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Interview mit Brendan Fraser

"Den Wind zu jagen"

Den Wind zu jagen
"Ausnahmesituation": Brendan Fraser als besorgter Vater auf der Suche nach einem Heilmittel

Basierend auf einer wahren Geschichte erzählt das Familiendrama "Ausnahmesituation" (Kinostart: 11.3.2010) die Geschichte eines Vaters auf der Suche nach einem Heilmittel für seine kranken Kinder. Hauptdarsteller Brendan Fraser im Interview.

Warum wollten Sie bei diesem Film mit dabei sein?

BRENDAN FRASER Weil die Figur, die ich hier spiele, mit nichts vergleichbar ist, was ich bislang auf dem Schirm hatte. Die meisten Charaktere sind Fabrikationen, kultiviert aus bestimmten Aspekten einer Persönlichkeit, echt und unecht. In diesem Fall ist John Crowley, den ich hier spiele, sehr lebendig. An mich war jedenfalls schon seit ziemlich langer Zeit kein Produzent mehr mit dem Wunsch herangetreten, solch einen Charakter zu spielen.

Was hat sich für Sie als die größte Herausforderung gezeigt?

BRENDAN FRASER Genau das: Die größte Herausforderung war für mich, einen Mann zu spielen, der wirklich am Leben ist. Ich habe lernen müssen, dass ich ihn gar nicht spielen muss, ich musste nur in 90 Minuten zusammenfassen, wer er ist. Ich musste seinen Spirit erfassen und dabei besondere Sorgfalt auf die Dinge legen, die er erreicht hat. Das war meine Verantwortung gegenüber John und seiner Familie. Ebenso fühlte ich mich diesem sehr spezialisierten Zweig der medizinischen Forschung verantwortlich, der als direkte Folge von all dem voranschreitet, was er getan hat. Er ganz allein hat Ärzte und Forscher auf seinen Fall eingeschworen. Als seine Tochter von Blitz und Donner getroffen wurde, entschied er sich, den Wind zu jagen.
Aileen Crowley (Keri Russell) hat Angst um ihr Kind
Sie selbst sind mehrfacher Vater, wie sehr können Sie sich mit dieser Entscheidung identifizieren?

BRENDAN FRASER Absolut. Vor allem, da ich ein Vater von drei Söhnen bin, die zwar körperlich sehr gesund sind, aber auch ein bisschen waghalsig sein können. Kinder machen dich zu besseren Eltern. Man würde sich ohne zu zögern vor einen Zug werfen, um ihnen zu helfen, das ist so.

Sie haben schon etliche eher Kinder-orientierte Filme gemacht, dieser hier ist deutlich erwachsener. Heißt das, je älter Ihre Kinder werden, desto mehr wenden Sie sich erwachseneren Themen zu?

BRENDAN FRASER Niemals. Warum sollte ich das tun. Manchmal willst du Fast Food und manchmal französische Gourmetküche. Ich liebe meine Arbeit - das erklärt vielleicht "Monkey Bone"! (lacht)

John Crowley ist ein sehr mutiger Mann, gerade wenn es um seine Kinder geht. Glauben Sie, dass Sie seine elterlichen Fähigkeiten teilen?

BRENDAN FRASER Wie ich schon sagte: Es gibt nichts, das ich nicht für meine Kinder tun würde, wenn sie in Gefahr wären. Gott behüte, dass ich mich in derselben Situation wiederfinde wie John. John ist eines der am prinzipientreuesten Individuen, das ich je das Vergnügen hatte zu treffen. Ich finde unseren Film auch deshalb so inspirierend, weil er auf Wahrheit basiert.

Hätten Sie die Rolle vielleicht anders gespielt, wenn Sie kein Vater wären?

BRENDAN FRASER Nein, das glaube ich nicht. Mich hat gerade die Tatsache gepackt, dass ich als Vater diese Herausforderung so gut nachvollziehen konnte. Hier war ein Mann, der ein Ergebnis haben wollte, und nur ein "Nein" zu hören bekam. Dann hat er dieses "Nein" in ein "Vielleicht" verwandelt und schließlich in ein "Ja".
Ohne zu morbide erscheinen zu wollen: Glauben Sie, es gibt einen Zeitpunkt, an dem man einfach loslassen sollte und das Leiden beenden?

BRENDAN FRASER Es ist uns nicht bestimmt, das Leben anderer zu beenden. Aber natürlich wollen wir das Leiden jener, die krank sind, erträglicher machen. Crowley hat nur nach einer Behandlungsmöglichkeit gesucht, nicht nach einer Wunderheilung. Es bringt es genau auf den Punkt, wie er seiner Tochter Megan erzählt, dass sie alt werden wird. Heute ist sie 13 Jahre alt und hat ihr Outfit für die Premiere selbst ausgesucht. Diese Krankheit betrifft den Körper, nicht den Geist. Sie ist exakt der Grund, warum wir jemanden nicht im Stich lassen sollten, für den es unserer Ansicht nach keine Hoffnung mehr gibt.

Wie können Wirtschaftsunternehmen Teil der Lösung dieser medizinischen Probleme sein?

BRENDAN FRASER Als Johns Geschichte auf der Titelseite des "Wall Street Journal" bekannt wurde, ging es immer nur darum, wie dieser eine Mann hunderte von Millionen von Dollar aufbringen konnte. Wie hat er das hingekriegt, nur weil eines seiner Kinder krank war? Es gibt gerade wieder große Debatten in diesem Land über das Gesundheitssystem, aber ich hoffe, dass es wieder zu einem Dialog kommt, vielleicht auch durch diesen Film. Miteinander sprechen hilft Konflikte lösen. Johns Erfolg lag auch darin begründet, dass er einen Abschluss in Harvard hat und wusste, welche Sprache er benutzen musste. Er hat all seine persönlichen Bedürfnisse beiseite gelegt, um diese heikle Frage beantwortet zu bekommen: Welchen Wert hat das menschliche Leben. Ich bin so froh, dass Harrison Ford sich bereit erklärt hat, diesen Film zu machen.
Harrison Ford (l.) spielt den Wissenschaftler Dr. Robert Stonehill, der John Crowley (Brendan Fraser) hilft
Hat es Ihren Frust über das ganze Gesundheitssystem vielleicht noch gesteigert, diesen Film zu drehen?

BRENDAN FRASER Meine persönliche Ansicht ist, warum nicht mehr Geld für die Gesundheitsvorsorge ausgeben? Weltweit wird das Geld mit vollen Händen für ganz andere Dinge ausgegeben.

Man denke nur, wieviel für Kriege ausgegeben wird. Wenn man das für Medizin und Forschung ausgeben würde, könnte man eine ganze Menge mehr Heilmittel finden.

BRENDAN FRASER Ja, das ist eine Möglichkeit, aber dazu könnte Harrison Ihnen die besseren Antworten geben. Ich bekomme nur ein Drehbuch, das mir die Möglichkeit gibt, Worte in den Mund zu nehmen, die wichtig klingen. Ich möchte gar nicht erst versuchen, alles zu erklären, was meine Figur im Film sagt, weil ich es gar nicht alles weiß. Aber was ich weiß, ist dies: Wir müssen dieses System mal gründlich säubern.

Interview: Scott Orlin