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500 Days of Summer

Exklusiv: Interview mit Regisseur Marc Webb und Hauptdarsteller Joseph Gordon-Levitt

500DaysofSummer
Regisseur Marc Webb (r.) mit seinen Stars Zooey Deschanel und Joseph Gordon-Levitt

Ein junger Mann gerät an den Rand der Verzweiflung, weil der das Verhalten seiner Freundin nicht versteht: (500) Days of Summer" neu im Kino

Wie auch im Film "Die Reifeprüfung" erleben wir die ganze Handlung nur aus der männlichen Perspektive. Ist die anders als bei Frauen?

MARC WEBB Anders, aber nicht dramatisch anders. Ich bin sicher, dass Frauen genauso naiv sein können wie Tom, wenn es um Liebe geht. Normale ‘Romcoms' helfen ordentlich mit, solche falschen Vorstellungen zu erzeugen. In ‘Hitch' zum Beispiel kriegt der Mann das Supermodel, weil er sich den Rücken rasiert und Tanzen lernt. Was für ein Quatsch. Uns wird in solchen Filmen eingetrichtert, dass uns diese oder jene Person rundum glücklich machen wird. Dabei kann man nur glücklich sein, wenn man sich selbst liebt. Aber die männliche Perspektive hat mich gereizt und ich finde es toll, dass besonders junge Männer auf den Film anzuspringen scheinen.

Joseph Gordon-Levitt ist uns vor allem bekannt aus der Sitcom ‘Hinterm Mond gleich links'. Wie überzeugte er Sie, dass er auch den romantischen Helden spielen kann?

MARC WEBB Er war der erste Schauspieler, der mich fragte, warum ich diesen Film machen will. Eine super, einfache Frage, über die ich selbst noch nicht nachgedacht hatte. Als er mir dann Zooey Deschanel als die unerreichbare Summer vorschlug, bekam er einen solch verstrahlten Blick, dass ich sofort wusste - jawohl, die beiden müssen es sein. Und dieser Dackel-Blick.
Was haben Sie beim Dreh über die Liebe gelernt?

JOSEPH GORDON-LEVITT Ich weiß jetzt, dass ich nichts weiß! Ich glaube niemandem, der sagt, dass er sich in der Liebe auskennt. Tom zum Beispiel leidet darunter, dass er die konvenionllen Ideen über die Liebe geschluckt hat, über die in Liedern und Filmen so viel geschmachtet wird. Er hat solch große Erwartungen, wie Liebe sich anfühlen muss und kriegt in der Zwischenzeit gar nicht mit, wie seine Beziehung mit Summer den Bach runtergeht. Deswegen hat er am Ende ein gebrochenens Herz.

Wie vermeidet man ein gebrochenes Herz?

Gar nicht, das muss man erlebt haben. Durch solche Tiefs wird man erst erwachsen. Natürlich fühlt man sich mittendrin schrecklich und ich hab das genauso durchgemacht wie jeder andere. Ich schau mir dann alte Filme an und höre Musik - und manchmal kann es doch auch ganz schön sein, sich traurig zu fühlen. Traurigkeit, Schmerz, Leiden... das soll man meiner Meinung nach nicht vermeiden. Langeweile und Apathie sind es, vor denen man sich hüten muss.

Als "Hinterm Mond gleich links" eingestellt wurde, schmissen Sie das Schauspiel-Handtuch. Warum?

JOSEPH GORDON-LEVITT Ich konnte nicht damit umgehen, überall erkannt zu werden. Die Leute hatten bestimmte Vorstellungen von mir, dass ich zum Beispiel stinkreich und mächtig sein muss, weil ich im Fernsehen zu sehen bin. Um ehrlich zu sein, ich war ein neurotisches kleines Kind mit vielen Phobien. Also zog bei meinen Eltern aus und ging in New York auf die Uni. Die Liebe für die Schauspielerei verlor ich dabei zwar nie, aber meine Einstellung hat sich sehr verändert. Früher machte es mir einfach Spaß. Heute will ich aber nur noch Filme machen, die etwas bedeuten, die den Menschen emotional nahe gehen, die eine Message haben.

Welche Message hat "500 Days" denn?

JOSEPH GORDON-LEVITT Das gute an diesem Film ist, dass er mehrere Bedeutungen hat. Aber für mich war besonders eine Szene sehr wichtig, auf der man durch einen geteilten Bildschirm den Unterschied zwischen Toms romantischer Erwartungshaltung und der bitteren Realität verfolgen kann. Das finde ich sehr gelungen, weil es total realistisch ist. Das machen alle Menschen durch. Außerdem gefällt mir, dass es die typische Rollenverteilung wie in anderen romantischen Komödien nicht gibt. Summer ist nicht typisch weiblich, Tom nicht nur männlich. Beide sind eben echte Menschen.

Haben Sie mittlerweile Ihre Phobien und Paranoia besiegt?

JOSEPH GORDON-LEVITT Sagen wir's mal so. Wenn ich nicht kreativ tätig wäre, wäre ich jetzt wahrscheinlich schon im Knast! Kreativität ist unglaublich wichtig für die mentale Gesundheit. Wenn ich sauer auf irgendwen bin, setze ich mich 15 Minuten hin und schreibe was, danach geht's mir wieder gut. Ich habe zum Beispiel einen eigenen Kurzfilm geschrieben, gedreht und vertont. Außerdem schreibe ich Gedichte und drehe Videos, die ich auf der Webseite www.hitrecord.org veröffentliche. Das ist die beste Zeit in meinem Leben, wenn ich den 'Aufnahme'-Knopf drücken kann.

Sie kommen aus einer kreativen Familie: Ihr Grossvater Michael Gordon ist der Regisseur von "Bettgeflüster" mit Doris Day und Rock Hudson.

JOSEPH GORDON-LEVITT Ich habe ihn leider nie kennengelernt. Irgendwann werde ich mich hinsetzen und alle seine Filme ansehen, aber bisher fühlte ich mich dazu nicht wirklich bereit.

Interview: Tina Werkmann