Früher wurde nicht lange gefackelt. Wäre Dan Brown, Autor der Romanvorlage von "Illuminati", vor 450 Jahren geboren worden, hätte er einen Satz feuerfester Unterhosen dringend nötig gehabt. Damals landeten vermeintliche Ketzer, beispielsweise Giordano Bruno, noch auf dem Scheiterhaufen.

Heute stürmt der Schriftsteller Brown mit seinen seltsamen Verschwörungsgeschichten rund um die Kirche an die Spitze der Bestsellerlisten. 2006 musste der Vatikan ohnmächtig mitansehen, wie die Verfilmung "The Da Vinci Code - Sakrileg" weltweit zu einem der größten Kinoerfolge des Jahres wurde.

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Die Retourkutsche kam im Sommer vergangenen Jahres, als in Rom die Dreharbeiten für "Illuminati" begannen, erneut mit Tom Hanks (angebliche Gage: 80 Millionen Euro) in der Rolle des Symbolforschers Robert Langdon. Der Vatikan verweigerte die Drehgenehmigung für sämtliche Kirchen der Stadt, auch für Santa Maria del Popolo und Santa Maria della Vittoria, die im Roman eine wichtige Rolle spielen. "Normalerweise lesen wir das Drehbuch", sagte Pater Marco Fibbi, "aber in diesem Fall war das nicht nötig. Der Name Dan
Brown reichte uns."

Für Erzbischof Velasio De Paolis, den Leiter der vatikanischen Präfektur für wirtschaftliche Angelegenheiten, verfälscht Brown die katholische Lehre und vergiftet den Glauben. Es wäre unannehmbar, Kirchen in Filmsets zu verwandeln, damit diese blasphemischen Romane verfilmt und so Geschäfte gemacht würden. Auch Antonio Truda, ein sichtlich genervter Priester in Santa Maria del Popolo, ist froh, dass der Film nicht in seiner Kirche gedreht wird. "Es ist schon schlimm genug, dass Fremdenführer mit Touristen durch die Kirche ziehen, um ihnen die Szenen aus dem Roman zu erläutern."

Nicht verhindern konnte der Vatikan, dass der Petersdom von außen gefilmt wurde, desgleichen fanden Aufnahmen in den Straßen in seiner Umgebung statt. Die Marmorhallen und Treppen für diejenigen Szenen, die in "Illuminati" im Inneren des Vatikans spielen, wurden dagegen im früheren Bourbonen-Palast von Caserta 40 Kilometer nördlich von Neapel gefilmt.

Ob die Kurie wie bei "The Da Vinci Code" auch im Fall von "Illuminati" die Katholiken aufruft, den Film zu boykottieren, war bis zuletzt unklar. Im offiziellen Organ "Avvenire" (www.avvenire.it) wetterte der bekannte Theologe Gianni Gennari gegen die Filmemacher, die für ihre Geschäfte die Kirche in den Schmutz zögen. Für eine harte Gangart der Kirche spricht auch, dass einer der Anführer des Protests gegen die "The Da Vinci Code"-Verfilmung, der Kardinal Tarcisio Bertone, heute Kardinalstaatssekretär ist und damit rechte Hand von Benedikt XVI.

Es gibt allerdings auch Stimmen in der katholischen Kirche, die warnen, ein scharfer Protest gegen "Illuminati" könnte sich als Bumerang erweisen und zusätzliches Interesse an dem Film entfachen. Unklar ist auch, was ein Boykottaufruf bedeutet. Es gibt heute kein Gremium im Vatikan, das in der Tradition der Inquisition Filme auf den Index setzt und den Gläubigen verbietet, sie sich bei Strafe ewiger Höllenqualen anzusehen.

Auch existiert keine der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien vergleichbare Institution, die für alle Katholiken verbindliche Be- und Verurteilungen von Filmen aus christlicher Perspektive abgibt. In Deutschland sichtet und bewertet die 1949 gegründete Katholische Filmkommission, deren Mitglieder von der Deutschen Bischofskonferenz ernannt werden, das aktuelle Angebot in Kino und Fernsehen. Ihre Einschätzungen finden sich teilweise in der Fachzeitschrift "filmdienst", die aber wiederum an keine Weisungen gebunden ist und gerade wegen ihrer Unabhängigkeit einen hervorragenden Ruf genießt.

Der "katholische Kreuzzug gegen die Spielfilme", wie der Filmhistoriker Gregory D. Back seine Studie über den Einfluss der Kirche auf Hollywood nannte, endete in den USA in den Siebzigern, als katholische Kritiker begannen, Filme wie "Uhrwerk Orange" zu loben. Kleiner Trost für alle Katholiken: Die Bibel ist fantasievoller geschrieben und hat eine deutlich höhere Auflage als alle Dan-Brown-Bestseller zusammen.

Rainer Unruh

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