.

Nachruf

Michael Ballhaus: Der Meister des Kreises

Michael Ballhaus
Michael Ballhaus über Fassbinders ... Mathias Bothor/Deutsche Filmakademie e.V.

Mit Rainer Werner Fassbinder führte er den deutschen Film in den 70er Jahren zu neuem Glanz, danach versetzte er ganz Hollywood mit seinen Bildern in Staunen. Jetzt ist der Kameramann Michael Ballhaus im Alter von 81 Jahren in Berlin verstorben.

Michael Ballhaus war ein virtuoser Künstler hinter der Kamera und ein Mann, der mit seinem Innovationsgeist ganz großen Regisseuren in Hollywood zu noch viel größeren filmischen Kunstwerken verhalf. Schon mit 18 Jahren zog es ihn hinter die Kamera, als er die Dreharbeiten zu Max Ophüls Film "Lola Montez" am Set verfolgen konnte. Nach seinem Abitur im fränkischen Wetzhausen absolvierte er eine Fotografenlehre und arbeitete zunächst als freier Bühnenfotograf sowie als Kameramann beim Südwestfunk in Baden-Baden.

Mit 33 Jahren hatte er seinen ersten Kinofilm im Kasten: Die Dieter-Hallervorden-Komödie "Mehrmals täglich" (1968) war der Beginn einer fabelhaften Karriere. Wenige Jahre später lernte Ballhaus den Regisseur Rainer Werner Fassbinder kennen und drehte bis 1978 15 Filme mit ihm, darunter "Die bitteren Tränen der Petra von Kant" (1972).

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Passend zum Inhalt finden Sie hier einen externen Inhalt von YouTube. Aufgrund Ihrer Tracking-Einstellung ist die technische Darstellung nicht möglich. Mit dem Klick auf „YouTube-Video anzeigen“ willigen Sie ein, dass Ihnen ab sofort externe Inhalte dieses Dienstes angezeigt werden.

YouTube-Video anzeigen

Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung. Über den Privacy Manager im Footer können Sie die aktivierten Funktionen wieder deaktivieren.

Unter der Zusammenarbeit mit dem exentrischen Regisseur forcierte Ballhaus die 360-Grad-Kamerafahrt und machte sie mithilfe seiner eleganten Kameraführung und einem beispiellosen Gespür für Raum und Licht zu seinem Markenzeichen, vor allem in einer berühmten, schwindelerregenden Einstellung aus "Martha". Der "Ballhaus-Kreisel" wurde zum geflügelten Wort, der Kameramann zum gefeierten Virtuosen. Sein Beiname "Meister des Kreises" ist ein Relikt dieser Zeit.

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Passend zum Inhalt finden Sie hier einen externen Inhalt von YouTube. Aufgrund Ihrer Tracking-Einstellung ist die technische Darstellung nicht möglich. Mit dem Klick auf „YouTube-Video anzeigen“ willigen Sie ein, dass Ihnen ab sofort externe Inhalte dieses Dienstes angezeigt werden.

YouTube-Video anzeigen

Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung. Über den Privacy Manager im Footer können Sie die aktivierten Funktionen wieder deaktivieren.



Doch die Koksexzesse Fassbinders scheinen Ballhaus zu viel zu werden, so heißt es später. Es kommt zum Bruch, Ballhaus reist nach Amerika und seine Karriere kommt in Fahrt, wie die Kamera in Ballhaus besten Momenten. Er arbeitet mit Star-Regisseuren wie Martin Scorsese, Robert Redford, Francis Ford Coppola und Wolfgang Petersen. Auch wenn die künstlerische Arbeit dieser Hollywood-Größen kaum unterschiedlicher sein könnte: Ballhaus tauchte ihre Visionen in einzigartige Bilder und schuf Kinomomente für die Ewigkeit.
Eine außergewöhnliche Beziehung verband Ballhaus mit Martin Scorsese. Vom ersten gemeinsamen Low-Budget-Film "After Hours" (1985) bis zum 100 Millionen Dollar teuren Abschiedswerk "Departed" (2006) entwickelte das Duo einzigartige Bilderwelten, die vor allem durch ihren originellen Lichteinfall und der Bewegung im Raum in Erinnerung bleiben. Ballhaus sagte einmal: "Ich weiß, dass der Schauspieler viel Aufmerksamkeit und Konzentration von der Kamera braucht." Ja richtig, VON der Kamera. Der Mann dahinter liebte seine Protagonisten und das sah man "seinen" Filmen an.

Scorseses Bandenepos "Gangs of New York" trug Ballhaus 2002 seine dritte Oscar-Nominierung ein - nach James L. Brooks Komödie "Nachrichtenfieber" (1987) und Steven Kloves Nachtclubfilm "Die fabelhaften Baker Boys" (1989). Die 360-Grad-Kamerafahrt, wie hier um Michelle Pfeiffer herum, gilt bis heute als eine ästhetische Glanzleistung der Kinogeschichte:

Empfohlener redaktioneller Inhalt

Passend zum Inhalt finden Sie hier einen externen Inhalt von YouTube. Aufgrund Ihrer Tracking-Einstellung ist die technische Darstellung nicht möglich. Mit dem Klick auf „YouTube-Video anzeigen“ willigen Sie ein, dass Ihnen ab sofort externe Inhalte dieses Dienstes angezeigt werden.

YouTube-Video anzeigen

Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung. Über den Privacy Manager im Footer können Sie die aktivierten Funktionen wieder deaktivieren.

"Director of Photography"
Ballhaus verstand sich immer vielmehr als "Director of Photography", so wie es in der amerikanischen Tradition üblich ist. Sein Auge, der Blick, das Gefühl für den Moment machten ihn zu einem der größten Künstler hinter der Kamera. Die klassische Ausbildung in seiner Fotografenlehre begleiteten ihn bis zum Schluss, schrieb er in seiner 2014 erschienenen Autobiographie "Bilder im Kopf".

Mittlweile hatte sich Ballhaus aus dem Filmgeschäft zurückgezogen und sein Publikum wissen lassen, dass er unter Grünem Star leide - eine frotschreitende Erblindung setzte ein. "Es sind die Farben, die bleiben, die Gesichter, das Leuchten weißer Lichter in einer dunkelblauen Nacht", schrieb er in seiner Biographie abschließend. Nun ist er mit 81 Jahren gestorben. Was bleiben wird, sind Momente unnachahmlicher Schönheit, die durch seine Filme für immer überdauern.

Autor:Steven Sowa