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Zum Welttoilettentag: Toiletten im Film

Zum Welttoilettentag: Toiletten im Film
Trainspotting (Prokino)

Seit 2001 organisiert die Welttoilettenorganisation jedes Jahr am 19. November einen Welttoilettentag, um auf hygienische Missstände aufmerksam zu machen. Hoch wichtig, schließlich fehlen für mehr als 40 Prozent der Weltbevölkerung ausreichend hygienische Sanitäreinrichtungen. Wichtig auch, da das Thema immer noch ein Tabu ist, wie ein Blick in die Filmgeschichte zeigt. Von "Psycho" bis "Feuchtgebiete": Eine kurze Geschichte der Klos im Kino.

Juni 1960: In amerikanischen Kinos sorgte die berühmt-berüchtigte Badezimmerszene in Alfred Hitchcocks Psycho für Hysterie. Und das nicht unbedingt, weil die Heldin völlig überraschend in der Dusche abgeschlachtet wurde, sondern weil sie kurz vorher Papier in einer Toilette herunterspülte. In einer Toilette! In Großaufnahme! Ein Skandal! "Psycho" war angeblich der erste amerikanische Film, in dem die Spülung einer Toilette zu sehen und zu hören war.

Es war ein weiter Weg, bis in einem Hollywoodfilm wieder ein Klo zu sehen war. Genau genommen seit 1928. Damals zeigte der große Stummfilmregisseur King Vidor in seinem Film Ein Mensch der Masse, einem Schlüsselwerk des sozialen Realismus jener Zeit, eine Toilette. Sie sollte der ultimative Garant für filmischen Realismus sein und nebenbei die Bedrückung in der kleinen Wohnung einer armen Arbeiterfamilie symbolisieren.

Vidor zeigte nur den oberen Teil des Spülkastens, aber das war schon zu viel für Louis B. Mayer, den mächtigen Boss der Produktionsgesellschaft MGM. Obwohl der Name MGM für realistische Sozialdramen stand, war Mayer ein Scheißhaus auf der Leinwand doch zu viel. Er verbot seinen Regisseuren, in seinen Filmen die ekligen Aborte zu zeigen. Das Tabu stellte alle nachgeborenen Regisseure vor Herausforderungen, da bei Innenaufnahmen so gefilmt werden musste, dass ja keine Toilette ins Bild ragte.
Die wilden 70er
Das Gespenst der Freiheit (Fox MGM)
Doch nach "Psycho" waren die Dämme gebrochen. Toiletten wurden wieder gezeigt, hatten aber immer noch den Geruch des Verbotenen an sich. Wer zu genau hinschaut wird bestraft. Wie in einer der berühmtesten Kloszenen überhaupt: Gene Hackman durchsucht in Der Dialog (1974) als paranoider Überwachungsspezialist ein Hotelzimmer, das möglicherweise Schauplatz eines Mordes wurde. Als er im Bad die Klospülung betätigt, sprudelt ihm Blut entgegen...

Im selben Jahr parodiert Luis Buñuel genial die gesellschaftliche Toilettenphobie. In Das Gespenst der Freiheit ziehen sich die Menschen zur Nahrungsaufnahme schamhaft auf ein stilles Örtchen zurück, während sie die Nahrung gemütlich in aller Öffentlichkeit wieder ausscheiden. Überhaupt die wilden 70er- Jahre: Darüber, was in Pier Paolo Pasolinis Sadismus-Drama Die 120 Tage von Sodom (1975) alles mit menschlichen Ausscheidungen geschieht, muss man hier schweigen.
Verklemmter Fäkalhumor
Verklemmter wurde es wieder paradoxerweise erst wieder mit den Fäkalkomödien, die sich für besonders frech halten. Musste man 1968 noch keine Fäkalorgien zeigen, lustig war es auch so, als Peter Sellers als "Partyschreck" eine Toilette verstopfte und das schicke Bad der Gastgeber flutete.

Ab den 90er-Jahren mussten schon andere Kot-Kaliber aufgefahren werden. Egal ob Dumm und Dümmer (1994), Verrückt nach Mary (1998) oder ...und dann kam Polly (2004): Gerne erleben hier Männer beim ersten Date auf dem WC der Angebeteten peinliche Malheurs. So freizügig sich die Pipikacka-Komödien auch geben: Die Fremdscham-Exzesse bestätigen letztlich das Tabu.
Fröhliche Tabubrüche
Feuchtgebiete (Majestic Filmverleih)
Genüsslich-ironisch spielt Trainspotting (1996) mit dem Ekel. Nachdem er dort aus Versehen Opiumzäpfchen versenkte, taucht Ewan McGregor in die "dreckigste Toilette Schottlands" - und landet in einem Unterwasserparadies. Wenn der Junkie vor lauter Verzweiflung seinen Ekel überwindet, kann alles nur besser werden.

Der dreckigsten Toilette Schottlands macht das öffentliche Klo Konkurrenz, das die Heldin aus Feuchtgebiete (2013) aufsucht. Da muss sie erst mal mit ihrer "Muschi" die Klobrille sauber wischen. Mit solchen Aktion protestiert sie gegen den Hygienewahn ihrer Mutter und der Gesellschaft.

Gegen den rassistischen Reinheitswahn ihrer fiesen weißen Chefin protestieren schwarze Dienstmädchen in The Help (2011) indem sie im Garten der "Herrin" Toiletten aufstellen - und einen Kuchen mit ganz spezieller "Schokolade" präparieren.

Ganz unverklemmt zeigen nur wenige Filme das stille Örtchen. Eine Ausnahme ist Eyes Wide Shut (1999) von Stanley Kubrick. Hier ist Nicole Kidman wie selbstverständlich auf der Toilette zu sehen, während Gatte Tom Cruise das Badezimmer betritt. Ein grandioses Symbol ehelicher Intimität.