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100 Jahre Titanic-Untergang

Klassenfahrt in den Untergang

Zum 100. Jahrestag des Titanic-Untergangs zeigt "Gosford Park"-Macher Julian Fellowes die Klassenunterschiede an Bord (SA, 31.3.)

Kaum ein Unglück wird so ausgeschlachtet wie der Untergang der "Titanic" am 15. April 1912. Gedenkkreuzfahrten an die Unglücksstelle sind ausgebucht, Tickets für die 45 000 Euro teuren Tauchfahrten zum Wrack begehrt. Nicht verwunderlich, dass auch die Filmbranche aus dem 100. Jahrestag der Katastrophe Kapital schlägt. Doch was kann man erzählen, was nicht schon in James Camerons Milliarden-Blockbuster zu sehen war? Eine Menge!

Während eine aufwendige BBC-Serie noch auf ihren Stapellauf wartet, geht pünktlich zum Jubiläum in 86 Ländern eine Miniserie auf Jungfernfahrt, für die kein Geringerer als Julian Fel­lowes verantwortlich ist. Der Oscar-gekrönte Autor ("Gosford Park") gilt spätestens seit der gefeierten - bei uns nur auf DVD erhältlichen - Serie "Downton Abbey" als Historienspezia­­list.

Besonders Gegensätze und Zusammenspiel der verschiedenen Klassen haben es Fellowes, der 2011 selbst in den Adelsstand erhoben wurde, angetan. Und kaum etwas illustriert dies besser als der Mikrokosmos Titanic, auf dem Dreiviertel der Passagiere aus der 3. Klasse ihr Leben ließen, aber "nur" 38 Prozent aus der 1. Klasse.

Um die Verhältnisse an Bord zu zeigen, bedient sich Fellowes eines Tricks und reserviert in seinem Vierteiler, der auf ZDF neo läuft, die ersten drei Teile jeweils für eine andere Umgebung auf dem Schiff: 1. Klasse, 2. und 3. Klasse sowie Besatzung. Erst im vierten Teil während des Untergangs verwischen die Grenzen. Die zweiteilige Fassung, die das ZDF über Ostern zeigt, ist anders geschnitten und behält dieses Schema leider nicht bei.

Doch an Ambitionen fehlt es auch ihr nicht. James Camerons ,Titanic‘ und der 50er-Jahre-Film 'A Night to Remember' sind wun­derbar. Aber der eine erzählt eine Romanze und der andere dreht sich nur um die Offiziere. Unser Ziel ist es, die Geschichte des ganzen Schiffs zu erzählen", tönt Fellowes.

Aufgrund der vielen Charaktere fällt es dem Zuschauer dadurch zwar schwerer, mit einzelnen Figuren mitzuleiden, dafür erfährt er aber umso mehr über Einzelschicksale. Das Spektrum reicht von Heizer Lyons über den (fiktiven) Graf Man­ton bis zu Dorothy Gibson. Die britische Schauspielerin drehte kurz nach ihrer Rettung den Kurzfilm "Saved from the Titanic" - und trug dabei das gleiche Kleid, das sie an Bord anhatte. Das Ausschlachten der Katas­trophe hatte begonnen.

Rüdiger Meyer
Titanic - FR, 6.4., ZDF, 17.30 Uhr