Nur kurz unterbrochen durch die Arbeit an einem kleinen Film mit Meryl Streep und Tom Hanks, für den es Oscar- und Golden-Globe-Nominierungen gab (das Medienpolitdrama "Die Verlegerin"), bastelte Steven Spielberg rund drei Jahre lang an der Verfilmung des Sci-Fi-Bestsellers "Ready Pla­yer One" von Ernest Cline. Der Film, an­gesiedelt im Jahr 2045, folgt einem Gamer, ­gespielt von Tye Sheridan, auf einer wilden Easter-Egg-Jagd durch die virtuelle Welt namens Oasis und ist vollgestopft mit popkulturellen Reminiszenzen an die 80er-/90er-Jahre.

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Tye Sheridan (l.) und Steven Spielberg

Welcher Spielberg sitzt heute vor mir, der ernsthafte oder der verspielte?
Steven Spielberg: Das ist dieselbe Person. Glauben Sie mir, ich bin nicht so schizophren, wie Sie denken. (lacht) Ich finde, dass jeder von uns Spaß haben und im nächsten Moment ernst sein kann. So ungewöhnlich ist das nicht, ich habe im selben Jahr "Schindlers Liste" und "Jurassic Park" gedreht. Das war wirklich hart, ich musste am Schindler-Set in Polen per Satellitenverbindung Dinosaurierszenen abnicken. Ich habe es gehasst, das hat mich sehr aufgeregt, ich wollte nicht aus der wichtigsten Geschichte meines Lebens in diese alberne Fantasywelt gezogen werden. Aber das war hier zum Glück nicht so.

Wenn Sie am Set sind, spüren Sie immer noch die gleiche Energie wie früher?
Diese Energie ändert sich nie. Ich komme sehr nach meiner Mutter, ihre Energie reichte bis zum Tag ihres Todes. Von meinem Vater habe ich die Geduld geerbt, der wurde übrigens gerade 101 Jahre alt.

Hatten Sie nostalgische Gefühle angesichts all der Erinnerungen an die Achtzigerjahre, die Ihre Filme mitgeprägt haben?
Ja, vor allem durch die Musik - Prince, Duran Duran - und all die Filme, an denen ich als Regisseur oder Produzent beteiligt war. Ich musste aber die meisten meiner eigenen Beiträge rausschneiden, es sollte ja keine Diashow meiner Werke werden. "Zurück in die Zukunft" taucht auf und ein T-Rex. Im Buch sind sehr viel mehr Hinweise auf meine Arbeit, da ist sogar das Tagebuch aus "In­diana Jones und der letzte Kreuzzug" drin! Ich sagte mir immer nur: Das kann ich nicht machen, das nicht, das auch nicht. Wenn ein anderer Regisseur den Film gedreht hätte, wäre mehr von mir dringeblieben. (lacht)

Wie sind Sie an die Rechte gekommen?
Es hat nicht ohne Grund drei Jahre gedauert, diesen Film zu rea­lisieren. Ich hab mir schon lange nicht mehr so viel Zeit für einen Film genommen. Letzten Monat haben wir noch über einige der Rechte verhandelt. Aber es gab rund 80 Prozent Kooperation. Die einzigen Rechte, die wir nicht bekommen haben, waren von Walt Disney. Deshalb auch kein "Star Wars". (Hinweis der Redaktion: eine R2-D2-Figur schaffte es dennoch in den Film)

Wie viele Easter Eggs sind im Film versteckt?
Sehr viele! Sie entdecken sie nur, wenn Sie sich den Film mindestens fünfmal anschauen - was hoffentlich alle machen! (lacht)

Wo wir über die Zukunft sprechen: Wie sieht's mit dem fünften "Indiana Jones"-Film aus?
Wir entwickeln gerade das Drehbuch. Das wird noch vor "West Side Story" etwas.

Werden Sie Indiana Jones darin sterben lassen?
Niemals! Warum sollte ich auf die Idee kommen, Indiana Jones zu töten?

Han Solo hat's auch erwischt.
Ja, aber das war nicht ich. (lacht) Das war J. J. (Abrams, Regisseur von "Star Wars - Das Erwachen der Macht") Ich töte Indiana Jones nicht.

Wie ist das, wenn man einen Anruf von
Steven Spielberg bekommt, er wolle einen in seinem nächsten Film besetzen?

Tye Sheridan: Ich wünschte, es wäre so einfach. (lacht) Eigentlich war es eher so, dass es hieß: Steven Spielberg macht diesen coolen Film, und absolut jeder Schauspieler in deinem Alter wird dafür vorsprechen! Ich hab ­also ein Bewerbungsvideo eingeschickt und dann von meinem Agenten erfahren, dass ich die Rolle nicht bekommen habe.

Game over sozusagen.
Genau. Aber ein paar Wochen später rief er wieder an und meinte, ich solle noch einmal eine Bewerbung schicken, aus welchem Grund auch immer. Und ich solle es nach Möglichkeit etwas komischer machen. Ich bin zwar kein Comedian, aber ich hab's versucht, und dann wurde ich plötzlich nach L. A. eingeladen und traf mich mit Steven Spielberg.

Spielberg hat dir und deinem Co-Star Olivia Cooke einen Film als Referenz empfohlen.
Ja, "His Girl Friday" (Screwball-Comedy von Howard Hawks aus dem Jahr 1940, mit Cary Grant und Rosalind Russell), den sollten wir uns unbedingt ansehen. In unseren Szenen war Stevens einzige Ansage: schneller, schneller, los, hin und her. Der Film, die Dialoge, das Wortgeplänkel, das alles sollte uns inspirieren, das ist so witzig, so smart, so dynamisch.

Die Szenen in der sogenannten Oasis wurden im Motion-Capture-Verfahren gedreht?
Ja, die ersten acht Wochen der Produktion waren komplett Motion Capture. Das war ­eine ziemliche Herausforderung, aber am ­Ende habe ich es geliebt. Manche Schauspieler haben Probleme damit, weil sie gern etwas haben, womit sie arbeiten können, und das gibt es dort nicht. Aber wir konnten teilweise in Echtzeit auf dem Monitor verfolgen, wie sich unsere Avatare bewegen, wie die Umgebung aussieht. Wir konnten auch die VR-Brillen aufsetzen und uns in Action sehen. Trotzdem bleibt vieles deiner Vorstellungskraft überlassen, das ist das wirklich Aufregende.

Gibt es ein Spiel, bei dem du richtig gut bist?
Beim Baseball-Videogame bin ich gut, war ich schon immer. Aber das will keiner spielen. (lacht) Wahrscheinlich bin ich deshalb so gut, weil ich der Einzige bin.