Vorsicht, jetzt wird es ernst mit dem Spaß! "Das Pubertier" heißt das vom ZDF ausgebrütete Monster. Die junge Mia Kasalo, eine Berlinerin mit serbokroatischen Wurzeln, spielt die Titelrolle in dem Sechsteiler, der locker auf Jan Weilers Bestseller basiert. Als Teenager in der Pubertät geht sie ihren ­Eltern auf die Nerven. Die haben große Mühe, sich der selbstbewussten und schlagfertigen Göre zu erwehren.

Wer jetzt ein Déjà-vu erlebt - nicht wundern. Im Juli lief "Das Pubertier" erst im Kino: Jan Josef Liefers und Heike Makatsch spielen unter der Regie von Leander Haußmann. Autor Jan Weiler wollte beides, den Film und die Serie, und bekam, was er wollte. Das ZDF einerseits und die Filmproduktion Constantin andererseits hätten den Stoff ­jeweils lieber exklusiv für Fern­sehen beziehungsweise Kino gehabt, bissen dann aber gemeinsam in den sauren Apfel.

Tatsächlich ist die Serie ganz anders als das Leinwandspektakel. Haußmann, der hart auf die sechzig zugeht, inszeniert wie jemand, der die Pubertät nie verlassen hat. Er rülpst einen Sketch nach dem anderen auf die Leinwand. David Ungureit, Kopf des Autorenteams der TV-Serie, geht dagegen behutsamer und realitätsnäher vor. Das hat wohl auch damit zu tun, dass er eine schrecklich normale Familie zeigt. In "Das Pubertier" lieben Mann und Frau einander, sie haben Kinder und Jobs und können sich eine gemeinsame Zukunft vorstellen. Das über­strapazierte Patchworkmodell findet hier zur Abwechslung mal keine Anwendung.

Auf die Dialoge kommt es an

Sitcoms haben ihre Wurzeln im Radio. Man merkt es bis heute daran, dass die Sprache wichtiger als das Bild ist. Optische Opulenz ist nicht gefragt; die einzige Extravaganz, die sich die ZDF-Serie leistet, ist die Visualisierung übersteigerter Ängste, etwa wenn sich der Vater ausmalt, seine Tochter sei von King Kong geraubt worden, nur weil sie mal fünf Minuten zu spät kommt. Man kennt diesen Trick aus "Berlin, Berlin", nur dass jetzt statt Comics verfremdete Filmbilder zum Einsatz kommen. ­Kino ist das trotzdem nicht. Umso mehr Verantwortung lastet auf Autor, Regisseur und Schauspielern. Sie müssen uns fesseln, auch wenn die Kulissen nach Möbel­lager aussehen.

Die Sprüche in "Das Pubertier" sind nicht von schlechten Eltern. David Ungureit und Marc Terjung haben als Au­toren für die Sat.1-Serie "Danni Lowinski" gearbeitet. Die ZDF-Sitcom bewegt sich auf einem ähnlichen Humorlevel: flott und auch ein wenig frech, aber nie so, dass es ein breites Publikum zur besten Sendezeit verstört. Die selbstironischen Volten von "Pastewka" (zehn neue Episoden Anfang 2018 bei Amazon Video), die abgründig-absurde Komik von "Seinfeld" oder die nerdige Subkultur von "The Big Bang Theory" sucht man hier vergeblich. Und im Unterschied zu den rasanten Pingpong-Dialogen der RTL-Serie "Doctor's Diary" braucht niemand zu befürchten, er bleibe ­zurück. Die ZDF-Serie schwimmt wie ein Flusskreuzfahrtschiff im Mainstream der Fernsehunter­haltung. Sie ist Zerstreuung für die ganze Familie, inklusive Opa und Oma, die es so nur in der TV-Version, nicht aber im Buch gibt.

Mia Kasalo, das "Pubertier", ist die auffälligste Darstellerin. Die 14-Jährige (ab 21. September mit dem preisgekrönten Familien­drama "Amelie rennt" im Kino) verleiht ihrer Figur genau die rich­tige Dosis Empörung, wenn ihre Eltern sich als Nullchecker entpuppen. Mal schauen, ob sie ihren Charakter so prägen wird, wie Josefine Preuß das einst mit Teenie Lena in "Türkisch für Anfänger" gelang.

Sketche und Handlung in ein Fließgleichgewicht zu bringen, das ist die hohe Kunst der Sitcom. "Modern Family" ist zurzeit vielleicht die Familienserie, die diesen gleitenden Übergang am besten hinbekommt. Beim ZDF hakt es manchmal noch. Woran's liegt? Am besten Pubertier Carla fragen. Die weiß alles besser.

Das Pubertier
Do 7.9. ZDF 20.15 Uhr