Als überdrehtes, kicherndes, minderbegabtes Blondchen hat Goldie Hawn aus ihren Rollen wie in "Die Kaktusblüe" oder "Overboard" stets das Beste gemacht. Denn ihr komödiantisches war immer auch ein gro­ßes schauspielerisches Talent. Ihr letzter Film "Groupies Forever" liegt 15 Jahre zurück. Nun hat sich die 71-­Jährige, die mit Schauspie­ler Kurt Russell seit über 30 Jah­ren verbandelt ist, mit Star-­Co­median und Autorin Amy Schu­mer zusammengetan. Heraus kam die Kinokomödie "Mädelstrip", die Mutter und Tochter auf einen Albtraum­trip in den südamerikanischen Dschungel schickt, wo nach Her­zenslust gelitten und gepanikt wird und die New Yorkerin Amy Schumer, halb so alt wie ihre Partnerin, ihre Lust auf Toiletten­witz und Exhibitionismus voll ausleben kann. TV SPIELFILM traf beide zum Interview.
Amy, wollen Sie etwas aussagen mit dem Film oder nur Ihr Publikum am Zwerchfell kitzeln?

Amy Schumer: Es sollte ein Lie­besbrief an meine Mutter sein, in dem ich ihr mitteile, dass ich weiß, dass ich auch ein Arschloch sein kann. Ich wollte ihr wirklich danken. Wir leben bei unseren Eltern rund 18 Jahre lang und sa­gen dann schnöde: Okay, bye.

Wie kamen Sie auf Goldie Hawn als Partnerin?

Schumer: Ich fühle mich irgendwie mit Goldie verbunden, na ja, wer fühlt sich nicht mit Goldie verbunden. Das ist ja ihre Kunst, solche Gefühle hervorzurufen. Ich habe sie immer geliebt. Sie ist einfach die Beste. Man sagt ja, triff nie deine Helden, man könn­te sonst enttäuscht werden, aber bei ihr war das Gegenteil der Fall.

Goldie, was hat Sie zum Comeback motiviert?


Goldie Hawn: Ich habe mich lange um mein Charityprojekt MindUp (Schulhilfe für positives Lernen) gekümmert, aber ich bin ja mein Leben lang Schauspiele­rin gewesen. Den Beruf habe ich nie aufgegeben.

Lassen Sie uns über Mutter-Tochter-Beziehungen sprechen. Wie würden Sie die zu Ihrer Mutter beschreiben, Amy?

Schumer: Die emotionalen Sze­nen mit meiner Mutter im Film beruhen auf persönlichen Erfahrungen. Mit ihr bin ich wirklich eng verdrahtet. Wenn ich einmal im Jahr nachts um drei einen Albtraum habe, rufe ich sie sofort an. Sie ist immer da. Wir lieben uns. Das versuche ich, mit jeder Szene im Film auch zu sagen.

Sie, Goldie, sind Mutter zweier Kinder, Kate und Oliver Hudson. Die haben selbst Kinder. Mischen Sie sich in Erziehungsfragen ein?

Hawn: Kate und Oliver sind generell tolle Eltern. Kate kann ziemlich streng sein, strenger als ich, würde ich sagen. Sie hat mir zwei, Oliver drei Enkel geschenkt. Und wir sind alle nah beieinan­der. Der Kern ist die Liebe. Und man braucht Ausdauer. Man darf sich nicht wegdrehen und ab­ winken, dann passiert etwas, was man nicht möchte.

Wir sehen im Film nicht nur Pretty Women am Werk, sondern Pretty Funny Women. Sie waren 40 Jahre lang eine solche. Dürfen hübsche Mädchen im Kino überhaupt komisch sein?

Hawn: Also ich erinnere mich, dass Agenten mir damals sagten: "Du siehst zu gut aus, um komisch zu sein." Hübsche Frauen mussten eine erotische Anziehung haben, das ist ihre Funktion. Können Frauen, die witzig sind, gleichzeitig sexuell interessant sein? Eher nicht. So wurde jedenfalls darüber gedacht.

Amy, Sie lassen sich von solchen Fragen nicht einschüchtern, beispielsweise kann Ihnen niemand Figurprobleme einreden.

Schumer. Ich habe auch nie versucht, mich runterzuhungern, das stimmt. Es geht rauf und run­ter - okay, so ist das eben. Aber als Jugendliche heute muss es schlimm sein. Du fühlst dich ja erst mal gut - bis jemand kommt und dir was anderes erzählt. Ich war als Zwölfjährige ziemlich weit, hatte Brüste, hatte meine Tage, und ich hatte keine Ah­nung. Und dann kommt plötz­lich einer und sagt: "Hey, du hast einen fetten Arsch."

"Die unnötigste Nacktszene der Filmgeschichte

20th Century Fox

Schauspielerinnen versuchen im Allgemeinen, möglichst wenig herzuzeigen, Sie dagegen...

Schumer: Ja, ich muss in einer Szene schnell meine rechte Brust wieder verschwinden lassen.

Eine Garderobenfehlfunktion?

Schumer: Bei mir gibt's jeden Tag Garderobenfehler, kommt mir vor. Aber ich habe diese Szene bewusst gefilmt. Gerade weil ich sie für eine der unnötigsten Nacktszenen der Filmgeschichte halte, fand ich sie lustig. Unnötig, aber bedeutend. Denn da laufen ja nicht irgendwelche Titten im Hintergrund herum, sondern es betrifft mich, die Hauptdar­stellerin.

Bei Fäkal- und Genitalhumor und Four Letter Words kann jeder andocken, aber was ist das Geheimnis einer guten Komödie?

Schumer: Ja, man kann auch ohne Fluchen komisch sein. Ein Geheimnis - okay, ich nenne Ihnen eins: Ich bin die einzige Frau, die furzen kann. Sie lachen, aber man kann die simpelsten Dinge gar nicht oft genug wiederholen: Die Frau ist ein ganz normaler Mensch, denn davon sehen wir nicht viel im Kino.

Goldie, Sie sind so lange im Geschäft. Können Sie uns ein paar Unterschiede nennen zwischen dem Star-Dasein heute und in den 70ern und 80ern?


Hawn: Die Wahrnehmung von Stars war damals unvorstellbar romantisch, weil Stars nicht so exponiert waren wie heute. Sie schauten aus der Ferne zu uns, wie Sterne eben.

Und heute?

Hawn: Durch Social Media hat sich alles geändert. Für Stars bedeutet das unter anderem, dass sie sich kaum zurückziehen kön­nen. Sie haben praktisch keine Entscheidungsgewalt darüber zu sagen, mir wird's zu viel, ich trete aus dem Rampenlicht. Und ich bin gespannt darauf, ob es bei der Menge an Content, die heute produziert wird, überhaupt noch so etwas wie Stars geben wird, die dauerhaft oben sind.

Interview: Scott Orlin