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ARD/ZDF Korrespondenten

New York, Rio, Tokio: Global vernetzt

Thomas Roth 2009
homas Roth Fernseh-Korrespondent und Leiter ARD-Studio New York, aufgenommen vor dem Hintergrund der Brooklyn Bridge über den East River. WDR/Bernd Obermann

ARD und ZDF gebieten über eines der größten Korrespondentennetze der Welt. Doch allzu oft verschenken sie dessen Möglichkeiten ans tägliche Klein-Klein

Als Ende März der "Weltspiegel" seinen 50. Geburtstag feierte, klopfte sich die ARD mal wieder selbst auf die Schulter. In einer langen "Weltspiegel"-Nacht erzählten alte Recken wie Gerd Ruge aus Pioniertagen, der Bundesaußenminister gratulierte in die Kamera und Cem Özdemir sang sogar ein Geburtstagsständchen, das entfernt an die Titelmelodie der Sendung erinnerte.
Nicht denkbar wäre das Magazin ohne das Korrespondentennetz des Senders. 32 Auslandsstudios unterhält die ARD. Kosten: 65 Millionen Euro im Jahr. Zusammen mit den 18 Studios des ZDF verfügt der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland über eines der größten Korrespondentennetze der Welt, und darauf ist er zu Recht stolz. Trotzdem muss die Frage erlaubt sein: Ist Quantität gleich Qualität? Und was haben wir Zuschauer und Gebührenzahler konkret von Studios in Nairobi, Singapur und Stockholm?

Ein Blick zu CNN: Der US-News-Riese beliefert die halbe Welt mit Nachrichten und hat in Sachen Aktualität oft die Nase vorn. Dennoch kommt das Network aus Atlanta mit gegenwärtig 26 Auslandsstudios aus. "Mit CNN lässt sich unser Netz nicht vergleichen, da der Sender sehr stark mit Stringern arbeitet", stellt WDR-Auslandschef Michael Strempel klar.

Stimmt. In fast jedem Land der Welt halten die Amerikaner Kontakt mit freien Journalisten, so genannten Stringern. Das ist das Geheimnis ihrer Schnelligkeit. Manche Mitarbeiter von ARD und ZDF dagegen müssen ganze Kontinente abdecken. Der für Pakistan zuständige ZDF-Korrespondent Peter Kunz hat seinen Schreibtisch im 5000 Kilometer entfernten Singapur. Der Afrikagesandte Peter Schreiber berichtet für die ARD aus fast 40 Staaten. Einige davon erreicht man von Frankfurt aus doppelt so schnell wie aus Schreibers Büro in Nairobi.

Mühle des Tagesgeschäfts

Doch Tempo ist nicht alles. Die Korrespondenten von ARD und ZDF sind nicht nur News-Reporter, sondern hervorragende Journalisten, deren Stärke es ist, Ereignisse einzuordnen und Hintergründe aufzudecken. Sofern man sie lässt.

"Bei aktuellen Geschehnissen muss ein Korrespondent im Stundentakt liefern", sagt BR-Chefredakteur Sigmund Gottlieb. Allein acht "Tagesschau"-Ausgaben pro Tag wollen den stets aktuellsten Stand der Dinge melden. Dazu kommen "Tagesthemen", Morgen- Mittags- und Nachtmagazin, die Sender Phoenix und Tagesschau 24 und das Internet. So sei es Israel-Korrespondent Richard Schneider schlicht nicht mehr möglich, Hintergrundgeschichten anzubieten, "weil er in der Mühle des Tagesgeschäfts steckt", klagt Gottlieb.

Vergessenes Tafelsilber

Ganz andere Probleme haben Berichterstatter, deren Gebiete abseits der aktuellen Brennpunkte liegen. "Die größte Herausforderung war es, Stücke zu verkaufen. Ich weiß nicht, wie viele Themen ich vorschlagen musste, bis eines genommen wurde", erinnert sich Claudia Buckenmaier, die fünf Jahre lang das ARD-Studio Stockholm leitete.

ARD- und ZDF-Häuptlinge werden nicht müde, es zu betonen: Das Korrespondentennetz ist das Tafelsilber des öffentlich-rechtlichen Fernsehens. Nur wird ein Teil davon im Alltagseinsatz verschlissen, während der Rest allzu oft in der Schublade bleibt. Auf dem wöchentlichen ARD-Doku-Sendeplatz am Montag lief 2013 noch nicht eine Auslandsreportage. Im ZDF sieht es nicht besser aus.

Gerade vor dem Hintergrund der Gebührendebatte wären ARD und ZDF gut beraten, mit ihren Pfunden zu wuchern. Wie wäre es mit einer großen Auslandsdoku pro Woche am späteren Abend? Würde dafür eine Talkshow geopfert, man hätte sogar zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen.

Christian Holst