Manche Menschen würden es sich auf die Stirn tätowieren lassen, dass sie mit Brad Pitt vor der Kamera gestanden haben. Nicht so Alicia von Rittberg. Beim Interview in München, wo sie aufgewachsen ist, erwähnt die Schauspielerin erst nach einer Dreiviertelstunde und fast beiläufig die Dreharbeiten zu "Fury" im Dezember 2013.

Alicia von Rittberg spielt in dem 80 Millionen Dollar teuren Weltkriegsdrama eine junge Frau in Nazideutschland. Die Liste ihrer Kollegen am Set in London liest sich wie ein Who's Who Hollywoods: Brad Pitt, Shia LaBeouf, "Percy Jackson"-Darsteller Logan Lerman, "Harry Potter"-Star Jason Isaacs, Jon Bernthal usw. Wie schafft es eine junge Deutsche in diesen erlauchten Kreis?

Die Hebamme
DI 25.3. Sat.1 20.15 Uhr
"Ich war gerade bei meiner Agentin, als der Anruf der Castingagentur aus London kam", erinnert sich Alicia von Rittberg. Dann ging alles ganz schnell. Sie probte einige Szenen aus dem Drehbuch, eine Freundin nahm sie dabei mit dem iPhone auf und mailte die Datei nach England. Als Alicia zum persönlichen Vorsprechen eingeladen wurde, erlebte sie eine Überraschung. Statt der von ihr einstudierten Dialoge war der Regisseur David Ayer ("End of Watch") an etwas ganz anderem interessiert: "Ich sollte spielen, wie jemand vor mir stirbt, oder mit einem Baby reden. Er wollte wissen, welche Bandbreite an Gefühlen ich abrufen kann."

Das Ergebnis überzeugte. Alicia bekam den Part. Und durfte mit Brad Pitt drehen. Am meisten hat sie seine Intensität beeindruckt. "Er ist immer auf den Punkt da und unglaublich konzentriert, da könnte ich mir Tausende Scheiben von abschneiden", sagt sie und lacht. Von Starallüren keine Spur. Auch Shia LaBeouf ging nach ihrer Beobachtung ganz in seiner Rolle auf und hielt sich an die eiserne Hollywood-Regel: erst die Arbeit, dann das Vergnügen.

In Deutschland ist alles etwas kleiner, nur Alicia von Rittbergs Enthusiasmus nicht. Sie hat viel von der Lotte, die sie in der Sat.1-Bestsellerverfilmung "Die Hebamme" spielt. Sie spricht sehr schnell, lacht laut und gern und genießt das Leben in vollen Zügen. Nur bei den Geburten, denen sie als angehende Hebamme im Marburg des Jahres 1799 beiwohnt, ertrank die gute Laune zeitweise im Kunstblut: "Da kriegt man schon mal Bauchschmerzen, wenn man sieht, wie ohne Desinfektionsmittel und mit seltsamen Instrumenten die Kinder ans Licht der Welt geholt wurden."

Mit Hauptdarstellerin Josefine Preuß alberte sie sich hinterher den Schreck von der Seele. Die beiden sind im Film beste Freundinnen und seit dem Dreh auch privat in engem Kontakt. Wobei Alicia von Rittberg weniger Zeit als die meisten ihrer Altersgenossinnen haben dürfte: Die 20-Jährige mit einem Faible für Zahlen und Mathematik studiert an der Zeppelin Universität in Friedrichshafen am Bodensee einen Mix aus Betriebswirtschafts- und Volkswirtschaftslehre.

Im vergangenen Jahr schrieb sie eine Klausur in einem Hotelzimmer in England unter Aufsicht eines strengen Londoner Notars: Wegen des "Fury"-Drehs konnte sie nicht an ihre Uni. Das war früher, als sie noch zur Schule ging, unkomplizierter. Mit 16 spielte sie die junge Romy Schneider, ein Jahr später war sie in "Das Geheimnis der Wale" an der Seite von Veronica Ferres zu sehen.

Nach dem Abi legte Alicia von Rittberg eine Pause ein. Doch das Fernsehen ließ sie nicht los. Gerade hat sie mit Dominik Graf dessen neuen Krimi "Die reichen Leichen" abgedreht. Für das Heimkinddrama "Und alle haben geschwiegen" erhielt sie 2013 den Bayerischen Fernsehpreis. Es dürfte nicht der letzte gewesen sein.

Rainer Unruh

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