Von der Soap zur Charakterdarstellerin: Schauspielerin Svenja Jung wurde einst bei "Unter Uns" einem größeren Publikum bekannt. Nach 250 Folgen in der RTL-Daily hing sie die Rolle an den Nagel und konzentrierte sich auf andere Schauspieljobs - und das sehr erfolgreich. Nach Darbietungen im "Tatort", der von Kritikern gefeierten Serie "Deutschland 83-89" und der Romanverfilmung "Unsere wunderbaren Jahre", steht mit "Der Palast" nun eine Serie mit ihr als Doppelrolle in den Startlöchern.
Seit dem 27. Dezember ist die Geschichte über Zwillingsschwestern, die auf unterschiedlichen Seiten der Deutschen Mauer aufwachsen, in der ZDF-Mediathek abrufbar. Am 3.,4. und 5. Januar zeigt der Mainzer Sender das u.a. im Berliner Friedrichstadtpalast gedrehte Drama als Dreiteiler um 20:15 Uhr. Wir haben mit Svenja Jung über die Herausforderungen am Set gesprochen.
TVSPIELFILM.de: Frau Jung, das Tanzen zieht sich durch Ihre Biografie. Sie haben mit sechs Jahren Ballett angefangen, kürzlich erst für den Kinofilm "Fly" Hip-Hop getanzt. Jetzt ist in "Der Palast" Revue dran. Welcher Tanzstil war schwieriger zu lernen und wie haben Sie sich damit gefühlt?
Svenja Jung: Richtig, ich habe sehr jung angefangen Ballett zu tanzen. Ich habe danach mit meiner Cousine zusammen auf Turnierniveau Schautanz getanzt, da haben wir vier Mal die Woche trainiert und waren am Wochenende auf Turnieren. Für "Fly" habe ich mehr Richtung Hip-Hop, aber auch Contemporary getanzt. Das war sehr fordernd! Ich stand mit Hip-Hop-Weltmeistern vor der Kamera und habe mit Breakdance-Weltmeistern trainiert. Bei den Soloparts ist mir der A… auf Grundeis gegangen! Ich glaube, ich war noch nie so aufgeregt! Tänzerisch kann man die beiden Sachen gar nicht richtig miteinander vergleichen. Für "Fly" musste ich viel Neues lernen. Zwar habe ich auch noch nie vorher Revuetanz gemacht, aber es kam dem, was ich vorher getanzt habe, etwas näher. Wir haben für "Der Palast" aber trotzdem drei Monate trainiert. Mit der Corona-Unterbrechung hatten wir eine sehr lange Trainingsphase für das ganze Projekt.
War für Sie immer klar, dass Tanzen nur ein Hobby bleiben wird oder stand auch mal im Raum hauptberuflich Tänzerin zu werden?
Ich hatte tatsächlich nie den Gedanken hauptberuflich zu tanzen. Für mich war und ist es ein Hobby. Ich liebe tanzen so sehr und habe darin so eine Freiheit und keinen Druck, dass ich mir das so erhalten möchte. Als Beruf würde es mich noch viel mehr fordern, insbesondere wenn ich damit mein Geld verdienen muss.
Neben dem Tanzen gab es noch eine weitere Herausforderung in der Serie. Sie spielen eine Doppelrolle, die Zwillingsschwestern Christine und Marlene. Da haben Sie ja extrem viel Zeit vor der Kamera verbracht.
(lacht) Ja das stimmt. Es gibt kaum eine Szene, in der ich nicht zu sehen bin.
War das dann auch doppelt anstrengend? Das muss sehr viel Text gewesen sein …
Ja total, aber Text war bei mir kein Problem. Für mich war der ständige Wechsel zwischen den Figuren anstrengend. An einem Tag habe ich beispielsweise mit einer Chris-Szene begonnen, dann Marlene gespielt, danach nochmal Chris und dann nochmal Marlene. An manchen Tagen habe ich auch nur eine Figur gespielt. Für meine Konzentration war der Wechsel zwischen den beiden Rollen eine große Herausforderung. Das Tanzen hat mir aber sehr geholfen. Dadurch habe ich immer wieder sehr schnell zu Chris gefunden. Und bei Marlene hat mir meine Schwester geholfen, die hat mein Double gespielt.
Das wäre tatsächlich meine nächste Frage gewesen. Wie haben Sie all die Szenen gelöst, in denen beide Figuren zeitgleich zu sehen sind? Ich denke da insbesondere an die Szene von Chris und Marlene am Küchentisch, bei der beide alte Familienfotos angucken.
Meine Schwester heißt auch Chris, sie hat in diesen Szenen dann Marlene gespielt. In den Szenen, in denen ich dann Marlene war, hatten wir mit Heidrun ein weiteres Double, das dann die Rolle Chris gedoublet hat. Diese Klarheit bei den Doubles war für mich sehr wichtig. Die Szenen, in denen man mich wirklich doppelt sieht, haben wir technisch gelöst und ich habe beide Rollen nacheinander gespielt und immer den jeweiligen Ton der anderen Figur gehört. Für mich war der Dreh eine riesengroße Herausforderung. Ich habe die Rollen, die Körperlichkeiten und die Stimme vorbereitet, um in die Unterschiedlichkeiten der beiden reinzukommen, aber trotzdem war es sehr technisch. Ich habe dann nur mit mir selbst und der Luft gespielt und konnte nur hoffen, dass meine Reaktion zu der anderen passt.
Wie unterscheiden sich die beiden Zwillingsschwestern denn?
Chris, die Tänzerin aus dem Osten, bewegt sich im Raum viel größer als Marlene und nimmt den Raum auch richtig ein – auf eine sehr weiche und tänzerische Art. Chris hat außerdem eine etwas höhere Stimme als Marlene und ist auch sensibler und empfänglicher. In Bezug auf die Konfliktlösung ist Chris eher die Scheue, spricht aber auf Augenhöhe mit den anderen. Marlene ist da doch direkter. Auch ihre Bewegung und Kopfhaltung ist immer ein bisschen mehr auf Angriff und Provokation ausgelegt. Marlene spricht alles direkt an, ist forscher, eher impulsiv und explosiv. Während Marlene im Familienunternehmen mit vielen Männern großgeworden ist, ist Chris bei ihrer alleinerziehenden Mutter aufgewachsen und hat selbst eine Tochter. Zum Ende werden sich die beiden aber auch immer ähnlicher.
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