Sie hat drei Eigenschaften, um die andere Schauspielerinnen sie beneiden: Marleen Lohse ist unübersehbar, unverwechselbar und unüberhörbar. Als Erstes dringt im Café Krone im Berliner In-Viertel Prenzlauer Berg ein helles Julia-Roberts-Lachen ans Ohr, bevor das Flammenhaar ins Auge sticht, das der 29-Jährigen in langen Locken über die Schultern fällt. Auffällig auch ihre Größe und ihre schlanke Figur: Die Frau war mit 13 schleswig-holsteinische Vizemeisterin im Kunstturnen und ist heute begeisterte Wellenreiterin.

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Das Meer liegt Marleen Lohse auch in ihrer neuen Rolle zu Füßen. Sie kommt gerade von Dreharbeiten aus Telc bei Prag, wo sie sich im Rahmen einer ZDF/Arte-Reihe über starke Frauen, die im November ausgestrahlt wird, in Königin Elisabeth I. (1533-1603) verwandelt: "Ich habe großen Respekt vor der Rolle, weil einige der größten Schauspielerinnen wie Cate Blanchett und Helen Mirren sie bereits verkörpert haben."
Lohse spielt die Queen von ihrer Jugend bis zur Ankunft der spanischen Armada 1588. "Die Dreharbeiten in dem Unesco-Kulturerbe waren wie eine Zeitreise, und ich musste mich manchmal kneifen, um mich daran zu erinnern, dass wir 2013 schreiben", sagt die Schauspielerin. Um kurz nach fünf klingelte morgens ihr Wecker, dann ging es zwei Stunden in die Maske, bevor ein langer Drehtag in den historischen Gemäuern begann.

Marleen Lohse kennt das. Sie stand das erste Mal mit zwölf vor der Kamera. Die Regisseurin der Kinderserie "Neues vom Süderhof" suchte damals ein Mädchen, das den Flickflack konnte, und da war die begabte Turnerin genau die Richtige. Danach spielte Marleen, die am Rand von Hamburg behütet im Grünen aufwuchs, fünf Jahre eine Hauptrolle in der NDR-Serie "Die Kinder vom Alstertal", auf die sie noch heute von Passanten angesprochen wird. Sie ist die Einzige der damaligen Hauptdarsteller, die Schauspielerin geworden ist, und auch ihr war zunächst nicht klar, ob sie das wirklich wollte.

Nach dem Abi ging sie erst einmal ein Jahr auf Weltreise, mit Gitarre und Surfbrett im Gepäck und unter dem Eindruck von "The Endless Summer", einem Film über zwei Wellenreiter, die dem Sommer hinterherreisen. Als sie mit 20 zurückkam, wollte sie eigentlich Regie studieren, sprach aber nur mal so bei der Hochschule für Film und Fernsehen Konrad Wolf in Potsdam vor und wurde als Schauspielschülerin genommen.

Der Umzug von Hamburg nach Berlin war auch eine Abnabelung vom Elternhaus. Wobei ihr der Übergang vom Kinderstar zur erwachsenen Schauspielerin ohne Brüche gelang. Nach der Rückkehr von der Weltreise spielte sie in zwei "Tatort"-Folgen und hatte von 2006 bis 2008 eine durchgängige Rolle in der "SOKO Leipzig".

Die Bestsellerverfilmung "Kein Sex ist auch keine Lösung", den das ZDF jetzt als Free-TV-Premiere zeigt, ist ihre erste Hauptrolle in einer großen Produktion. Sie ist als Art Directorin einer Agentur zu sehen, die sich mit einem Macho-Werber (Stephan Luca) zusammenraufen muss. Lohse mag Komödien. Sie sagt: "Lachen öffnet die Herzen, und wenn man das erreicht, kann man auch ernste Themen an den Zuschauer bringen."

Trotzdem hat man den Eindruck, dass Marleen Lohse oft für Rollen gecastet wird, in denen sie ihr Potenzial nicht ausspielen kann. Die roten Haare sind Fluch und Segen zugleich, wenn sie zwar für Märchenfilme wie "Das blaue Licht - Prinzessin Augustine" ausgewählt, aber zugleich auf solche Charaktere festgelegt wird.

Was sie wirklich kann, zeigt sie abseits formatierter TV-Filme. Zum Beispiel in dem verspielten Experimentalfilm "Nashorn im Galopp", der auf der diesjährigen Berlinale zu sehen war. Oder im Video zur Travis-Single "Where You Stand", das in Glasgow gedreht wurde. Oder aber in dem Film "The Fifth Estate" über Wikileaks-Gründer Julian Assange mit Benedict Cumberbatch und Daniel Brühl, der im Winter ins Kino kommt. Die Wahlberlinerin hat zwar nur eine kleine Rolle, aber Hollywoods Casting-Agenten dürfte der Rotschopf nicht entgehen. Unübersehbar, wie Marleen Lohse nun mal ist.

Rainer Unruh

Kein Sex ist auch keine Lösung
MI 10.7. ZDF 20.15 Uhr