnmacht.
Hatten Sie die gleichnamige Romanvorlage des Autoren-Duos Iny Lorentz zu diesem Zeitpunkt schon gelesen oder haben Sie das nach Annahme der Rolle nachgeholt?
ULRIKE FOLKERTS Den Roman habe ich sogar erst nach den Dreharbeiten gelesen.
"Das goldene Ufer" ist der erste Teil von Lorentz'' so genannter "Auswanderer-Reihe". Haben Sie selbst schon einmal darüber nachgedacht, Deutschland den Rücken zuzukehren und auszuwandern? Wenn nicht: Was müsste geschehen, dass Sie zu einem solchen Schritt greifen würden?
ULRIKE FOLKERTS Klar habe ich darüber nachgedacht und tue es zwischen durch immer wieder mal. Das scheitert natürlich in erster Linie daran, dass ich im Ausland nicht arbeiten könnte wie hier. Echte Fluchtgedanken plagen mich nicht, eher der Wunsch nach Wärme und Licht nach einem langen Winter in Deutschland.
Gemeinsam mit Ihrer Partnerin gründeten Sie 2005 den Verein kulturvoll e.V., der es sich zur Aufgabe gemacht hat, sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche kulturell zu fördern. In einer Videobotschaft gaben Sie ein nicht ganz unambitioniertes Ziel zu Protokoll: "Wir wollen mithelfen, die Welt zu verändern." Wie sieht die Welt aus, die Sie mit Ihrem Engagement schaffen möchten?
ULRIKE FOLKERTS Es geht uns darum zu vermitteln, dass jede/r etwas wert ist in dieser Gesellschaft, jede/r eine Verantwortung trägt mitzuwirken, miteinander statt gegeneinander. Außerdem scheint mir wichtig zu sein, zu lernen, dass Fehler im Leben dazugehören, dass es oft mehrere Lösungen für ein Problem gibt, dass Kreativität dazu geeignet ist, unterschiedlichste Lösungswege zu finden - und dass Scheitern zum Leben dazugehört und man daran wächst!
Fernsehen, YouTube und soziale Medien spielen bei der Bildung von Kindern inzwischen die größere Rolle als von Eltern ausgewählte Bücher oder die Schule. Spielt die Schulung der Medienkompetenz von Kindern auch eine Rolle in Ihrem Verein?
ULRIKE FOLKERTS In unseren Kreativferien, die wir als Stipendien vergeben, geht es vor allem um eine Förderung der Selbstwahrnehmung und der sozialen Kompetenz der Kinder. Es geht z.B. um gemeinsam Essen, um gegenseitiges Zuhören, untereinander Probleme ansprechen, und natürlich darum seine Talente, seine Fähigkeiten kennen zu lernen.
Sie haben sich schon früh für die Rechte Homosexueller eingesetzt und offen über ihre sexuelle Orientierung und ihr Privatleben gesprochen. Seither ist gesellschaftlich wie juristisch unglaublich viel erreicht worden. Wo sehen Sie derzeit die größten Baustellen in Punkto Gleichberechtigung bzw. Abbau von Diskriminierung?
ULRIKE FOLKERTS Ganz sicher geht es nach wie vor um die Frauenquote im Allgemeinen. Auch in der Film- und TV-Landschaft herrscht da ein ungeheures Ungleichgewicht. Im Bereich Autoren/innen, Regie/Kamera, aber auch vor der Kamera bzgl. Rollenvielfalt sind die Zahlen erschreckend. Im besten Fall ein Drittel Frauen, zwei Drittel Männer. Diese Unverhältnismäßigkeit empfinde ich auch als Diskriminierung, genauso wie die immer noch schlechtere Bezahlung von Frauen für gleiche Arbeit.
Glauben Sie daran, dass Künstler eine naturgemäße Aufgabe haben, die Zustände in ihren Gesellschaften zu hinterfragen und zu ihrer Veränderung beizutragen?
ULRIKE FOLKERTS Bildende Kunst, darstellende Kunst, Musik, Tanz, etc. - all diese Bereiche setzen sich mit gesellschaftlichen Themen auseinander und können hinterfragen, dürfen in Frage stellen, haben sich zur Aufgabe gemacht zu provozieren oder nutzen die Chance Visionen aufzumachen!
Ob das zu Veränderungen führt, ist schwer nachweisbar. Es ist aber im besten Fall eine Bereicherung, eine neue Dimension, über etwas nachzudenken, eine andere Betrachtung der Realität, ein neuer Blickwinkel. Und dann ist es jedem selbst überlassen, davon etwas mitzunehmen, darüber neu zu denken, Anregungen zuzulassen oder nicht.
Haben Sie das Gefühl, eine Aufgabe im Leben zu haben, einen ganz bestimmten Sinn zu erfüllen?
ULRIKE FOLKERTS Für mich war es wichtig zu verstehen, dass ich dieses eine Leben habe. Dieses eine Leben steht mir zur Verfügung, um eine gute Zeit zu verbringen, und es ist meine Entscheidung, wie ich das tue, mit wem, wo und auf welchem Weg. Das Ganze bekommt einen Sinn für mich, wenn ich Erlebtes teilen kann, dass ich lieben kann und etwas zu geben habe. Das fühlt sich toll an.
Welche Abenteuer können Sie so richtig genießen - und wo endet Ihr ganz persönlicher Flirt mit der Unberechenbarkeit?
ULRIKE FOLKERTS Jede neue Rolle ist eine herrliche Herausforderung, vor allem Theaterspielen, live auf der Bühne, ist ein echter Kitzel. Auch mit über Fünfzig Klettern lernen trotz Höhenangst war eine echte Höchstleistung, dazu die Welt bereisen, neue Länder kennenlernen, eines meiner liebsten Abenteuer...
Extremsportarten wie Freeclimbing in schwindelnder Höhe oder Tiefseetauchen, 120km rennen oder durch den Ärmelkanal schwimmen - nein, das will ich nicht können, reizt mich nicht und so ganz verstehe ich es auch nicht, warum Menschen solche Extreme suchen.
Die Fragen stellte Nicolas Flessa.
Das goldene Ufer
SO, 5.4., ZDF, 20:15 Uhr