Das Alter hat seine Spuren hinterlassen. Aber resigniert, das haben sie nie, die sieben Frauen und sechs Männer zwischen Ende 60 und Mitte 80, die sich in dem Drama "Altersglühen" treffen, um einen Partner zu finden. Sieben Minuten Zeit haben sie für jedes Date, dann wechseln sie den Partner.

Macht sechs mal sieben Minuten für die große Liebe. Oder für die ernüchternde Erkenntnis, dass man nicht zueinanderpasst.
Speeddating für Senioren gibt es tatsächlich. "Altersglühen"-Regisseur Jan Georg Schütte wurde durch eine 3sat- Doku darauf aufmerksam. Im Unterschied zu einer Komödie wie "Shoppen" seziert sein Film nicht mit scharfem Blick die Paarungsrituale der Großstadt.

Für den 51-Jährigen steht etwas anderes im Vordergrund: "Mir kommt in Filmen die schauspielerische Fantasie oft zu kurz", sagt er. "Diesmal ordnet sich alles dem Improvisationstalent der Darsteller unter." "Alters glühen" ist vor allem ein Anlass, um Schauspielern die Möglichkeit zu geben, ihre Kreativität auszuleben.

Schon in früheren Filmen wie "Die Glücklichen" (2008) und "Swinger Club" (2006) hatte Schütte darauf verzichtet, den Darstellern Dialoge vorzuschreiben, und sich mit Charakterskizzen begnügt. Ein Angebot, das viele Stars reizt.

"Improvisieren ist etwas Herrliches. Im Leben wie in meinem Beruf", so Senta Berger. Und Michael Gwisdek (Deutscher Filmpreis für "Oh Boy") erklärte dem Regisseur am Telefon: "Nee, ick brauch Sie nicht treffen, ick kann det. Kann morjen losjehen."

Mario Adorf, als Perfektionist bekannt, reizte die "prickelnde Angst vor dem Sprung ins kalte Wasser". Das Arbeiten ohne Netz und doppelten Boden war nicht nur für die Schauspieler aufregend, sondern auch für Regie und Technik. Gedreht wurde im Juni 2013 in Hamburg quasi unter Livebedingungen, mit 19 Kameras, die um die sechs Tische gruppiert waren, an denen um die Wette geflirtet wurde.
Von außen kann man diesen Prozess eigentlich kaum noch steuern. Schütte hat sich deshalb eine Rolle geschrieben. Er taucht im Film als Veranstalter des Datings auf. So ist er legitimiert, durchs Bild zu laufen, und kann dabei, vom Zuschauer unbemerkt, zugleich als Regisseur die Schauspieler lenken.

Ein Jahr Arbeit im Schneideraum

Jan Georg Schütte hat zu "Altersglühen" bereits ein
Hörspiel gemacht. Doch der Film stellte ihn vor ganz andere Herausforderungen. Drei Monate hatte er eingeplant, um aus 1300 Minuten Rohmaterial einen Film von 85 Minuten zu schneiden. Am Ende verbrachte er ein ganzes Jahr im Schneideraum, erstellte 70 unterschiedliche Fassungen.

Dabei sprang noch eine sechsteilige Serie heraus, deren Folgen sich einzelnen Charakteren des Films widmen. Danach wechselt Schütte erst einmal die Seiten: In der Bretagne steht er als Schauspieler für die ARD-Krimireihe "Kommissar Dupin" vor der Kamera. Im Vergleich zur Regiearbeit eine Erholung.

R. Unruh

Altersglühen - Speed Dating für Senioren
MI 12.11. Das Erste 20.15 Uhr

Altersglühen - Die Serie im TV
ab DO 13.11. WDR 23.15 Uhr