Zum Start der 2. Staffel: Diana Amft, Kai Schumann und Florian David Fitz über das Erfolgsrezept ihrer Weißkittelserie "Doctor's Diary" am 3. August 2009.

Doctor's Diary - RTL, Mo., 3.8.2009, 20.15 Uhr
Am Eingang hängt noch ein Schild, das Besucher auffordert, sich beim Pförtner zu melden. Doch die Scheiben sind blind, das Krankenhaus ist pleite. Jetzt werden auf dem weitläufigen Gelände in Berlin-Wannsee Arztserien gedreht. Eine Frau im weißen Schwesternkittel, die ich nach dem Weg frage, arbeitet im OP von "Klinik am Alex" (Sat.1).
Sie zeigt mir den Weg zu der Station, auf der früher Lungenkranke behandelt wurden. Dort warten Diana Amft, Florian David Fitz und Kai Schumann, die Hauptdarsteller von "Doctor's Diary".

Die zweite Staffel der erfolgreichen RTL-Serie ist fast abgedreht. Die erste Staffel der temporeichen Dramedy erhielt sowohl den Deutschen Fernsehpreis als auch den Deutschen Comedy-Preis.

TV SPIELFILM: "Doctor's Diary" gewinnt Fernsehpreise und kommt trotzdem bei den Zuschauern an. Was ist das Erfolgsrezept?

Diana Amft: Keiner von uns verkörpert den perfekten Halbgott in Weiß. Wir sind ganz normale Menschen mit ganz normalen Problemen und Schwächen. Ich glaube, damit können viele Zuschauer was anfangen. Das kennen sie aus ihrer eigenen Erfahrung.

Kai Schumann: Für mich sind drei Dinge ausschlaggebend: extrem gute Drehbücher, extrem gute Darsteller und ein extrem großes Engagement aller Beteiligten.

Florian David Fitz: Nicht zu vergessen der Humor. Davon gibt's ja viel im deutschen Fernsehen, aber unser Drehbuchautor Bora Dagtekin ist da schon eine Klasse für sich. Die Gags sind genau auf die jeweiligen Situationen zugeschnitten. Deshalb funktionieren sie auch so gut. Es kommt nicht oft vor, dass Schauspieler den Drehbuchautor loben ...

Florian David Fitz: Es gibt auch selten einen Grund dafür. (lacht) Boris ist ja nicht nur Autor, sondern auch Producer. Er guckt sich an, was gedreht wurde, und ändert seine Ideen, wenn er sieht, dass etwas nicht funktioniert. Und was gut klappt, das entwickelt er weiter.

Ihr seid ja mittlerweile alle erfahrene TV-Ärzte. Wenn ich hier in eurem Wohnwagen zusammenbreche, wer von euch dreien operiert mich dann?

Florian David Fitz: Eigentlich gibt's erst eine Diagnose, bevor man zum Skalpell greift. Aber in Ihrem Fall können wir gerne eine Ausnahme machen und sofort die Brust aufschneiden, um zu gucken, ob das Herz noch schlägt.

Diana Amft: Wenn der Patient das volle Risiko trägt: Dr. Gretchen Haase ist bereit!

Ich habe mich vorhin, als ihr noch gedreht habt, mit einer Kollegin von euch unterhalten. Sie hat mir von einem Inder erzählt, der sich in einem Krankenhaus jahrelang als Arzt ausgegeben und auch operiert hat. Könntet ihr das auch?

Florian David Fitz: Nein. Der Typ hatte ja Medizin studiert und konnte auch operieren, der hatte nur keinen Abschluss. Bei mir würde spätestens im OP die Stunde der Wahrheit schlagen.

Diana Amft: In meinem Fall würde der Schwindel in dem Moment auffliegen, in dem irgendwo Blut zu sehen ist, denn als Privatperson kann ich den Anblick nicht ertragen.

Kai Schumann: Mit Blut habe ich kein Problem. Aber mir macht die Atmosphäre im Krankenhaus zu schaffen. Ich spiele ja einen Gynäkologen, und als Vorbereitung war ich in Hamburg in einer Frauenklinik, auch auf der Krebsstation. Mich hat bedrückt, was die Krankheit mit den Menschen macht. Und wie sehr Körper und Seele getrennt werden, wenn der Patient auf dem Operationstisch liegt und nur noch Fleisch ist, reine Biomasse.

Florian David Fitz: Das ist interessant, denn mir gehen solche Bedenken, Pardon, am Arsch vorbei. Möglicherweise habe ich mich ja schon zu sehr der Figur angepasst, die ich in "Doctor's Diary" spiele, aber mein erster Gedanke ist stets: Was hat der Patient für ein Problem, und welche Techniken gibt es, um das Problem zu lösen. Das Seelische ist Sache des Patienten. Das interessiert ja auch den Dr. Meier nur peripher.

Diana Amft: Die seelischen Schäden, die er bei den Kranken anrichtet, darf dann Dr. Gretchen Haase beheben.

Kai Schumann: Vermutlich spielen wir die Rollen, die zu uns passen.

Florian David Fitz: (theatralisch): Ich habe einfach keine Empathie. (alle lachen)

Seht ihr euch Arztserien an?

Kai Schumann: An Arztserien kommt man ja gar nicht vorbei, wenn man fernsieht. Ich habe mir gezielt "Emergency Room" angesehen und bin dann noch auf eine englische Serie gestoßen, "Green Wing", die finde ich großartig. Ich bin auch ein großer Fan von "Scrubs".

Florian David Fitz: Ich schaue jetzt, wo ich selbst einen Mediziner spiele, eine Serie wie "Grey's Anatomy" natürlich mit ganz anderen Augen an und gucke, wie haben die Probleme gelöst, die wir beim Drehen auch hatten.

Diana Amft: Ich habe mir "Grey's Anatomy" erst angeguckt, als wir mit der ersten Staffel von "Doctor's Diary" fast zu Ende waren. Und ich sehe die Serie ähnlich wie Florian mit einem professionellen Blick. Ansonsten erinnere ich mich nur noch an "Die Schwarzwaldklinik", die ich mit meinem Bruder geguckt habe.

Florian David Fitz: Am Anfang, als wir den Pilotfilm gedreht haben, gab es die Idee, Dr. Meiers Frisur nach der Föhnfrisur von Sascha Hehn zu modellieren. Na ja, nach 16 Folgen ist das hier daraus geworden (zeigt auf seine Tolle).

Weltreiche zerfallen, aber die Krankenhausserie bleibt. Woran liegt's?

Florian David Fitz: Ich glaube, das liegt daran, dass im Krankenhaus das Leben so komprimiert stattfindet. Da hast du alles: Intrigen und Herzschmerz, aber auch existenzielle Situationen, wenn es bei den Patienten um Leben und Tod geht.

Kai Schumann: Ich glaube auch, dass Ärzte eine gewisse Form von Geborgenheit vermitteln.

Auch Dr. Meier?

Kai Schumann: Auch der, denn er ist bei all seiner Arroganz ja auch jemand, der im Notfall hilft.

Florian David Fitz: Und auf derartiges Verhalten fahren die Patienten ja gleich noch mehr ab! (lacht) Der Arzt da schaut mich mit dem Arsch nicht an, das ist bestimmt der kompetenteste.

Frau Amft, haben Sie die Lizenz zum Schlemmen?

Diana Amft: Ja, offensichtlich. Das ist übrigens ganz erstaunlich, denn eigentlich bin ich privat keine Naschkatze, aber während der Dreharbeiten ist kein Schokoladenkeks vor mir sicher.

Rainer Unruh