Ohne einen Funken Ironie oder auch nur den Anflug von Humor spielt Josef Hader, einer der besten Kabarettisten unserer Zeit, im ZDF-Drama "Ein halbes Leben" einen Mörder und Vergewaltiger, und er macht das ungemein eindringlich und beklemmend.

Der Film, mehr Psychogramm als Krimi, zeigt den Täter, der in ein normales Leben zurück will, und auf der anderen Seite die Eltern des Opfers, die auf Genugtuung warten, fast ein halbes Leben lang. Ihre Hoffnung in all den Jahren ist der Fortschritt bei den Methoden der DNA-Analyse.

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Ungewohntes Terrain für Hader, der gerade zum dritten Mal als unorthodoxer Privatdetektiv Brenner in der Kinokomödie "Der Knochenmann" zu sehen ist. Zwischenzeitlich tourt er weiter mit seinem Bühnenprogramm "Hader muss weg" durch die Lande und ist Stammgast in der ZDF-Satiresendung "Neues aus der Anstalt".

Der Durchbruch kam 1994 mit der Verfilmung des Kult-Theaterstücks "Indien", das der Österreicher gemeinsam mit seinem Landsmann Alfred Dorfer schrieb und spielte. Ein heiteres Gespräch über ernste Dinge.

TV SPIELFILM: Warum war die Rolle eines verurteilten Vergewaltigers und Mörders so interessant für Sie?

Josef Hader: Weil sie wirklich keinen Ausweg in irgendeine Ironie ermöglichte und ich mir gedacht habe: Da kann ich was dazulernen.

Bei Ihren anderen Rollen bestand also immer so etwas wie Fluchtmöglichkeit in Humor?

Josef Hader: Ja, dieser kleine Ausweg in zumindest eine ganz zarte Ironie war immer möglich, aber bei dem Film war klar: Da geht gar nix.

Und das war der Reiz?

Josef Hader: Genau. Ich dachte, die Ambivalenz dieser Rolle liegt mir. Ich überlege bei jeder Rolle, ob es einen Sinn hat, dass gerade ich das spiele und kein richtig ausgebildeter Schauspieler. Hier hatte ich das Gefühl, dass ich das ganz gut bringen kann: Dieses Oszillieren zwischen dem Furchtbaren, was er getan hat, und der Tatsache, dass er letztendlich doch ein Mensch ist; ein jämmerlicher zwar, den man aber in manchen Situationen auch verstehen kann.

Stimmt, man empfindet sogar Sympathie für den Täter ...

Josef Hader: Sympathie ist nicht unbedingt die Kategorie, die hilfreich ist, wenn man so eine Figur spielt. Seine Tat habe ich mir mit einem völligen Kontrollverlust erklärt, die mir auch von meiner Erfahrung her nicht zugänglich ist. Die musste ich mir woanders holen, aber alles andere hab ich gut verstanden: Warum er in die Normalität flüchten will, warum er mit seiner Schuld schwer leben kann und warum er den Vater des Opfers sehen will.

Geht Ihnen der Begriff Deoxyribonucleic Acid für DNA inzwischen ganz flüssig über die Lippen?

Josef Hader: Nein, damit hab ich mich auch nicht so beschäftigt. Was ich über Gentechnologie weiß, habe ich aus dem Drehbuch erfahren und mir gedacht, dass sich dieser Mensch auch nicht mit dem Thema auseinandersetzt, weil es ihm zu bedrohlich ist.

Wäre Gentechnologie nicht auch ein gutes Thema für ein Kabarettprogramm?

Josef Hader: Nein, mich interessiert eher die Psychologie des Menschen. Ich versuche auch in meinen Programmen, eher das Politische im Privaten, im Inneren des Menschen zu finden.

Sind Sie inzwischen hin- und hergerissen zwischen Kabarett und Schauspielerei?

Josef Hader: Ich bin lange hauptsächlich Kabarettist gewesen, das würd ich zugunsten der Schauspielerei gern ein bisschen zurückschrauben, aber es bleibt trotzdem die Basis meines Berufs. Außerdem beschützt einen der Kabarettist vor schlechten Angeboten. Wenn man von etwas nicht ganz so überzeugt ist, kann man immer sagen, naa, da fahr ich lieber um in der Zeit.

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