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Interview

"Arrogant und abgehoben": Dead Man Working

Arrogant und abgehoben: Dead Man Working

Regisseur Marc Bauder spricht mit uns über seinen Banken-Thriller und das Paralleluniversum der Hochfinanz.

Warum stürzte sich Starbanker Jochen Walther (Wolfram Koch) in den Tod? Diese Frage steht im Zentrum des Thrillers "Dead Man Wor­king". Bereits in seiner preis­gekrönten Doku "Master of the Universe" blickte Regis­seur Marc Bauder hinter die Fassaden einer Branche, die den Boden unter den Füßen verloren hat.

Herr Bauder, Ihr neuer Film spielt wie Ihr letzter in der Welt der Finanzen. Was fesselt Sie an diesem Thema?

Marc Bauder Ich selbst habe BWL studiert, bevor ich Filmemacher wurde. Wenn man verstehen will, wie unsere Welt funktio­niert, dann muss man sich mit unserem Wirtschafts­system beschäftigen. Denn von hier gehen wesentliche Impulse für gesellschaftliche Veränderungen aus.

Wie viel Wirklichkeit steckt in Ihrem Film?

"Dead Man Working" be­steht aus Realitätsbaustei­nen, die wir zu einer Geschichte verdichtet haben. Den Kern bildet eine Selbst­mordwelle unter Managern von Banken und Versicherungen ab dem Jahr 2013. Wir haben 50 Fälle recher­chiert und nach den Beweg­gründen gesucht.

Finanzielle Sorgen waren's vermutlich eher selten?

Eher der enorme Leistungs­druck. Oft auch verletzte Eitelkeiten. Für diese Men­schen ist die Firma eine Art Ersatzfamilie, die ihre Mit­glieder mit einem ausgeklügelten Belohnungssystem an sich bindet. Werden sie aus ihr verstoßen, verlieren sie alles, was ihnen Halt und Orientierung gab.

Psychos in Nadelstreifen?

Ich glaube tatsächlich, dass dieses System den Men­schen psychisch und mora­lisch deformiert. Die Füh­rungsetagen der Banken sind ein Paralleluniversum, in dem jeder mit jedem non­ stop im Wettbewerb steht. Das sind geschlossene Zir­kel, arrogant und abgehoben von der Realität. Man verspürt keinerlei Verant­wortung gegenuber dem Rest der Gesellschaft.
Gab es nicht einen Kulturwandel nach der Finanzkrise 2008? Die deutsche Bank etwa hat sich einem Wertekanon verpflichtet.

In der Wirtschaft passiert nichts ohne wirtschaft­lichen Grund. Wenn man dort plötzlich die "Moral" hochhält, dann deshalb, weil man so die Produkte besser vermarkten kann. Die Lebensmittelindustrie setzt auch nicht auf bio, weil sie ihr ökologisches Gewissen entdeckt hat, son­dern weil sich damit viel Geld verdienen lässt.

Kann man Unternehmen denn zum Vorwurf machen, Geld verdienen zu wollen?

Nein. Was ich der Finanz­branche vorwerfe, ist, dass sie sich nach der Krise des Jahres 2008 nicht der ge­sellschaftlichen Debatte ge­stellt hat. Viele haben da­mals ihr Erspartes verloren. Und Banken wurden mit Steuergeldern gerettet, die woanders fehlen. Darüber muss ein Diskurs geführt werden, dem sich die Bran­che jedoch entzieht.

Hauen Ihre Freunde und Bekannten Sie als Kenner der Materie eigentlich oft um Anlagetipps an?

(lacht) Nee, bei meinen Freunden stellt sich diese Frage nicht. Wer in der Kunst unterwegs ist, hat an­dere Sorgen als die, wo man mit seinem vielen Geld hin­ soll. Das gibt's da nicht.
Interview: Christian Holst

Dead Man Working
2.11. 20.15 Uhr DAS ERSTE


Im Anschluss zeigt Das Erste die Doku "Tod eines Managers. Der Fall Wauthier" über den Finanzchef der Zurich Insurance Group, der sich 2013 erhängte.